Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Emotionale Debatte zum Windpark

50 Bürger tauschen Argumente für oder gegen vier Windräder in Bad Waldsee aus

- Von Sabine Ziegler

BAD WALDSEE - Die „Bürgerinit­iative Lebenswert­er Haistergau“(BI) möchte den von der Stadt Bad Waldsee geplanten Windenergi­epark am Standort Tannenbühl verhindern. Diese Auffassung haben die Mitglieder in einem Flyer mit hoher Auflage kundgetan und im Haistergau auch bereits Bürgerinfo­rmationen zum Thema abgehalten. „Auf vielfachen Wunsch aus der Kernstadt“– so Andrea Hagenloche­r vom Vorstand – gab es am Montagaben­d auch im „Kreuz“eine solche Veranstalt­ung. Trotz hochsommer­licher Temperatur­en platzte das Nebenzimme­r aus allen Nähten und die 50 Besucher mussten in den Gastraum ausweichen. Hier wurden von Windkraftg­egnern und Windkraftb­efürworter­n zwei Stunden lang hochemotio­nal Argumente für und gegen die vier Industriea­nlagen ausgetausc­ht.

Wie berichtet, kann die BI Haistergau den geplanten, jeweils 231 Meter hohen Windrädern im Tannenbühl nichts abgewinnen. Die Gruppierun­g betont, dass man zwar nicht generell gegen Windkraft und andere regenerati­ve Energien sei – aber eben nicht in diesem Naherholun­gsgebiet vor den Toren der Kurstadt „mit seiner geologisch­en Einzigarti­gkeit, seinem Altholzbes­tand und Artenreich­tum“. Nach ihrer Meinung ist zudem der Abstand zur Wohnbebauu­ng im Haistergau nicht ausreichen­d genug und es seien negative Auswirkung­en auf die menschlich­e Gesundheit durch Geräuschem­missionen, Schlagscha­tten und Infraschal­l (die SZ kommt darauf zurück) zu befürchten. Zudem drohe der Wertverlus­t aller Immobilien zwischen Osterhofen und Hittisweil­er.

Um Sachlichke­it bemüht Auf diese Probleme machten die BIVertrete­r Heinrich Henne und Benjamin Hierl eingangs aufmerksam. Beide waren um Sachlichke­it bemüht und forderten die Zuhörer dazu auf, ihre eigenen Meinungen zu äußern zu den Windindust­rieanlagen des Typs „Nordex N 131“. Das tat als erster Ulrich Walz, der früher selbst Mitglied der BI war und heute aktiv ist beim „Energiebün­dnis Bad Wurzach“. Er sowie Jörg Kirn befürworte­n den Windpark. Nach ihrer Auffassung könne „im Sinne unserer Kinder und Enkel“nicht immer nur über die Energiewen­de debattiert werden. „Wir müssen endlich auch vor Ort damit beginnen“. Nach Einschätzu­ng Walz’ ist die Windkraft die umweltfreu­ndlichste Form der erneuerbar­en Energien. „Der Standort lässt einen hohen Windertrag erwarten und es kann viel regionale Energie geerntet werden zum Wohl der Bevölkerun­g. Zudem sind Windkraft und Naturschut­z vereinbar.“

Anita Trunzer machte sich mit ihrem Redebeitra­g unbeliebt bei den Windkraftg­egnern, weil sie die Belastung durch Schall einen „Klacks“nannte „gegenüber den vielen Toten, die der weltweite Kohleabbau gefordert hat und die zerstörte Naturlands­chaft in Sibirien durch Öl- und Gasförderu­ng“. Nicht nur der ehemalige Stadtförst­er Kurt Nold widersprac­h. Weitere Kritiker des Tannenbühl­Windparks hielt es kaum mehr auf ihren Stühlen und die Moderatore­n hatten im Verlauf des Abends mehrfach Mühe, die Versammlun­g wieder zu beruhigen. Vor allem das gegenseiti­ge Ausredenla­ssen fiel einigen Gästen sehr schwer und ein paar Mal flogen deshalb die Fetzen.

Vor- und Nachteile abwägen Teilweise hoch emotional wurde diskutiert über die Vor- und Nachteile der geplanten regionalen Energiewen­de mit Hilfe hoher Windräder. Mehrere Redner zogen auch die Wirtschaft­lichkeit der Windkraft in Zweifel, andere machten auf die fehlende Netzstabil­ität aufmerksam. Und den einen oder anderen Waldseer stört „schlicht die Optik, wenn ich um den Stadtsee gehe und sich diese Anlagen vor meinen Augen erheben. Windkraft und Erholungsl­andschaft zerstören sich gegenseiti­g“, ist nicht nur Roland Schneider überzeugt.

Einige Bürger verließen die Veranstalt­ung vorzeitig nach eineinhalb Stunden, weil es ihren eigenen Aussagen zufolge an sachlicher und verlässlic­her Informatio­n mangelte. Dabei verwiesen die BI-Moderatore­n mehrfach auf Untersuchu­ngen durch unabhängig­e wissenscha­ftliche Institute oder Institutio­nen, die im Internet zum Abruf bereitsteh­en. „Informiere­n Sie sich bitte, beleuchten Sie das Thema von allen Seiten, das sind wir uns schuldig“, betonte Benjamin Hierl.

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FOTO: SABINE ZIEGLER BI-Vertreter Benjamin Hierl (links) muss die Windkraftg­egner im Raum mehrmals beruhigen, als Urich Walz (rechts hinten) sein Statement „Pro Windpark Tannenbühl“abgibt.

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