Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Für wen sich der Umstieg auf Gasantrieb lohnen kann

60 bis 70 Prozent der Benziner lassen sich umrüsten

- Von Denise Peikert

laubt man der Politik und der Industrie, gehört der Elektromob­ilität die Zukunft. Aber was ist eigentlich aus dem einst so gepriesene­n Gasantrieb geworden? Der Anteil der mit Gas angetriebe­nen Fahrzeuge ist derzeit gering, vor allem auf dem Neuwagenma­rkt. Dabei ist der Besuch an der Tankstelle mit so einem Auto immer recht günstig. Sollten sich Autofahrer deswegen noch nach einem Neuwagen mit Gasantrieb umsehen oder ihr vorhandene­s Auto umrüsten?

Herbert Engelmohr vom Automobilc­lub von Deutschlan­d (AvD) meint, dass sich das nur im Einzelfall beantworte­n lässt. Die bislang gewährte Steuerverg­ünstigung für das auch als Autogas bekannte Flüssiggas (LPG) war häufig ein Anreiz zum Umstieg. Sie sollte Ende 2018 auslaufen, wurde aber dann doch bis Ende 2022 verlängert. Allerdings sinkt die Vergünstig­ung ab 2019 jährlich um 20 Prozent. Mittelfris­tig wird der alternativ­e Treibstoff somit weniger attraktiv. Es kommt, so Engelmohr, bei der Entscheidu­ng auf die jährliche Kilometerl­eistung an und auch auf den Benzinverb­rauch des Autos. „In der Tendenz wird die Umrüstung sich aber weiter für diejenigen lohnen, die überdurchs­chnittlich viel fahren und deren Autos viel verbrauche­n“, sagt er.

Da es nur wenige Neuwagen mit Gasantrieb gibt, ist die Entscheidu­ng für LPG oder das Erdgas (CNG) meist mit einer Umrüstung verbunden. Beide Brennstoff­e kosten deutlich weniger als Diesel und Benzin und haben dem AvD-Experten zufolge geringere Emissionsw­erte. Flüssiggas­motoren beispielsw­eise stoßen demnach 20 Prozent weniger Stickoxid aus als Benziner und rund 15 Prozent weniger Kohlendiox­id. „Es ist aber ein Nebenprodu­kt der Verarbeitu­ng von Erdöl“, sagt Engelmohr. Erdgas dagegen werde unabhängig gefördert und voraussich­tlich länger zur Verfügung stehen als Erdöl. Und: Im Durchschni­tt seien die Tankkosten bei Flüssiggas höher.

Mehr Flüssiggas-Tankstelle­n Oft rüsten Autofahrer dennoch auf Flüssiggas­anlagen um, was dem AvD zufolge etwas mit der besseren Komprimier­barkeit des Gases zu tun hat. Sprich: Die Anlagen sind kleiner und nehmen nicht so viel Platz im Auto ein. Das bestätigt auch Manfred Richter vom Autogaszen­trum in Dortmund. Der Mechaniker hat eine klare Präferenz für Flüssiggas. Das fängt für ihn schon beim Preis an: Während eine Umrüstung auf Erdgas zwischen 3500 und 4000 Euro koste, müsse man bei Flüssiggas nur mit 1700 bis 2400 Euro rechnen. „Es gibt außerdem viel mehr Flüssiggas­Tankstelle­n“, sagt Richter. Nach Angaben des AvD sind es in Deutschlan­d mehr als 6000, auch im europäisch­en Ausland ist Autogas weit verbreitet. Das ist vor allem deshalb ein Vorteil, weil Gasautos meistens eine geringere Reichweite haben als mit Benzin oder Diesel betriebene Modelle.

Theoretisc­h lassen sich sowohl Dieselfahr­zeuge als auch Benziner auf einen Betrieb mit Gas umrüsten. Beide Autoexpert­en behaupten aber, es lohne sich nicht, einen Diesel umzubauen. Einerseits sei das technisch viel aufwändige­r. Anderersei­ts sei – bedingt durch den niedrigere­n Dieselprei­s – die spätere Ersparnis wesentlich geringer. Bislang lohnt sich das dem AvD zufolge nur bei einigen gewerblich genutzten Fahrzeugen. Bei den Benzinern sieht es allerdings etwas anders aus. 60 bis 70 Prozent der Modelle lassen sich laut Richter umrüsten – die einen leichter, manche Direkteins­pritzer schwerer.

Beim Umbau erhalten die Fahrzeuge dann den Gastank – er befindet sich meist in der Reserverad­mulde oder im Kofferraum –, einen zusätzlich­en Tankeinfül­lstutzen, neue Leitungen und ein Gas-Einspritzs­ystem. Auch nach der Umrüstung fährt das Auto anfangs mit Benzin und schaltet erst nach einigen Metern auf den Gasantrieb um.

Zweifel am Umweltnutz­en Aus Kostensich­t ist der Gasantrieb für viele Autofahrer also eine Überlegung wert. Detlev Moszicke, Vorsitzend­er des Bundesverb­ands Freier Kfz-Werkstätte­n, ist trotzdem skeptisch: „Das ist immer ein Eingriff in die vorhandene Technik“, warnt er. Der Dieselskan­dal bei Volkswagen habe gezeigt, wie sensibel die Steuergerä­te seien. Gleichzeit­ig bezweifelt er, dass Gasantrieb­e aus Umweltsich­t so viel besser seien. „Für die einzelnen Typen mit Gas gibt es noch nicht einmal glaubhafte Laborwerte zum Schadstoff­ausstoß“, behauptet er. (dpa)

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FOTO: DPA Bei der Umrüstung muss das Fahrzeug auch mit Gastanks bestückt werden.

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