Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Sterben ist schon teuer genug“
Gemeinderat beschließt zahlreiche weitere Sparmaßnahmen – trotz Gegenstimmen auch die Erhöhung der Grabgebühren
WEINGARTEN - Um den Haushalt zu konsolidieren und bis zum Jahr 2020 pro Haushaltsplan ein bis zwei Millionen Euro einzusparen, hat der Weingartener Gemeinderat in seiner Sitzung am Montag ein erstes Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht. Neben der Abschaffung der Klosterfestspiele (siehe separater Text) wurden einige wichtige Entscheidungen getroffen. Allein durch die Anpassung der Friedhofsgebühren will sich die Stadt pro Jahr 240 000 Euro sparen. Doch auch andere Posten kosten den Bürger künftig deutlich mehr Geld.
Gerade im Bereich der Verwaltungsgebühren geht es den Bürgern an den Geldbeutel. Allerdings betont die Stadtverwaltung, dass es dabei immer um individuelle Leistungen gehe, welche nicht noch von der Stadt gezahlt werden sollten. Konkret geht es dabei beispielsweise um Beglaubigungen, die Aufbewahrung von Fundsachen, Kosten für Baubescheide oder die Ausstellung von Waffen- oder Fischereischeinen. „Wer die Leistungen bestellt, soll auch die Kosten dafür tragen“, sagte Kämmerer Daniel Gallasch, der mit Einsparungen in Höhe von 48 000 Euro im Jahr rechnet.
Das gilt auch für Bürger, die bei der Stadt beziehungsweise deren Gutachterausschuss ein Gutachten in Auftrag geben. Konkret geht es dabei vor allem um die Schätzung von Immobilien. Dies war in den vergangenen Jahren ein absolutes Zuschussgeschäft. Die Stadt blieb auf 75 Prozent der Kosten sitzen. Außerdem unterbot sie damit private Anbieter um Weiten. Doch damit ist nun Schluss. Bis auf drei Enthaltungen wegen Befangenheit war sich der Gemeinderat einig: Man möchte sich dadurch 29 000 Euro pro Jahr sparen.
240 000 Euro Einsparpotenzial Ein Vielfaches dieser Summe dürfte die Anhebung der Friedhofs- beziehungsweise Grabgebühren bringen. Da diese aktuell nur zu 59 Prozent von den Hinterbliebenen gezahlt werden, muss die Stadt für die übrigen 41 Prozent aufkommen. Das macht einen Verlust von 200 000 Euro pro Jahr. Durch eine Neukalkulation – die in der Gemeinderatssitzung am 17. Juli eingebracht werden soll – könnten sogar Einsparmöglichkeiten von 240 000 Euro pro Jahr aufgezeigt werden. Allerdings müssen die Hinterbliebenen dann die kompletten Kosten übernehmen. Das wollte Barbara Baur von den Grünen und Unabhängigen nicht akzeptieren. „Ich werde die Entscheidung nicht mittragen. Sterben ist schon teuer genug“, sagte sie und stimmte dagegen – allerdings als Einzige.
Ohne Gegenstimmen wurde die Einstellung der Kunstkäufe der Kornhausgalerie angenommen. Bisher wurde den ausstellenden Künstlern ein Kunstwerk abgekauft, um den Künstler zu unterstützen und Vermögenswerte zu schaffen. Das soll jährlich 3000 Euro sparen. Einstimmig wurde auch entschieden, dass beim Stadtentwicklungsprogramm Step künftig nur bei der Planung, nicht aber bei der Umsetzung mitgearbeitet wird. So sollen 2500 Euro im Jahr eingespart werden. Hinzu kommt die Reduzierung des Budgets für Tourismuswerbung auf jährlich 10 000 Euro und die Gebührenerhöhung von Angeboten der Volkshochschule (VHS). Auch sollen bei der VHS Minigruppen geschaffen und die Preise für Kleingruppen angepasst werden. Durch die Veränderungen bei der VHS sollen jährlich 10 000 Euro gespart werden.
Gemeinderat wird digitaler Auch die Umstellung der Gemeinderatsvorlagen von Papier auf digital wurde rasch durchgewunken. Ab dem kommenden Jahr sollen die Gemeinderäte die Unterlagen digital auf ein Tablet bekommen. Durch die wegfallenden Druckkosten sollen 10 000 Euro pro Jahr gespart werden. Ein ähnlicher Ansatz wird bei der Zeitschrift „Mühlbach aktuell“von der Seniorenbegegnungsstätte „Haus am Mühlbach“verfolgt. Allerdings soll sie nicht digitalisiert werden. Vielmehr soll die Anzahl der gedruckten Exemplare gesenkt werden. Aktuell werden 1000 Exemplare gedruckt, die teilweise am Ende des Monats im Müll landen. Hier können bis zu 1800 Euro jährlich gespart werden.
In ähnlichen finanziellen Bereichen bewegt sich die Maßnahme zur Jugenddisco beim Welfenfest. 1500 Euro jährlich sollen eingespart wer- den, wenn die Organisation von Ehrenamtlichen, und nicht mehr wie bisher vom Team Jugendarbeit der Stadt übernommen wird. Besonders Mitglieder des Jugendgemeinderates wollen hierbei Verantwortung übernehmen. Schwerpunktmäßig mithilfe von Sponsoren und durch Getränkeverkäufe soll die Disco an Freitagund Samstagabend finanziert werden. Allerdings bürgt die Stadt mit maximal 2500 Euro.
Schließung der Sporthallen Doch gibt es auch einige Posten, bei denen noch unklar ist, wie viel Geld sie letztlich bringen. Die Gemeinderäte haben aber bereits ihre Zustimmung gegeben, folgende Themen zu prüfen: So soll in Gesprächen mit dem Weingartener Stadtmarketing geklärt werden, ob Zuschüsse und Bauhofsleistungen im Wert von 163 000 Euro gesenkt werden können. Außerdem soll die Stadtverwaltung prüfen, ob einige Sporthallen in den Ferien geschlossen werden können, um Wasser, Strom und Reinigungskosten einzusparen. „Wir werden aber sicher nicht alle Hallen schließen“, sagte Ewald.