Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Spieler mit eiserner Faust
Panamas ehemaliger Diktator Manuel Noriega ist tot
MEXIKO-STADT - Anfang des Jahres sah man Manuel Noriega noch einmal kurz in der Öffentlichkeit. Es war das Bild eines gebrochenen, alten und schwer kranken Mannes. Kurz vor seinem 83. Geburtstag wurde der frühere Diktator Panamas vom Gefängnis in den Hausarrest entlassen, um sich auf seine Operation an einem Hirntumor vorzubereiten. Die Panamaer sahen einen gebrechlichen Greis, versteckt hinter einer Sonnenbrille und unter einer roten Baseballkappe, mit der einen Hand gestützt auf einen Stock, mit der anderen festgeklammert an einen Rollstuhl.
Dieses Bild hatte nichts mit dem zu tun, was der Weltöffentlichkeit von Noriega in Erinnerung geblieben war: Ein arroganter und aggressiver Machthaber ohne Skrupel, der im Kalten Krieg in der Karibik in den 1980er-Jahren ein wichtiger Verbündeter für die USA war – und zugleich mit Kubas Revolutionsführer Fidel Castro und dem kolumbianischen Kokain-König Pablo Escobar gemeinsame Sache machte. Noriega gefiel sich als Spieler auf vielen Seiten und hielt sich für unverwundbar, weil er sich unentbehrlich glaubte. Nach innen regierte er mit der eisernen Faust, ließ Oppositionelle foltern und ermorden, und war so der klassische Machthaber einer karibischen Bananenrepublik.
Am Dienstag ist Manuel Antonio Noriega an den Folgen der Eingriffe wegen eines gutartigen Hirntumors in einem Krankenhaus in PanamaStadt verstorben.
Knapp sieben Jahre, von 1983 bis 1989, regierte der Offizier das kleine mittelamerikanische Land als Gewaltherrscher und De-Facto-Präsident. Seit Anfang 1990 lebte der frühere Geheimdienst-Offizier meist hinter Gittern und unter Hausarrest in den USA, Frankreich und seiner Heimat. Am längsten saß er in den Vereinigten Staaten ein – ausgerechnet in dem Land also, das ihn einst als Horch- und Vorposten gegen Kommunismus und Kokainmafias in Mittelamerika installierte.
Washington baute Noriega auf, instrumentalisierte ihn für die eigenen schmutzigen Geschäfte wie die „Iran-Contra-Affäre“um Waffenlieferungen an die Rechtsrebellen in Nicaragua. Doch als er aus dem Ruder lief, wurde er gestürzt und wegen Drogendelikten zu einer langen Haftstrafe verurteilt.
Geboren wurde Noriega am 11. Februar 1934 im Darién, einer unwirtlichen Gegend an der Grenze zu Kolumbien. Er wuchs in Armut auf und schlug früh schon eine Karriere beim Militär ein. Seine Kontakte zu den USA sollen in den 1950er-Jahren entstanden sein, als Noriega auf einer Militärakademie in Peru vom Geheimdienst CIA angeworben wurde.
Bush Sr. befiehlt Invasion Aber als er in Washington nur noch als Belastung wahrgenommen wurde, sandte US-Präsident George Bush Sr. kurz vor Weihnachten 1989 Invasionstruppen nach Panama, wo die USA damals noch den Kanal betrieben und verwalteten.
„Cara de Piña“, das „Ananasgesicht“, wie Noriega in seiner Heimat verächtlich wegen der narbigen Gesichtshaut genannt wurde, flüchtete sich ausgerechnet in die Nuntiatur von Panama-Stadt. Dort verbrachte er seine letzten Weihnachten in Freiheit. Am 3. Januar 1990 ergab er sich und wurde wenig später in einer olivgrünen Jacke der US-Antidrogenbehörde DEA nach Miami ausgeflogen.