Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Tankerlenkerin aus Nordhorn
Veronika Rücker wird beim DOSB das Erbe Michael Vespers antreten – auf die 47-Jährige warten viele Baustellen
BERLIN (SID/dpa) - Veronika Rücker soll auf der Großbaustelle des deutschen Sports aufräumen. Die bisherige Direktorin der DOSB-Führungsakademie wird neue Vorstandsvorsitzende des Deutschen Olympischen Sportbundes und beerbt zum Jahreswechsel Michael Vesper, der mit 65 Jahren altershalber ausscheidet. Damit wird DOSB-Präsident Alfons Hörmann endgültig zum alleinigen starken Mann im Dachverband des deutschen Sports. In diesem sind mehr als 90 000 Vereine mit mehr als 27 Millionen Mitgliedern organisiert.
„Es ist wirklich eine große Ehre, dass ich den Sport in Deutschland aktiv an zentraler Stelle mitgestalten kann“, sagte die 47-jährige Rücker, nachdem sie am Freitag erst eine Stunde zuvor nominiert worden war. „Ich traue mir das Amt zu, auch weil ich die Rückendeckung eines starken Präsidiums habe.“Vom 1. Januar an muss die aus Nordhorn stammende Sportwissenschaftlerin den Tanker DOSB an der Seite Hörmanns lenken. Ihre wichtigste Aufgabe ist die Weiterentwicklung des Verbandes, ebenso muss sie sich um Wohl und Wehe der Mitgliedsverbände kümmern und den deutschen Sport auf internationalem Parkett vertreten.
„Veronika Rücker verfügt über alle fachlichen und menschlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Führung des DOSB“, sagte Hörmann. Michael Vesper, seit 2006 beim DOSB, galt lange als ebenbürtiger Nebenmann des Allgäuers. Doch der Ex-Politiker eckte zuletzt mehr und mehr an. Ein Rüffel des Good-GovernanceBeauftragten im eigenen Haus schadete seinem Ruf zusätzlich.
Mit Nachfolgerin Rücker wird mehr Ruhe in den Verband einkehren. Die neue Chefin muss sich in Zukunft auch mit der schwierigen Reform zur Spitzensportförderung beschäftigen. „Ich werde da eingebunden sein“, verriet sie, weitere Angaben über ihre Rolle dabei wollte sie nicht machen.
Auf jeden Fall kommt mit der Reform viel Arbeit auf die hauptamtliche Chefin des DOSB zu. Hörmann und sein Leistungssport-Vizepräsident Dirk Schimmelpfennig mussten nach einem zweitägigen Sitzungsmarathon in Berlin einräumen, dass es erhebliche Verzögerungen beim Start des umstrittenen Potenzialanalysesystems (PotAS) gebe, dem zentralen Element der Reform. Die in Münster ansässige PotAS-Kommission soll die Förderwürdigkeit der Athleten bewerten. „Es werden bis zu den Sommerspielen 2020 keine belastbaren PotAS-Erkenntnisse vorliegen“, gestand Hörmann, der deshalb mit einigen Bauchschmerzen auf die Spiele 2020 in Tokio blickt: „Die Gefahr besteht, dass die Leistung tendenziell leidet.“
Die Politik lenkt beim Geld ein Zunächst einmal beendet werden konnten die heftigen Streitigkeiten, die der Dachverband und seine Verbandsgruppen zuletzt mit der Politik geführt hatten. Die Spitzenverbände waren auf das Bundesinnenministerium nicht gut zu sprechen, da die Behörde den Mehrbedarf von 31 Millionen Euro zum Start der Reform bislang nicht in den Bundeshaushalt für 2017 eingestellt hat. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) stellte in Berlin aber eine „substanzielle und nachhaltige“Zahlung in Aussicht.
Der für den Spitzensport zuständige DOSB-Vize Dirk Schimmelpfennig führt derzeit die Finanzgespräche mit den Verbänden über die Neustrukturierung. 17 von 27 Verbänden hat Schimmelpfennig abgearbeitet. Im Anschluss folgen die Gespräche mit dem Ministerium vor allem über die Olympia- und Bundesstützpunkte. Ein Kernthema dabei ist die Trainerfrage. Schimmelpfennig bezifferte die Anzahl der Stützpunkttrainer, deren Verträge zum Ende der Jahres auslaufen, auf 170. Viel Redebedarf also für Veronika Rücker.