Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Hoffnung für Imker: Wachsanaly­se wird einfacher

Fälschunge­n könnten bald früher erkannt werden – Ermittlung­en gegen Händler aus Kreis Ravensburg laufen

- Von Jasmin Bühler

RAVENSBURG - Der Streit um das gepanschte Bienenwach­s von einem Händler aus dem Kreis Ravensburg geht weiter. Ein Ende ist nicht in Sicht. Die Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft laufen. Die Zahl der betroffene­n Imker, die Schäden bei ihren Bienenvölk­ern feststelle­n und rechtlich gegen den Händler vorgehen, steigt. Indes arbeitet die Landesanst­alt für Bienenkund­e in Stuttgart-Hohenheim an einer Möglichkei­t, wie Wachsskand­ale in Zukunft verhindert werden können.

Alexander Oppitz aus Bad Waldsee hätte vergangene­s Jahr seine Hobbyimker­ei gerne zu einem Nebenerwer­b ausgebaut. Dafür wollte er die Zahl seiner Bienenvölk­er aufstocken. Ein Volk kostet zwischen 150 und 200 Euro. Doch statt mehr wurden es immer weniger Bienen. Insgesamt zwölf Völker gingen ein. Oppitz macht dafür das Bienenwach­s verantwort­lich, das er bei einem hiesigen Händler erworben hatte. „Das Wachs war gefälscht“, ist sich Oppitz sicher.

Anzeige wegen Betrugs Zum Hintergrun­d: Die „Schwäbisch­e Zeitung“hat bereits im September 2016 von einem aufkommend­en Wachsskand­al berichtet. Damals waren Mittelwänd­e aufgetauch­t, die mit Paraffin und Stearin gestreckt waren. Zwei Händler aus Baden-Württember­g wurden beschuldig­t, gepanschte Mittelwänd­e in Umlauf gebracht zu haben. Gegen einen Händler aus dem Nordosten von Baden-Württember­g, von dem Mittelwänd­e mit hohem Paraffin-Anteil gekommen sein sollen, wurde das Ermittlung­sverfahren eingestell­t. Die Staatsanwa­ltschaft Ellwangen informiert: „Gegen den Beschuldig­ten bestand der Verdacht, betrügeris­ch aus einer minderwert­igen Mischung von Paraffinen und Mikrowachs­en ohne Bienenwach­s bestehende Mittelwänd­e vertrieben zu haben. Nach dem Ergebnis der Ermittlung­en konnte ein strafbares Verhalten des Beschuldig­ten, insbesonde­re ein Betrugsvor­satz, nicht mit einer zur Anklageerh­ebung ausreichen­den Sicherheit festgestel­lt werden.“

Der zweite Händler kommt aus dem nördlichen Kreis Ravensburg. Gegen ihn liegt eine Anzeige bei der Staatsanwa­ltschaft Ravensburg vor, die ebenfalls auf Betrug lautet. Der Unternehme­r möchte sich zu der Sache derzeit nicht äußern. Sein Anwalt teilt mit: „Mein Mandant wird während des gegen ihn laufenden Ermittlung­sverfahren­s keine weiteren Angaben machen.“Fakt ist: Der Händler hatte Wachs aus China zugekauft und zu Mittelwänd­en verarbeite­t. „Alles von guter Qualität“, hatte der Händler in einem früheren Gespräch mit der SZ versichert. Von Imkern privat in Auftrag gegebene Untersuchu­ngen sowie Analysen des baden-württember­gischen Landwirtsc­haftsminis­teriums haben gezeigt, dass die besagten Mittelwänd­e einen erhöhten Stearinant­eil aufweisen (die SZ berichtete).

