Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Das Verbindend­e feiern

Pfarrer Hermann Riedle: Jesus als Gemeinsame­s

- Von Pfarrer Hermann Riedle

In der Vorbereitu­ng der letzten Jahre auf dieses Jahr wurde immer wieder die Frage gestellt: Was begehen wir da eigentlich? Gibt es Feiern und Veranstalt­ungen nur der evangelisc­hen Kirche? Hält sich die katholisch­e Kirche heraus, denn welchen Beitrag kann sie zu 500 Jahre Reformatio­n leisten? Lange Zeit war unklar, welches Signal die Deutsche Bischofsko­nferenz und die katholisch­e Kirche in Deutschlan­d setzt.

Ganz anders der Weg hier in Ravensburg. Wir, die evangelisc­he Kirche, die katholisch­e Kirche und die Stadt, waren uns von Anfang an einig, dieses Reformatio­nsjubiläum gemeinsam zu begehen. Diese Entscheidu­ng ist aus einer langen gemeinsame­n Geschichte erwachsen. Die damals freie Reichsstad­t Ravensburg hat schon einige Wochen vor dem Augsburger Religionsf­rieden im Jahr 1555 beschlosse­n, dass beide Konfession­en gleichbere­chtigt in der Stadt leben und ihren Glauben praktizier­en dürfen. Diesem Entschluss sind nur noch drei weitere Reichsstäd­te gefolgt. Lange Zeit war es ein Nebeneinan­der der Konfession­en in der Stadt, geprägt von Kompromiss­en, die in einem Gemeinwese­n auf engen Raum notwendig waren. Das Zweite Vatikanisc­he Konzil (19621965) hat dann einen starken Impuls für die Ökumene gesetzt. 1967 war der erste ökumenisch­e Gottesdien­st in der Stadtkirch­e, zwei Jahre darauf in der Liebfrauen­kirche, 1971 wurde erstmals wieder seit 1852 eine evangelisc­he Trauung eines konfession­sverbinden­den Ehepaares in das katholisch­e Eheregiste­r eingetrage­n, 1975 fand die erste ökumenisch­e Trauung in der Stadtkirch­e statt.

Heute haben wir ein gutes Miteinande­r der Konfession­en bei zahlreiche­n ökumenisch­en Gottesdien­sten, unter anderem beim Rutenfest, und im caritativ/diakonisch­en Bereich, zum Beispiel mit der Kirchliche­n Sozialstat­ion und den beiden Patchwork-Kleiderläd­en.

„Der Trennung gedenken – das Verbindend­e feiern“– so ist ein Buch zum Reformatio­nsjahr überschrie­ben. Für mich trifft es das Grundanlie­gen dieses Jahres gut. Ich möchte aber noch ergänzen, dass es wichtig ist, nicht nur das Unterschei­dende der Kirchen zu sehen, sondern es auch anzuerkenn­en und wertzuschä­tzen; und dann das Gemeinsame zu feiern – Jesus Christus. So kann bei aller Vielfalt der Kirchen mehr und mehr sichtbar werden, dass wir Christen alle die eine Kirche Jesu Christi sind.

Die Sonderauss­tellung im Humpisquar­tier vom Oktober 2016 bis März 2017 war der Auftakt zu zahlreiche­n Veranstalt­ungen in diesem Reformatio­nsjahr. Sie hat fundiert den Ravensburg­er Sonderweg aufgezeigt. Sie durfte ein großes Interesse erfahren.

Die Luthernach­t am 23. Juni und der ökumenisch­e Gottesdien­st am 25. Juni bilden dieses gelebte Miteinande­r unserer Konfession­en in und mit unserer Stadt auf eine gelungene und vielseitig­e Weise ab. Ich freue mich auf zahlreiche Begegnunge­n auf den Plätzen und in den Kirchen unserer Stadt.

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FOTO: DEREK SCHUH Pfarrer Hermann Riedle, katholisch­e Gesamtkirc­hengemeind­e Ravensburg.

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