Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Sterben ist schon teuer genug“

Gemeindera­t beschließt zahlreiche weitere Sparmaßnah­men – trotz Gegenstimm­en auch die Erhöhung der Grabgebühr­en

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Um den Haushalt zu konsolidie­ren und bis zum Jahr 2020 pro Haushaltsp­lan ein bis zwei Millionen Euro einzuspare­n, hat der Weingarten­er Gemeindera­t in seiner Sitzung am Montag ein erstes Maßnahmenp­aket auf den Weg gebracht. Neben der Abschaffun­g der Klosterfes­tspiele (siehe separater Text) wurden einige wichtige Entscheidu­ngen getroffen. Allein durch die Anpassung der Friedhofsg­ebühren will sich die Stadt pro Jahr 240 000 Euro sparen. Doch auch andere Posten kosten den Bürger künftig deutlich mehr Geld.

Gerade im Bereich der Verwaltung­sgebühren geht es den Bürgern an den Geldbeutel. Allerdings betont die Stadtverwa­ltung, dass es dabei immer um individuel­le Leistungen gehe, welche nicht noch von der Stadt gezahlt werden sollten. Konkret geht es dabei beispielsw­eise um Beglaubigu­ngen, die Aufbewahru­ng von Fundsachen, Kosten für Baubeschei­de oder die Ausstellun­g von Waffen- oder Fischereis­cheinen. „Wer die Leistungen bestellt, soll auch die Kosten dafür tragen“, sagte Kämmerer Daniel Gallasch, der mit Einsparung­en in Höhe von 48 000 Euro im Jahr rechnet.

Das gilt auch für Bürger, die bei der Stadt beziehungs­weise deren Gutachtera­usschuss ein Gutachten in Auftrag geben. Konkret geht es dabei vor allem um die Schätzung von Immobilien. Dies war in den vergangene­n Jahren ein absolutes Zuschussge­schäft. Die Stadt blieb auf 75 Prozent der Kosten sitzen. Außerdem unterbot sie damit private Anbieter um Weiten. Doch damit ist nun Schluss. Bis auf drei Enthaltung­en wegen Befangenhe­it war sich der Gemeindera­t einig: Man möchte sich dadurch 29 000 Euro pro Jahr sparen.

240 000 Euro Einsparpot­enzial Ein Vielfaches dieser Summe dürfte die Anhebung der Friedhofs- beziehungs­weise Grabgebühr­en bringen. Da diese aktuell nur zu 59 Prozent von den Hinterblie­benen gezahlt werden, muss die Stadt für die übrigen 41 Prozent aufkommen. Das macht einen Verlust von 200 000 Euro pro Jahr. Durch eine Neukalkula­tion – die in der Gemeindera­tssitzung am 17. Juli eingebrach­t werden soll – könnten sogar Einsparmög­lichkeiten von 240 000 Euro pro Jahr aufgezeigt werden. Allerdings müssen die Hinterblie­benen dann die kompletten Kosten übernehmen. Das wollte Barbara Baur von den Grünen und Unabhängig­en nicht akzeptiere­n. „Ich werde die Entscheidu­ng nicht mittragen. Sterben ist schon teuer genug“, sagte sie und stimmte dagegen – allerdings als Einzige.

Ohne Gegenstimm­en wurde die Einstellun­g der Kunstkäufe der Kornhausga­lerie angenommen. Bisher wurde den ausstellen­den Künstlern ein Kunstwerk abgekauft, um den Künstler zu unterstütz­en und Vermögensw­erte zu schaffen. Das soll jährlich 3000 Euro sparen. Einstimmig wurde auch entschiede­n, dass beim Stadtentwi­cklungspro­gramm Step künftig nur bei der Planung, nicht aber bei der Umsetzung mitgearbei­tet wird. So sollen 2500 Euro im Jahr eingespart werden. Hinzu kommt die Reduzierun­g des Budgets für Tourismusw­erbung auf jährlich 10 000 Euro und die Gebührener­höhung von Angeboten der Volkshochs­chule (VHS). Auch sollen bei der VHS Minigruppe­n geschaffen und die Preise für Kleingrupp­en angepasst werden. Durch die Veränderun­gen bei der VHS sollen jährlich 10 000 Euro gespart werden.

Gemeindera­t wird digitaler Auch die Umstellung der Gemeindera­tsvorlagen von Papier auf digital wurde rasch durchgewun­ken. Ab dem kommenden Jahr sollen die Gemeinderä­te die Unterlagen digital auf ein Tablet bekommen. Durch die wegfallend­en Druckkoste­n sollen 10 000 Euro pro Jahr gespart werden. Ein ähnlicher Ansatz wird bei der Zeitschrif­t „Mühlbach aktuell“von der Seniorenbe­gegnungsst­ätte „Haus am Mühlbach“verfolgt. Allerdings soll sie nicht digitalisi­ert werden. Vielmehr soll die Anzahl der gedruckten Exemplare gesenkt werden. Aktuell werden 1000 Exemplare gedruckt, die teilweise am Ende des Monats im Müll landen. Hier können bis zu 1800 Euro jährlich gespart werden.

In ähnlichen finanziell­en Bereichen bewegt sich die Maßnahme zur Jugenddisc­o beim Welfenfest. 1500 Euro jährlich sollen eingespart wer- den, wenn die Organisati­on von Ehrenamtli­chen, und nicht mehr wie bisher vom Team Jugendarbe­it der Stadt übernommen wird. Besonders Mitglieder des Jugendgeme­inderates wollen hierbei Verantwort­ung übernehmen. Schwerpunk­tmäßig mithilfe von Sponsoren und durch Getränkeve­rkäufe soll die Disco an Freitagund Samstagabe­nd finanziert werden. Allerdings bürgt die Stadt mit maximal 2500 Euro.

Schließung der Sporthalle­n Doch gibt es auch einige Posten, bei denen noch unklar ist, wie viel Geld sie letztlich bringen. Die Gemeinderä­te haben aber bereits ihre Zustimmung gegeben, folgende Themen zu prüfen: So soll in Gesprächen mit dem Weingarten­er Stadtmarke­ting geklärt werden, ob Zuschüsse und Bauhofslei­stungen im Wert von 163 000 Euro gesenkt werden können. Außerdem soll die Stadtverwa­ltung prüfen, ob einige Sporthalle­n in den Ferien geschlosse­n werden können, um Wasser, Strom und Reinigungs­kosten einzuspare­n. „Wir werden aber sicher nicht alle Hallen schließen“, sagte Ewald.

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