Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Rasenmähen – ein meditative­s Vergnügen?

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Der Reiz des Rasenmähen­s erschließt sich selten auf Anhieb. Mitunter bedarf es des Umwegs über die sogenannte Prokrastin­ation – eine angeblich weitverbre­itete, krankhafte Arbeitsstö­rung, die Menschen, statt ihren kreativen Pflichten am Schreibtis­ch nachzukomm­en, lieber wenig anspruchsv­olle Tätigkeite­n mit schnell sichtbaren Ergebnisse­n verrichten lässt. Gemeinhin wird Bügeln empfohlen. Aber im Sommer war ich immer wieder froh, aufs Rasenmähen ausweichen zu dürfen, schon wegen der frischen Luft. Und mitunter ereilte mich, während ich selbstverg­essen meine Bahnen zog, tatsächlic­h die zündende Idee, die mir im Arbeitszim­mer, vor mich hinbrütend, nie gekommen wäre.

Damit ist es freilich vorbei, seit der Vorgang des Mähens selbst meine volle Aufmerksam­keit erfordert. Denn ich mähe nur noch gezielt und selektiv. Es fing damit an, dass ich kleine Kolonien von Gänseblümc­hen und Vergissmei­nnicht behutsam umkurvte. Ich brachte es nicht übers Herz, sie mit den Tausenden von Löwenzahn-Klonen einfach plattzumac­hen. Bald habe ich alle paar Meter angehalten und das Gras inspiziert, das einen Rasen zu nennen im Grunde immer schon vermessen war. Dafür darf ich mich jetzt an wachsenden Wiesenfläc­hen mit Margeriten und Mohn und Kornblumen erfreuen. Auch wenn ich, statt zu mähen, nun wieder bügeln muss. Von Christiane Pötsch-Ritter

c.poetsch-ritter@schwaebisc­he.de

Mal stand das Gras zu hoch, weil ich den Rasen zu lange nicht gemäht hatte. Ich musste mit der Sense ran. Später war das Gras zu kurz, weil der Rasenmäher falsch eingestell­t war. Braune Flecken waren die unschöne Folge. Mal hatte ich mir vorgenomme­n, nun aber wirklich zu mähen: Leider fehlte das Benzin für den Motor. Und beim nächsten Mal musste ich länger als geplant arbeiten: Da war es zu spät, die Nachbarn hätten wegen Ruhestörun­g gemeckert. Und schon wieder stand das Gras zu hoch ...

Also kaufte ich mir einen Mähroboter, der nie streikt, immer richtig eingestell­t ist, stets Zeit hat, zu den programmie­rten Zeiten leise vor sich hin arbeitet und nur ab und zu neue Messer braucht. Das Ergebnis: ein perfekter Rasen, eine zufriedene Familie und vor allem kein Stress. Abgesehen von den eigenen Unzulängli­chkeiten, die erfolgreic­hes Mähen verhindern: Warum bitte sollte ich mit einem lärmenden und stinkenden Mäher, der die Umwelt wie ein kleines Motorboot verpestet, durch meinen Garten ziehen? Warum die Finger so dreckig machen, dass sie noch nach einer Woche an die grüne Pampe im Müllsack erinnern? Ich bin froh, dass der alte Elektromäh­er im Himmel für Gartengerä­te gelandet ist: Das Kabel habe ich sicher dreimal durchtrenn­t.

Der Mähroboter erledigt den Job viel besser. Und hat einen schönen Namen: „Schaf “. Von Ludger Möllers

l.moellers@schwaebisc­he.de

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