Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Schön bunt im Untergrund
Mit weiteren Graffitis tragen Realschüler zur Verschönerung der Unterführung beim Charlottenplatz bei
WEINGARTEN - Das Projekt „Art Attack – Graffiti am Charlottenplatz“schreitet voran. Nun hat auch die Klasse 9 c der Realschule Weingarten mit ihren Arbeiten zur Aufwertung der Unterführung an der AbtHyllerstraße ihren Beitrag geleistet. Das Projekt, 2014 gestartet, wurde vom Jugendgemeinderat mitinitiiert und nun im zweiten Teil mit Geldern aus dem Förderprogramm „Demokratie leben“finanziert.
Grüne Landschaften, lustige Gestalten, markante Schriftzüge – vorbei die Zeit, da Weingartens Unterführung beim Charlottenplatz ein unansehnlicher Ort war, den man möglichst schnell wieder verlassen wollte. Graffitikünstler aller Couleur haben aus grauer Tristesse ein inspirierendes Farbuniversum geschaffen, sodass sich der Aufenthalt in Weingartens Unterwelt allemal lohnt.
Seit 2014 ist die Umgestaltung im Gange. In mehreren Abschnitten griffen Profis und Nachwuchskünstler im Wechsel zur Spraydose. War im ersten Teil das Thema Weingarten dran, so setzt man jetzt auf popkulturelle Themen. Wie diese Woche die Klasse 9 c der Realschule Weingarten mit ihrer Lehrerin Tanja Neidhart und dem künstlerischen Leiter Leon Schmidt aus Dresden. Die 22 Schüler nahmen sich der Teilfläche vom nördlichen Treppenaufstieg Richtung Talschule bis zur Mittelkante der Unterführung an. Für das Thema „Weltraum“haben sie sich entschieden, was jedem einzelnen viel gestalterische Freiheit gibt. Da sind Außerirdische unterwegs zwischen Supernovas und allerhand Flugobjekten. Da wirft ein Riesenauge seinen Blick in die unendliche Schwärze des Alls. Da fliegen Traumwelten mit Kugeln und Drachen am Passanten vorbei, auf die sich jeder seinen eigenen Reim machen kann.
Der in Weingarten geborene Maler Leon Schmidt zeigte den Jugendlichen vorab die Grundtechniken der aus New York stammenden Kunst, die manche Zeitgenossen auch als Vandalismus betrachten, sofern sie illegal an Hauswände gesprüht wird. Nicht so im Falle der Unterführung am Charlottenplatz, wo die Fläche von der Stadt eigens für Graffitis ausgewiesen wurde.
Stolz auf eigenes Werk Und die 15-Jährigen genießen den Ausbruch aus regulärem Unterricht und Klassenzimmer. Mit Mundschutz, Spraydose und Pinsel machen sie sich ans Werk. Arianita schätzt die Chance zu kriegen, auf öffentliche Wände zu malen. Paul liebt die Freiheit, ohne Vorgaben loslegen und sich malerisch ausdrücken zu können. Und Julia wird angesichts des eigenen Werks künftig nicht ohne Stolz den Durchgang auf dem Weg zur Schule nehmen. Überhaupt komme viel positive Resonanz von den Passanten, so Sven Pahl von der kommunalen Jugendarbeit.
Noch gibt es freie Flächen. Sie werden in den kommenden Wochen und Monaten von weiteren Graffitikünstlern und Schulklassen gestaltet werden. Bis 2018 soll das Projekt, das aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben“derzeit finanziert wird, abgeschlossen sein. Wobei sich Sven Pahl wünscht, dass die Stadt jenseits von Projekten zwei bis drei Flächen freigibt für spontane Graffitimalereien passionierter Sprayer.