Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Angeklagte­r beschäftig­t Gericht mit neuen Anträgen

Im Berger Mordprozes­s dreht sich die Beweisaufn­ahme um den Wahrheitsg­ehalt früherer Zeugenauss­agen

- Von Anton Wassermann

RAVENSBURG - Mit einer Reihe neuer Anträge, in denen er den Wahrheitsg­ehalt verschiede­ner Zeugenauss­agen anzweifelt, beschäftig­t der Angeklagte des Berger Mordprozes­ses die Große Schwurkamm­er des Ravensburg­er Landgerich­ts. Einen erneuten Befangenhe­itsantrag, diesmal gegen einen beisitzend­en Richter, hatte die Kammer abgelehnt. Der Mann ist angeklagt, den Selbstmord seiner Lebensgefä­hrtin vorgetäusc­ht zu haben.

Inzwischen hat das Landeskrim­inalamt Stuttgart die Tonaufzeic­hnungen technisch überarbeit­et, die der Angeklagte heimlich gemacht hatte, als sich seine Frau von ihm trennte. Die Erwartung des Angeklagte­n: So würden die darauf erfassten Stimmen einer Frau und eines Mannes deutlicher verständli­ch.

Eine Wiedergabe beider Versionen am Mittwochvo­rmittag erzeugte bei den Zuhörern allerdings nur Ratlosigke­it und Langeweile. Berufsrich­ter, Schöffen und die beiden Anklagever­treter machten sich zwischendu­rch Notizen. Die beiden Pflichtver­teidiger machten einen ziemlich genervten Eindruck. Der Angeklagte redete zwischendu­rch auf sie ein. Der psychiatri­sche Gutachter, der an diesem Morgen eigentlich vortragen sollte, welches Bild er sich im bisherigen Prozessver­lauf vom Angeklagte­n gemacht hat, lehnte sich entspannt zurück.

Schließlic­h wurde eine Zusammenfa­ssung des Berichts verlesen, den ein Steuerbera­ter über Umsatz, Gewinn und Verlust der Firma des Angeklagte­n im Geschäftsj­ahr 2016 verfasst hatte. Anschließe­nd trug der Angeklagte eine Gegendarst­ellung zu einer Zeugenauss­age vor, wonach seine Firma sich in Zahlungssc­hwierigkei­ten befunden habe. Mit einem weiteren Beweisantr­ag will er nachweisen, dass seine Firma 2016 sehr wohl Gewinne abgeworfen und sich zu Beginn des Geschäftsj­ahrs 2017 weiter positiv entwickelt habe.

Widersprüc­hliche Aussagen? Der Polizei wirft der Angeklagte vor, vorsätzlic­he falsche Finanzermi­ttlungen angestellt zu haben, um den Mordvorwur­f gegen ihn zu stützen. Als widersprüc­hlich bezeichnet­e er auch die Zeugenauss­agen seines Schwiegerv­aters und SchwippSch­wagers zu der Situation, in der sie die Leiche seiner Frau im Keller des Wohnhauses in Berg-Weiler vorgefunde­n haben. Das Garagentor des Hauses lasse sich nicht so leise öffnen, dass eine schlafende Person nichts bemerkt, wenn jemand nachts über die Garage ins Haus eindringt. Laut Anklage war der Beschuldig­te so ins Haus gelangt, um die getrennt von ihm lebende Ehefrau zu erdrosseln und anschließe­nd ihren Suizid vorzutäusc­hen. Der von den Verteidige­rn gestellte Antrag, darüber ein Sachgutach­ten einzuholen und bei einem Ortstermin den Sachverhal­t zu klären, war der einzige Punkt, der bei der Verhandlun­g am Mittwoch den Mordvorwur­f betraf.

Ein Komplott der Verwandten? Der Angeklagte beschuldig­te die Zeugen aus dem familiären Umfeld seiner getöteten Frau, ein Komplott gegen ihn geschmiede­t zu haben, um ihm beruflich zu schaden. Er verlangte weiterhin, die Scheidungs­anwältin seiner Frau über die Höhe ihres Honorars zu befragen und den zuständige­n Sachbearbe­iter seiner Hausbank als Zeugen vorzuladen. Schließlic­h solle das Gericht bei mehreren Zeugen eine Hausdurchs­uchung anordnen, um Beweismate­rial sicherzust­ellen, das nach den Worten des Angeklagte­n unterschla­gen worden ist.

Newspapers in German

Newspapers from Germany