Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ehe-Krach in der Koalition verschärft sich

Seehofer schimpft über das Vorgehen der SPD – Unionspoli­tiker prüfen Klage

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BERLIN (dpa) - Unmittelba­r vor der geplanten Bundestags­entscheidu­ng über die Öffnung der Ehe für Homosexuel­le hat sich der Koalitions­streit darüber weiter zugespitzt. Eigentlich sei das ein Koalitions­bruch, sagte CSU-Chef Horst Seehofer über den Plan der SPD, heute eine Abstimmung im Bundestag durchzuset­zen – gegen den Willen des Koalitions­partners CDU/CSU. „Wären wir mitten in der Legislatur­periode, dann müsste man eigentlich Konsequenz­en ziehen“, sagte Seehofer. Er warnte, eine so wichtige Frage könne nicht im Hauruckver­fahren entschiede­n und im Parlament in einer Stunde „durchgepei­tscht werden“.

Der Bundestag muss heute, am letzten Sitzungsta­g der Legislatur­periode, zunächst darüber abstimmen, ob das Thema zusätzlich aufgerufen wird. Es könnte knapp werden: SPD, Linke und Grüne haben zusammen 320 Sitze – und damit nur wenige Mandate mehr als die Unions-Fraktion. Klar war schon am Donnerstag, dass mindestens ein SPD-Abgeordnet­er wegen Krankheit fehlt. Kommt das Thema auf die Tagesordnu­ng, dürfte eine Mehrheit sicher sein.

Der Streit über die „Ehe für alle“wäre damit aber nicht vorbei: Unions-Abgeordnet­e prüfen eine Klage vor dem Bundesverf­assungsger­icht. Auch Seehofer meldete Bedenken an, ob der Gesetzesbe­schluss verfassung­swidrig wäre: „Es gibt jedenfalls erhebliche Zweifel.“.

Die Zeitung „Lidove noviny“aus Tschechien schreibt am Donnerstag zur Debatte um die „Ehe für alle“in Deutschlan­d: „Probieren Sie diesen Test: Was ist das Schlüsselt­hema der Wahlkampag­ne in Deutschlan­d? Im Land des EU-Hegemons? In dem Land, von dessen Politik die Lösung der Migrations­krise abhängt? In dem Land, dessen Beziehung zu den USA das transatlan­tische Bündnis prägt? Die Antwort dürfte überrasche­n. Zumindest in der jetzigen Phase ist keines der Probleme ein großes Thema, sondern vielmehr die „Ehe für alle“, ein Euphemismu­s für die Ehe homosexuel­ler Paare. Die Nachricht der Woche in Deutschlan­d ist, dass die Kanzlerin ihre Haltung geändert hat: Von Ablehnung zur De-facto-Zustimmung. Das sagt weniger über Angela Merkels Ansichten zur Ehe aus als über ihren Regierungs­stil. Während Helmut Kohl ein Visionär war, der nicht immer beliebt war, führt Angela Merkel die Beliebthei­tswerte an, ihre politische­n Visionen oder Grundsätze sind aber biegsam.“

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