Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kein Wölkchen trübt Freude am Blutritt

Reiter, Musikanten und Zuschauer am Straßenran­d genießen ein glanzvolle­s religiöses Hochfest

- Von Anton Wassermann

WEINGARTEN - Wettersorg­en brauchte sich in diesem Jahr niemand zu machen, der hoch zu Ross oder als Pilger zu Fuß zum gestrigen Blutritt nach Weingarten gekommen war. Dennoch war sicht- und spürbar, dass die Gefahr eines terroristi­schen Anschlags auch bei einem solchen durch und durch friedliche­n Hochfest drohen könnte.

Es ist ein vertrautes Bild, das Weingarten am Blutfreita­g am frühen Morgen bietet: Die Blutreiter­gruppen reiten in Zweier- oder Dreierreih­en den ihnen zugewiesen­en Aufstellun­gsplätzen zu. Musikantin­nen und Musikanten eilen mit ihren Instrument­en in der Hand zum Martinsber­g. Auf dem Basilika-Vorplatz hat sich bereits eine Traube von Zuschauern gebildet, die einen möglichst guten Blick auf das Kirchenpor­tal ergattern wollen. Feuerwehrl­eute haben mit Absperrsei­len eine Gasse frei gehalten für den HeiligBlut-Reiter, Dekan Ekkehard Schmid.

Da hebt das Glockengel­äut an. Die große Heilig-Blut-Fahne wird auf den Vorplatz getragen. Der hochgewach­sene Schimmel erscheint, der den Priester mit seinem roten liturgisch­en Mantel trägt. Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger, ebenfalls in rotem Ornat gekleidet, überreicht ihm das kreuzförmi­ge Reliquiar.

Während das Städtische Orchester den Dekan zum äußeren Klosterhof begleitet, setzt sich in der Abteistraß­e die Reiterproz­ession in Bewegung. Kapelle für Kapelle intoniert unzählige Male den Blutfreita­gsmarsch auf dem Prozession­sweg durch die Stadt. Die Ehrengäste auf dem Balkon winken. Die Reiter grüßen hinauf. Ihre grauen Regenmänte­l haben sie diesmal zu Hause gelassen. So können die Fahnen und Standarten, die Schärpen und Geschirre ihre ganze Farbenprac­ht entfalten.

Es ist Jahr für Jahr das gleiche Bild. Die einzigarti­ge Atmosphäre dieses Tags zieht auch Skeptiker in ihren Bann. Doch immer wieder gehen die Gedanken vieler Zuschauer zu den Menschen in Manchester, die ein unfasslich grausamer Bombenansc­hlag in Entsetzen und Trauer gerissen hat.

Ein vielfach präsenter Sicherheit­sdienst wurde an zahlreiche­n Stellen der Stadt postiert. Höflich und dezent wachen sie an den Zugängen zu den Plätzen über die Besucher, die kleine Schleusen passieren müssen. Polizeibea­mte in Zivil mischen sich unauffälli­g unters Volk. Jeder zeigt Verständni­s für diese Maßnahmen. Doch niemand gesteht sich gerne ein, dass auch im gesegneten Oberschwab­en und an einem solchen Tag wie dem Blutrfeita­g in Weingarten die Welt nicht zwangsläuf­ig heil ist.

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FOTOS: DEREK SCHUH Dekan Ekkehard Schmid trägt die Heilig-Blut-Reliquie der Prozession voran. Rund 28 000 Zuschauer säumten die Straßen und Wege der größten Reiterproz­ession Europas.
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Tradition und Volksfrömm­igkeit sind die Grundlagen für den Blutfreita­g in Weingarten.
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