Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die Bühne als Baustelle
Das Musical „3 Musketiere“feiert am 24. Juni Premiere in Altusried
ALTUSRIED - Handwerker schieben Schubkarren, eine Kreissäge jault, Hammerschläge peitschen durch die Luft. Die Freilichtbühne am Ortsrand von Altusried gleicht einer großen Baustelle. Die groben Sachen allerdings sind schon erledigt: Drei riesige Stahlklingen ragen in die Luft und treffen sich in 20 Metern Höhe, eine rote Brücke zieht sich vom grünen Hügel im Hintergrund bis ganz nach vorn zu den Zuschauerrängen, ein bunt bemalter Kreis inmitten der Bühne symbolisiert die Rosette an der Westfassade der Pariser Kathedrale Notre Dame. Hier werden in genau einer Woche die berühmten drei Musketiere Athos, Porthos und Aramis sowie ihr Freund D’Artagnan zum ersten Mal die Degen ziehen, gegen die Schergen des intriganten Kardinals Richelieu kämpfen und sich in schöne oder hinterhältige Frauen verlieben.
Der Roman „Die drei Musketiere“von Alexandre Dumas wird vom 24. Juni bis 5. August auf der Altusrieder Freilichtbühne gespielt. Allerdings in Form eines Pop-Musicals mit viel Dramatik aber auch Humor, welches das holländische Brüderpaar Rob und Ferdi Bolland Anfang der 2000er-Jahre komponierten. Für die Altusrieder ist die Neuinszenierung eine Premiere in doppelter Hinsicht. Denn zum ersten Mal kooperieren sie mit dem Staatstheater Mainz, dessen Intendant Markus Müller aus Altusried stammt.
Die Mainzer haben die zwölf professionellen internationalen Musical-Darsteller, die die Hauptrollen spielen, ausgesucht, außerdem den Regisseur, den musikalischen Leiter, die Choreografen, Tänzer sowie Bühnen- und Kostümbildner. Die Altusrieder steuern einen Projektchor bei, den Gertrud Hiemer-Haslach seit Monaten trimmt, Statisten, einen Handwerkertrupp für den Bühnenbau – und die Freilichtbühne. TRAUERANZEIGEN
„Hört sich nach Chaos an“, sagt Roland Hüve. Der 55-Jährige mit dem ausgewaschenen Kapuzenpulli, Jeans und Turnschuhen ist der Regisseur und damit verantwortlich für eine Inszenierung auf der riesigen Freiluftbühne, welche die Zuschauer beglücken und die Arena mit ihren 2500 Plätzen 18 Mal füllen soll. Doch Chaos erlebt Hüve nicht. Im Gegenteil, die Profis aus ganz Deutschland arbeiten mit den Amateuren aus Altusried bestens zusammen. „Ich bin komplett begeistert“, sagt Hüve, der in Köln lebt. Und das hört sich nicht nach PR-Sprech an.
Seit vier Wochen sind Hüve samt dem künstlerischen Leitungsteam und den Darstellern nun in Altusried. Sie proben im Saal des Wirtshauses Rössle oder auf der Freilichtbühne – wenn dort nicht gerade die Handwerker wuseln. Bei jedem Wetter, Tag für Tag, auch an den Pfingstfeiertagen. An diesem Wochenende reisen die 22 Musiker an. Die meisten haben es nicht weit: Sie kommen aus dem Allgäu – allesamt Profis wie etwa Trompeter Matthias Haslach oder Flötist Markus Kerber. Axel Goldbeck, der musikalische Leiter, probt mit ihnen das zweieinhalbstündige Werk ein. Am Montag wird die Musikanlage eingestellt – jeder Sänger bekommt einen Lautsprecherknopf ins Ohr. Ab Dienstag finden die Proben auf der Bühne mit Orchesterbegleitung statt.
Ensemble hat viel Zeit in die Fechtszenen investiert Der Zeitdruck ist groß, sagt Regisseur Hüve. Insgesamt hat sich die Musketier-Truppe nur fünf Wochen gegeben, um das Musical, das für Kinder ab etwa zehn, zwölf Jahren geeignet ist, aufführungsreif zu machen. Wird das klappen? „Es gibt noch ordentlich was zu tun“, antwortet Hüve. Optimistisch ist er dennoch, nicht zuletzt weil der 34-köpfige Allgäuer Amateur-Chor bestens vorbereitet in die Proben einstieg. „Er singt auf Profi-Niveau“, schwärmt Hüve. „Das hat unsere Solisten echt umgehauen.“Viel Zeit investierte das Ensemble in die Fechtszenen. Schließlich sollen sie echt und spektakulär wirken. Die Stuttgarterin Annette Bauer hat eine Choreografie dazu entwickelt.
Es gibt aber noch einen anderen Druck in Altusried – den Erfolgsdruck. Die Musketier-Produktion ist nicht gerade billig. „Wir geben viel Geld aus und haben Top-Leute engagiert“, sagt Roland Hüve. Hinzu kommen Ausgaben für das aufwendige Bühnenbild, eine neue Tonanlage oder den neuen Orchestergraben, der gerade noch rechtzeitig fertig wurde. Das alles muss wieder eingespielt werden. Wie viel die Produktion kostet, will freilich niemand verraten. Unter vorgehaltener Hand ist von gut einer Million Euro die Rede. Deshalb sollte ein Gutteil der 45 000 Karten verkauft werden. Bisher steht die Marke bei 30 000, sagt Freilichtspiel-Geschäftsführer Sebastian Heerwart.