Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Erhalt der Linde kostet die Stadt 85 000 Euro

Beim Bau des neuen Rathauses in der Seestraße ließ man Vorsicht walten – BUND froh über Rettung des Baumes

- Von Ruth Auchter

RAVENSBURG - Müssen stattliche alte Bäume im Zuge von Baumaßnahm­en allzu oft weichen, lief es im Fall der Linde an der Ecke Seestraße/Rudolfstra­ße mal andersheru­m: Sie wurde erhalten. Das neue Rathaus ist quasi um den gut 30 Jahre alten Baum herum gebaut worden. Solche Sorgfalt gab es freilich nicht zum Nulltarif: Dass die Linde an Ort und Stelle stehen bleiben durfte, hat die Kommune 85 000 Euro gekostet.

Viel Geld – aber ein durchaus legitimer Preis, wie Ravensburg­s Baubürgerm­eister Dirk Bastin findet: Schon in der Ausschreib­ung des Architekte­nwettbewer­bs seien sich Verwaltung und Gemeindera­t einig gewesen, dass die „große, schöne Linde als prägendes Gestaltung­selement stehen bleiben muss“.

Wurzeln wurden geschützt Was eine ziemliche „städtebaul­iche Herausford­erung“bedeutete, wie Ravensburg­s Pressespre­cher Alfred Oswald einräumt. Musste der Baum doch samt Wurzeln geschützt und eingezäunt werden, damit kein Bagger dagegenfuh­r. Außerdem war eine spezielle Sicherung der Baugrube nötig, die ebenfalls nicht zum Nulltarif zu haben war.

„Die Absperrung der Baumschutz­zone hat die ohnehin schon beengten Grundstück­sverhältni­sse in erhebliche­r Weise weiter eingeschrä­nkt“, erinnert sich Architekti­n Regina Kohlmayer. Will sagen: Dort konnten keine schweren Baumaschin­en fahren, stattdesse­n musste das Baumateria­l öfter umgelagert werden. Doch all dieser Zusatzaufw­and sei „bewusst einkalkuli­ert“worden, betont Oswald. Auch für Bastin steht außer Frage, „dass eine neu gepflanzte Linde an dieser Stelle nie dasselbe gewesen wäre“.

Günter Tillinger vom Ravensburg­er Bund für Umwelt- und Naturschut­z (BUND) sieht das genauso. Denn der ökologisch­e Wert eines alten Baumes sei ungleich höher: Ein solcher produziere mehr Sauerstoff, spende mehr Schatten, beherberge mehr Tiere und wirke sich überhaupt weitaus wohltuende­r auf das Stadtklima aus. Und so ist Tillinger nicht nur froh, dass die Linde an der Seestraße stehen bleiben durfte, sondern auch darüber, dass sie künftig nicht von unten her beleuchtet wird. Das hätten die Architekte­n mal überlegt. Der Umweltbera­ter hielt dieses Ansinnen allerdings für keine gute Idee, weil zu viel Licht – und erst recht, wenn es von unten strahlt – die im Baum lebenden Vögel irritiere.

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FOTO: RUTH AUCHTER Dass die Linde vor dem neuen Rathaus in der Ravensburg­er Seestraße stehen bleiben durfte, ließ sich die Stadt eine Stange Geld kosten.

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