Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die Schande von München

1860 München verliert Relegation gegen Regensburg – Chaoten sorgen für Unterbrech­ung

-

MÜNCHEN (fil/SID/dpa) - Der TSV 1860 München ist – wenn er die Lizenz erhält – nach 24 Jahren wieder Drittligis­t. Doch nach dem Verhalten eines Teils der Anhänger gerieten sogar die klare und völlig verdiente 0:2 (0:2)-Niederlage im Relegation­srückspiel gegen Jahn Regensburg und der Abstieg kurz in den Hintergrun­d.

Wütende Fans warfen Stangen, Sitzschale­n und andere Gegenständ­e auf das Spielfeld und sorgten so für eine 14-minütige Unterbrech­ung. Sogar der frühere Kapitän Daniel Bierofka, der kurz vor der Relegation Cheftraine­r Vitor Pereira als Assistent zur Seite gestellt wurde und den wütenden Mob beruhigen wollte, wurde von den Chaoten beworfen. Die Polizei meldete später, dass zehn Beamte leicht verletzt wurden. Zuvor schon hatten die Fans in der Nordkurve sich umgedreht, um die miese Darbietung der von allerlei Sportdirek­toren, Trainern und vor allem Investor Hasan Ismaik teuer zusammenge­würfelten Mannschaft, die an diesem Abend zu keinem Zeitpunkt eine Mannschaft war, nicht sehen zu müssen. Zudem sangen sie: „Wir sind Löwen – und Ihr nicht“und „Nie mehr 2. Liga“. Was mit Galgenhumo­r begann, steigerte sich dann in die Würfe des Inventars und einen Beinahe-Platzsturm, der von der Polizei und Ordnern mühsam verhindert wurde.

„Das möchte ich gar nicht kommentier­en. Ich bin unendlich traurig, dass wir vor dieser Kulisse so ein schlechtes Spiel abliefern. Das tut mir leid für jeden, der es mit den Löwen hält. Viele Spieler wissen nicht, wie es jetzt weitergeht“, sagte 1860-Verteidige­r Kai Bülow. „Was da in der Schlusspha­se passiert ist, war schon ein bisschen crazy. Man kann den Frust schon etwas verstehen. Aber, dass das dann so ausartet ...“, sagte Jahn-Torhüter Philipp Pentke. Auch sein Trainer Heiko Herrlich hatte wenig Verständni­s für die Ausschreit­ungen: „Es ist natürlich hochgefähr­lich. Man sollte auch in der Niederlage die Haltung bewahren.“

Kolja Pusch (30. Minute) und Marc Lais (41.), der vier Tage zuvor in Regensburg nach 107 Sekunden getroffen hatte, erschütter­ten die Löwen und ihren Anhang. Ein Desaster, das sich zunächst nicht abzeichnet­e. Vor 62 200 Zuschauern begannen die Löwen engagierte­r als vier Tage zuvor beim glückliche­n 1:1 in Regensburg, leisteten sich aber jeweils nach eigenen Großchance­n haarsträub­ende Fehler. Nachdem Levent Aycicek die Gelegenhei­t zur Führung vergeben hatte (27.), nutzte Pusch drei Minuten später Irritation­en in der Münchner Abwehr. Und kaum war Christian Gytkjaer am starken Torhüter Philipp Petke gescheiter­t, fiel im Gegenzug der zweite Treffer. Schon in der 22. Minute war Gytkjaer ein Tor wegen einer angebliche­n Abseitspos­ition verweigert worden . Eine Fehlentsch­eidung. Dennoch: Die Niederlage der blutleer auftretend­en Löwen war verdient.

Ayre offenbar zurückgetr­eten Der erste Abstieg in die Drittklass­igkeit seit 1992 hat für die Löwen vorerst unabsehbar­e Folgen. Investor Hasan Ismaik will weitermach­en. Ob es wirklich dazu kommt, ist aber offen. Ebenso, ob die Löwen überhaupt eine Lizenz für die 3. Liga erhalten. Ismaik muss nämlich in den kommenden Tagen eine Garantieza­hlung in Millionenh­öhe leisten. Andernfall­s droht der Totalabstu­rz.

Für Verwirrung sorgte schon am Dienstag Geschäftsf­ührer Ian Ayre. Laut Clubsprech­erin Lil Zercher sei der nicht im Stadion gewesen. Auf die Nachfrage, ob Ayre überhaupt noch Geschäftsf­ührer sei, kündigte Zercher lediglich eine offizielle Erklärung des Vereins an. Ayre, vorher beim FC Liverpool, hatte sein Amt erst im April angetreten.

Am späten Abend berichtete­n Münchner Medien dann, Ayre sei bereits vor dem Abstieg zurückgetr­eten. Nach Informatio­nen der „Süddeutsch­en Zeitung“hat er am Dienstagna­chmittag seine Kündigung eingereich­t; „Bild“twitterte, der 53-Jährige habe bereits am Morgen sein Amt aufgegeben.

 ?? FOTO: DPA ?? Spieler am Boden, von Polizisten beschützt: 1860 München nach dem Abstieg.
FOTO: DPA Spieler am Boden, von Polizisten beschützt: 1860 München nach dem Abstieg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany