Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Angeklagter beschäftigt Gericht mit neuen Anträgen
Im Berger Mordprozess dreht sich die Beweisaufnahme um den Wahrheitsgehalt früherer Zeugenaussagen
RAVENSBURG - Mit einer Reihe neuer Anträge, in denen er den Wahrheitsgehalt verschiedener Zeugenaussagen anzweifelt, beschäftigt der Angeklagte des Berger Mordprozesses die Große Schwurkammer des Ravensburger Landgerichts. Einen erneuten Befangenheitsantrag, diesmal gegen einen beisitzenden Richter, hatte die Kammer abgelehnt. Der Mann ist angeklagt, den Selbstmord seiner Lebensgefährtin vorgetäuscht zu haben.
Inzwischen hat das Landeskriminalamt Stuttgart die Tonaufzeichnungen technisch überarbeitet, die der Angeklagte heimlich gemacht hatte, als sich seine Frau von ihm trennte. Die Erwartung des Angeklagten: So würden die darauf erfassten Stimmen einer Frau und eines Mannes deutlicher verständlich.
Eine Wiedergabe beider Versionen am Mittwochvormittag erzeugte bei den Zuhörern allerdings nur Ratlosigkeit und Langeweile. Berufsrichter, Schöffen und die beiden Anklagevertreter machten sich zwischendurch Notizen. Die beiden Pflichtverteidiger machten einen ziemlich genervten Eindruck. Der Angeklagte redete zwischendurch auf sie ein. Der psychiatrische Gutachter, der an diesem Morgen eigentlich vortragen sollte, welches Bild er sich im bisherigen Prozessverlauf vom Angeklagten gemacht hat, lehnte sich entspannt zurück.
Schließlich wurde eine Zusammenfassung des Berichts verlesen, den ein Steuerberater über Umsatz, Gewinn und Verlust der Firma des Angeklagten im Geschäftsjahr 2016 verfasst hatte. Anschließend trug der Angeklagte eine Gegendarstellung zu einer Zeugenaussage vor, wonach seine Firma sich in Zahlungsschwierigkeiten befunden habe. Mit einem weiteren Beweisantrag will er nachweisen, dass seine Firma 2016 sehr wohl Gewinne abgeworfen und sich zu Beginn des Geschäftsjahrs 2017 weiter positiv entwickelt habe.
Widersprüchliche Aussagen? Der Polizei wirft der Angeklagte vor, vorsätzliche falsche Finanzermittlungen angestellt zu haben, um den Mordvorwurf gegen ihn zu stützen. Als widersprüchlich bezeichnete er auch die Zeugenaussagen seines Schwiegervaters und SchwippSchwagers zu der Situation, in der sie die Leiche seiner Frau im Keller des Wohnhauses in Berg-Weiler vorgefunden haben. Das Garagentor des Hauses lasse sich nicht so leise öffnen, dass eine schlafende Person nichts bemerkt, wenn jemand nachts über die Garage ins Haus eindringt. Laut Anklage war der Beschuldigte so ins Haus gelangt, um die getrennt von ihm lebende Ehefrau zu erdrosseln und anschließend ihren Suizid vorzutäuschen. Der von den Verteidigern gestellte Antrag, darüber ein Sachgutachten einzuholen und bei einem Ortstermin den Sachverhalt zu klären, war der einzige Punkt, der bei der Verhandlung am Mittwoch den Mordvorwurf betraf.
Ein Komplott der Verwandten? Der Angeklagte beschuldigte die Zeugen aus dem familiären Umfeld seiner getöteten Frau, ein Komplott gegen ihn geschmiedet zu haben, um ihm beruflich zu schaden. Er verlangte weiterhin, die Scheidungsanwältin seiner Frau über die Höhe ihres Honorars zu befragen und den zuständigen Sachbearbeiter seiner Hausbank als Zeugen vorzuladen. Schließlich solle das Gericht bei mehreren Zeugen eine Hausdurchsuchung anordnen, um Beweismaterial sicherzustellen, das nach den Worten des Angeklagten unterschlagen worden ist.