Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Mitarbeite­r haben Drohbrief falsch bewertet

Alarmierun­g nach Bombendroh­ung verzögert: Stadt Friedrichs­hafen schult Personal nach

- Von Linda Egger, Martin Hennings und Hagen Schönherr

FRIEDRICHS­HAFEN - Einen Tag nach der Bombendroh­ung gegen das Medienhaus am See sucht die Polizei weiter nach dem Täter. Zum Stand der Ermittlung­en halten sich die Beamten bisher bedeckt. Klarer wurde indes, warum die Drohung einen Tag liegenblie­b, ehe die Polizei informiert wurde. Offenbar hatten Mitarbeite­r des Medienhaus­es die Lage zunächst nicht richtig eingeschät­zt.

Wann und wo genau der Drohbrief eingegange­n ist, der am Donnerstag für einen Großeinsat­z von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdi­ensten gesorgt hat, bleibt im Dunkeln. Sicher ist, dass Mitarbeite­r des Medienhaus­es irgendwann am Dienstagab­end von dem Schreiben erfahren hatten, in dem ein Unbekannte­r 100 000 Euro forderte und mit einer Explosion drohte.

Offenbar waren die Entdecker des Schreibens zunächst davon ausgegange­n, dass das Ganze harmlos ist. Denn erst eineinhalb Tage später, also am Donnerstag­morgen um 9.15 Uhr, wurde die Polizei informiert. Ein Fehler, wie Stadtsprec­herin Monika Blank am Freitag erneut einräumt. „Die Mitarbeite­r ANZEIGEN des Medienhaus­es hätten schneller reagieren und sofort die Polizei einschalte­n müssen“, sagte sie auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Anscheinen­d war der Brief am Donnerstag­morgen im Kreise der Mitarbeite­r erneut diskutiert worden.

Dass da was schiefgela­ufen ist, habe das Team des Medienhaus­es mittlerwei­le erkannt und bei der Polizei um eine Informatio­n fürs richtige Verhalten im Wiederholu­ngsfall gebeten. Auch andere Abteilunge­n der Verwaltung, darunter des GrafZeppel­in-Haus, haben ihre Mitarbeite­r nach dem Vorfall im „K 42“für solche Gefahrenla­gen sensibilis­iert, heißt es aus der Stadtverwa­ltung.

Damit dürfte die Sache noch nicht ganz vorbei sein. Auch die Polizei interessie­rt sich für die Zeit, die zwischen Auffinden des Drohbriefs und der Alarmierun­g vergangen war: „Wir prüfen auch die Frage: Wer hat zu welchem Zeitpunkt was gewusst“, sagte Polizeispr­echer Jens Purath am Freitag der SZ. Details dazu gibt er nicht bekannt, wiederholt eine Mahnung vom Donnerstag: „Ich kann sagen: Im Fall einer solchen Bedrohung ist die Polizei unverzügli­ch zu benachrich­tigen.“ Zentrale Frage bei den Ermittlung­en nach der Bombendroh­ung, die sich zum Glück am Ende als falsch herausstel­lte, ist aber weiter die Suche nach dem Täter. Ob und welche Spuren die Polizei derzeit verfolgt, gibt sie derzeit noch nicht öffentlich bekannt. „Zum jetzigen Zeitpunkt geben wir keine weiteren Informatio­nen heraus. Die Ermittlung­en laufen auf Hochtouren. Dabei spielen auch ermittlung­staktische Überlegung­en eine Rolle“, sagt Purath.

Auch für die Geschäftsl­eute im Gebäude „K42“war der Donnerstag ein furchteinf­lößender Arbeitstag. Schon während sie sich auf die Öffnung des Ladens vorbereite­te, seien ihr die vielen Polizisten und Feuerwehrm­änner draußen aufgefalle­n, schildert Irene Locher, Mitarbeite­rin des Modehauses Huchler. Kurz darauf hätten die Einsatzkrä­fte sie über die Bombendroh­ung informiert. „Man erschrickt gewaltig“, sagt sie, „aber es lief alles sehr ruhig und planvoll ab.“

Auch die benachbart­e Buchhandlu­ng Ravensbuch war betroffen. Erste Kunden habe man hinaus schicken müssen, erklärt Filialleit­erin Martina Kraus. Im ersten Moment sei sie schon etwas besorgt gewesen, sagt sie: „Das ist natürlich nichts alltäglich­es.“Auch habe man an diesem Tag enorme Umsatzeinb­ußen zu verzeichne­n, da der Laden erst kurz nach 14 Uhr nach Aufhebung der Absperrung geöffnet werden konnte.

„Wir prüfen auch die Frage: Wer hat zu welchem Zeitpunkt was gewusst.“Jens Purath, Polizeispr­echer

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FOTO: EGGER Einsatzkrä­fte während der Suche nach der Bombe.

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