„Das Stearin greift die Larven an“, sagt Alexander Oppitz aus Bad Waldsee. Viele Imker wüssten das nicht und würden den Schaden auf die VarroaMilb­e oder eine schlechte Königin schieben, meint Oppitz. Auch er hat das Wachs untersuche­n lassen, nachdem ihm seine Bienenvölk­er weggestorb­en waren. Die Mittelwänd­e, die er bei dem Händler gekauft hat, wirft er jetzt allesamt weg. Sie wieder einschmelz­en und zu neuen Mittelwänd­en verarbeite­n zu lassen, kommt für Oppitz nicht infrage. Seine Begründung: „Die Fälschunge­n würden sonst in den Wachskreis­lauf eingehen und alles nur schlimmer machen.“

Druck auf Fälscher ausüben Die Tücke ist, dass es für Bienenwach­s und seine Bestandtei­le keine rechtliche­n Vorgaben gibt. Denn anders als Honig ist Bienenwach­s nicht als Lebensmitt­el deklariert und damit weniger stark reglementi­ert. Das ist eine Grauzone. Um diese Grauzone einzudämme­n, will die Landesanst­alt für Bienenkund­e der Universitä­t Hohenheim gemeinsam mit den Landesverb­änden Badischer und Württember­gischer Imker die Analysen von Bienenwach­s vereinfach­en. Heißt: Bislang konnten Imker in Baden-Württember­g mithilfe von EU-Geldern ihr Wachs auf Pestizidrü­ckstände untersuche­n Imker verwenden Mittelwänd­e als Hilfsmitte­l für ihre Bienen. Eingebaut in Bienenstöc­ke dienen die Wände den Bienen als Grundlage für den Wabenbau. In den Waben lagern die Insekten Pollen und Honig ein oder nutzen sie für die Aufzucht ihrer Brut. Normalerwe­ise bestehen Mittelwänd­e aus reinem Bienenwach­s – ein rares Gut und relativ teuer: Ein Kilogramm völlig lassen. Möglicherw­eise gibt es die finanziell­e Unterstütz­ung jetzt bald auch bei Analysen, die Verfälschu­ngen – zum Beispiel mit Paraffin und Stearin – untersuche­n. Bieneninst­itut und Imkerverbä­nde sind diesbezügl­ich in Gesprächen. Würde sich diese Analytik tatsächlic­h etablieren, könnten Fälschunge­n in Zukunft schneller erkannt werden, meint Klaus Wallner von der Landesanst­alt für Bienenkund­e. Und mehr noch: „Das würde einen wahnsinnig­en Druck auf die Fälscher ausüben“, so Wallner. Denn am Ende würden unbelastet­es Wachs – zum Beispiel aus Neuseeland – kann bis zu 50 Euro kosten. Hierzuland­e gibt es ein Kilogramm Wachs für 10 Euro oder noch weniger. Werden die Mittelwänd­e mit fremden Substanzen gestreckt, brechen die Waben zusammen oder die Bienenlarv­en sterben. Beides Vorfälle, von denen Imker seit vergangene­m Sommer berichten. (jab) Verunreini­gungen bemerkbar werden, meint der Wachs-Experte.

Eine weitere Methode, gegen Wachspansc­herei vorzugehen, sind Qualitätss­iegel, die unter anderem der Deutsche Imkerbund ausarbeite­n soll (die SZ berichtete). Auch hier laufen die Gespräche. Doch laut Imkerbund wird es in absehbarer Zeit keine Ergebnisse geben. Eine Verbandssp­recherin sagt auf SZ-Anfrage: „In erster Linie fehlt es an einer einheitlic­h festgelegt­en – vielleicht auch von staatliche­r Seite – Definition von Bienenwach­s.“

Der Waldseer Imker Alexander Oppitz hat seine Völker zwischenze­itlich wieder aufgestock­t: auf 14 Völker. Fortan will er nur noch sein eigenes Bienenwach­s zu Mittelwänd­en umarbeiten lassen oder bei Händlern kaufen, die eine astreine Qualität nachweisen können.

Alle Berichte rund um den Bienenwach­sskandal finden Sie im Internet unter www.schwaebisc­he.de/ wachsskand­al

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FOTO: JASMIN BÜHLER Der Waldseer Imker Alexander Oppitz hat – wie er sagt – wegen des gefälschte­n Wachses mehrere Bienenvölk­er verloren. Schuld daran war wohl beigemisch­tes Stearin – eine Substanz, die bei der Kerzenhers­tellung verwendet wird.

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