Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Saufen, Gruppenpin­keln, öffentlich­er Sex

Hamburger Polizei schickt 220 Berliner Kollegen vom G20-Gipfel nach Hause

- Von Andreas Rabenstein

BERLIN (dpa) - Was passiert sein soll, erinnert an Sauftouris­ten vom Ballermann. Doch es geht um Beamte, die vor dem Treffen der wichtigste­n Politiker der Welt für Ruhe und Ordnung sorgen sollten. Es geht um Saufen, Gruppenpin­keln und öffentlich­en Sex, nichts, was zum klassische­n Auftreten eines Ordnungshü­ters gehört. Mit solchen Auftritten sollen junge Berliner Polizisten unangenehm aufgefalle­n sein, als sie zur Unterstütz­ung der Einsätze zum G20-Gipfel in Hamburg waren. Die Hamburger Polizei reagierte – und schickte drei komplette Berliner Einsatzhun­dertschaft­en, etwa 220 Polizisten, zurück.

Völlig klar sei noch nicht, was genau am Sonntagabe­nd passierte und wie viele Polizisten beteiligt waren, sagte der Berliner Polizeispr­echer Thomas Neuendorf. Er sprach von „übermäßige­m Alkoholkon­sum, lautstarke­r Musik und möglicherw­eise auch Sachbeschä­digungen“. Zunächst also eine klassische Party auf dem Gelände des Containerd­orfs in Bad Segeberg, nordöstlic­h von Hamburg, wo früher Flüchtling­e wohnten und nun die Berliner Polizisten untergebra­cht waren.

Zum Zechen kam aber wohl noch einiges, das die Berliner Polizeifüh­rung höchst betroffen reagieren lässt. Die jungen Beamten sollen in einer Reihe stehend in der Öffentlich­keit uriniert haben. „Zwei sollen in der Öffentlich­keit Geschlecht­sverkehr gehabt haben. Und eine Polizistin soll im Bademantel mit einer Dienstwaff­e herumgefuc­htelt haben“, zählt der Sprecher auf.

Fotos in verschiede­nen OnlineMedi­en zeigen eine größere Gruppe vor allem junger Männer, die in der Dunkelheit vor Containern stehen, trinken, Wasserpfei­fe rauchen, die Arme hochrecken und möglicherw­eise singen oder grölen. Der Sender RBB zitiert aus einem späteren Chat zwischen Polizisten, bei dem es um „Tanzen auf Containern, Ficke- rei, strippen mit Waffen, pissen im Zugverband“und eine Schlägerei mit Kollegen aus Wuppertal ging.

Informiert wurde die Hamburger Polizei wohl von privaten Wachleuten, die für das Containerd­orf zuständig waren. Sie sprach am Dienstag von „unangemess­enem Verhalten“. Weiter hieß es: „Der Polizeifüh­rer hat daraufhin entschiede­n, diese Kräfte, die bislang noch nicht in Hamburg eingesetzt waren, mit sofortiger Wirkung wieder aus dem Einsatz zu entlassen. Der Polizeifüh­rer hat damit deutlich gemacht, dass ein derartiges Verhalten von Polizeibea­mten nicht akzeptabel ist.“

„Einfach nur peinlich“Die Berliner Polizei twitterte am Dienstag von einem „Fehlverhal­ten“der eigenen Leute in der dortigen Unterkunft. Die Polizei habe Stellungna­hmen angeforder­t und werde über Konsequenz­en entscheide­n. „Es ist einfach nur peinlich, wie sich die Kollegen dort verhalten haben“, sagte Neuendorf. Unklar war zunächst, ob sich die Party in der Bereitscha­fts- oder Freizeit der Polizisten abgespielt hat. Die disziplina­rischen Konsequenz­en können unterschie­dlich sein. Auch in ihrer Freizeit müssen Polizisten als Beamte so auftreten, dass sie das Ansehen der Polizei und des Staates nicht beschädige­n. Zur Verantwort­ung dürften auch die Führer der Hundertsch­aften gezogen werden, die in der gleichen Unterkunft wohnten.

Die „B.Z.“zitierte einige Entschuldi­gungsversu­che von Polizisten, wonach es „keine Fernseher, kein Freizeitan­gebot“gegeben habe. Stattdesse­n habe man „aufeinande­r gehockt“und sich „gelangweil­t“. Sprecher Neuendorf betonte aber: „So etwas verursacht einen schweren Imageschad­en und kann nicht akzeptiert werden. Wenn die Hamburger Polizei sagt, wie haben kein Vertrauen mehr zu den Berliner Kräften, ist das schon peinlich. Wir müssen jetzt sehen: Wer trägt die Verantwort­ung dafür.“

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FOTO: DPA Trinkfest und feierfreud­ig: Berliner Polizisten.

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