Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Heftiger Streit um Trauerfeier für Kohl
Europäischer Staatsakt für den Altkanzler nimmt Form an – Witwe im Clinch mit Sohn
BERLIN/MAINZ (dpa) - Überschattet vom Streit zwischen Helmut Kohls Witwe Maike Kohl-Richter und seinem älteren Sohn Walter werden die Pläne für den europäischen Trauerakt weiter vorangetrieben. Am 1. Juli werden Kanzlerin Angela Merkel und führende Vertreter Europas in Straßburg die Verdienste des vergangenen Freitag im Alter von 87 Jahren verstorbenen Altkanzlers würdigen. Neben der CDU-Chefin sollten EUParlamentspräsident Antonio Tajani, EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker im Europaparlament sprechen, teilte das Bundesinnenministerium am Mittwoch in Berlin mit. Außerdem sind Reden des französischen Staatsoberhauptes Emmanuel Macron und des früheren US-Präsidenten Bill Clinton geplant.
Der Streit zwischen Kohls Witwe und dessen Sohn Walter eskalierte indes weiter. Begleitet von zwei Enkelkindern versuchte Walter Kohl vergeblich, ins Haus seines Vaters in Oggersheim zu gelangen. Er sagte, er sei von der Polizei auf ein Hausverbot hingewiesen worden. Am Freitag war der Sohn noch am Sterbebett des Vaters gewesen.
Der Anwalt Kohl-Richters, Stephan Holthoff-Pförtner, warf Walter Kohl vor, einen Eklat zu inszenieren. Der langjährige Vertraute Helmut Kohls sagte in Berlin, er habe am Dienstag das Gespräch mit dem Kohl-Sohn gesucht, um zu klären, wie sich Söhne und Enkel verabschieden könnten. Walter Kohl habe eingewilligt, ein Telefonat zu führen, sei zum verabredeten Zeitpunkt aber nicht erreichbar gewesen. Dies wiederum dementierte Kohls Sohn wenig später in der „Bild“-Zeitung.
Holthoff-Pförtner dementierte auch einen „Spiegel“-Bericht, wonach Merkel nach Kohl-Richters Willen auf dem Trauerakt nicht habe sprechen sollen. Das Nachrichtenmagazin hatte geschrieben, KohlRichter habe die Idee präsentiert, nur ausländische Gäste sollten sprechen, darunter Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán. Der Anwalt wies auch die Darstellung zurück, die Witwe habe konkrete Vorstellungen für Gästeliste und Ablauf gehabt, die die Organisation eines deutschen Staatsaktes schwierig gemacht hätten. Regierungssprecher Steffen Seibert äußerte sich nicht zu den Berichten.