Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Pionierin
Neue Regierungschefin in Serbien wird als erste Frau in der Geschichte des Landes und auf dem Balkan die bisherige Ministerin für Öffentliche Verwaltung, Ana Brnabic. Die 41Jährige ist parteilos und lebt offen lesbisch. In Serbien, in dem vier Fünftel der Bevölkerung orthodoxe Christen sind, ist Homosexualität für viele noch ein Tabu.
„Meinem Land zu dienen ist für mich die größte Ehre. Ich werde mit Hingabe und verantwortlich arbeiten, mit viel Liebe und Ehrlichkeit“, sagte Brnabic.
Brnabic gilt als bedingungslos loyal gegenüber Staatschef Aleksandar Vucic. Der lobte seine Favoritin als „starke Persönlichkeit mit professionellen Fähigkeiten und eine harte Arbeiterin“. Noch diese Woche soll das Parlament über die Personalie abstimmen.
Der orthodoxe Klerus zeigt sich entsetzt. Belgrader Medien berichten, die Kirchenführung habe von Vucic gefordert, einen Mann, am besten einen gestandenen Familienvater, zum Premier zu ernennen. Das sehen auch manche in Vucics nationalistischer Fortschrittspartei SNS so. „Haben wir wirklich keinen anderen Kandidaten für diesen bedeutenden Posten?“fragte ein Abgeordneter. Bereits im Vorjahr hatte es gehässige Reaktionen innerhalb der SNS gehagelt, als Vucic die politisch unerfahrene frühere Managerin mit den kantigen Gesichtszügen zur Verwaltungsministerin ernannt hatte.
Brnabic, 1976 in Belgrad geboren, studierte in den USA und Großbritannien Betriebswirtschaft und Marketing, arbeitete bei internationalen Firmen und Organisationen in leitenden Positionen. Sie spricht fließend Englisch und Russisch.
Auf die Anfeindungen reagiert sie gelassen und selbstbewusst: „Ich habe Vucic gesagt, dass ich meine sexuelle Orientierung weder extra betonen noch verheimlichen möchte.“Er sei damit einverstanden gewesen. Rudolf Gruber und AFP