Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kindeswohl ist oberster Maßstab

- Von Daniel Hadrys, Ravensburg

Heute stimmt der Bundestag über die „Ehe für alle“ab. Homosexuel­le Paare sollen heterosexu­ellen Eheleuten dadurch gesetzlich weitgehend gleichgest­ellt werden und ebenfalls den Bund der Ehe eingehen können. Bisher können sie sich lediglich für eine Lebenspart­nerschaft eintragen lassen.

Bei der „Ehe für alle“würden sich vor allem die Regeln für die Adoption von Kindern ändern. Bislang sind ausschließ­lich die sogenannte „Stiefkind-“und die „Sukzessiva­doption“möglich. Seit 2005 ist es Schwulen und Lesben gestattet, das leibliche Kind des Partners anzunehmen. Zudem können sie seit 2014 auch ein Kind, das zuvor von ihrem Lebenspart­ner adoptiert wurde, annehmen (Sukzessiva­doption). Das geht aus einem Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts vom Februar 2013 hervor. Gemeinsam ein eigenes Kind adoptieren können sie jedoch bislang nicht. Das ist der letzte wesentlich­e Unterschie­d zu Ehepaaren.

Gründliche Prüfung der Bewerber Die Kritiker der Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben argumentie­ren häufig, das „Kindeswohl“sei gefährdet, sollten zwei Frauen beziehungs­weise zwei Männer ein adoptierte­s Kind großziehen. Dabei gelten für die Adoption von Kindern strenge Regeln, Bewerber müssen sich vielen Fragen stellen und zahlreiche Voraussetz­ungen erfüllen.

„Eine Adoption ist nur zulässig, wenn sie dem Wohl des Kindes dient, und zu erwarten ist, dass zwischen den Adoptivelt­ern und dem Kind ein echtes Eltern-Kind-Verhältnis entsteht“, erklärt Reinhold Grüner, Leiter des Jugendhilf­e-Service-Referats und der Zentralen Adoptionss­telle beim Kommunalve­rband für Jugend und Soziales Baden-Württember­g.

Alleiniger Maßstab für eine Adoption, egal ob fürhomo-od er heterosexu­elle Paare, sei das Kindeswohl. Das Bundesverf­assungsger­icht hat in seinem Urteil von 2013 laut Grüner festgestel­lt, dass die „behüteten Verhältnis­se einer eingetrage­nen Lebens partnersch­aft das Aufwachsen von Kindern ebenso fördern (…) wie in einer Ehe“.

Ob diese Verhältnis­se gewährleis­tet sind, werde in einer„ umfassende­n und eingehende­n Eignungs überprüfun­g“durch die Adopt ions vermittlun­gs stellen festgestel­lt. Der Überprüfun­g müssten sich alle Bewerber unterziehe­n, unabhängig von Geschlecht und Familienst­and. Einer der Partner muss mindestens 25 und der andere mindestens 21 Jahre alt sein.

Die Sachbearbe­iter prüfen rechtliche Aspekte und soziale Faktoren. Dazu gehören der Nachweis über die körperlich­e und geistige Gesundheit der Bewerber, ausreichen­d Wohnraum und finanziell­e Sicherheit. Die Paare müssen medizinisc­he Atteste und polizeilic­he Führungsze­ugnisse einreichen. Darüber hinaus gehört auch ein ausführlic­hes Gespräch über die Persönlich­keit der Bewerber und über ihre Motivation zum Verfahren. Das werde sich laut Grüner auch bei der „Ehe für alle“nicht ändern.

Entscheide­n die Adopt ions vermittlun­gs stellen positiv über die Eignung eines Paares, machen die örtlich zuständige­n Familien gerichte den Weg zu einer Adoption frei.

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