Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Verteidige­r zweifelt Beweiskraf­t von Indizien an

Berger Mordprozes­s: Ende der Anträge seitens des Angeklagte­n ist nicht abzusehen

- Von Anton Wassermann

RAVENSBURG - Mit einer Fülle neuer Anträge seitens des Angeklagte­n und seines Pflichtver­teidigers musste sich die Große Strafkamme­r des Landgerich­ts Ravensburg am gestrigen Prozesstag im Berger Mordprozes­s auseinande­rsetzen. Zweimal unterbrach der Vorsitzend­e Richter Jürgen Hutterer die Verhandlun­g, damit das Gericht alte Anträge beraten und der Verteidige­r angekündig­te neue Anträge ausformuli­eren konnte.

Sie zielten darauf ab, die Beweiskraf­t von Indizien zu erschütter­n, wonach der Angeklagte vor knapp einem Jahr seine getrennt von ihm lebende Ehefrau ermordet haben soll. Die Staatsanwa­ltschaft stützt sich in ihrer Mordanklag­e unter anderem darauf, dass bei der Getöteten unter drei Fingernäge­ln Hautpartik­el des Ehemanns gefunden wurden, obwohl dieser bereits im Februar 2016 aus dem gemeinsame­n Haus in Berg ausgezogen war. Solche Hautschupp­en müssten sich auch in Ritzen der Polstermöb­el befunden haben und noch befinden, erklärte der Anwalt. Daher sei es wahrschein­lich, dass sie unter die Fingernäge­l der Frau gelangten, als sie am Tag vor ihrem Tod die Polstermöb­el säuberte.

Der Staatsanwa­lt hält diese Annahme für ziemlich abwegig. Er misst auch einem weiteren Beweisantr­ag der Verteidigu­ng keine Aussagekra­ft zu. Hier ging es um die Frage, ob der Angeklagte im fraglichen Zeitraum von dem Hotel in Erding, in das er sich übers Wochenende mit seinen Kindern eingemiete­t hatte, nach Berg gefahren und gegen 6 Uhr wieder im Hotel eingetroff­en sein könnte.

Nach den Recherchen des Verteidige­rs hätte der Angeklagte mehr als sieben Stunden für die Hin- und Rückfahrt benötigt, zumal auf der A 96 zwischen Buchloe und München drei Baustellen mit einem Tempolimit von 60 Kilometern pro Stunde bestanden. Überwachun­gskameras in zwei Autobahntu­nnels haben zwar zu den fraglichen Zeitpunkte­n einen weißen Scoda Yeti aufgenomme­n, wie ihn der Angeklagte damals fuhr. Darauf waren aber die Autokennze­ichen nicht lesbar.

Keine Beweiskraf­t misst das Gericht mehreren Fotos bei, welche die Tochter des Angeklagte­n vom Hotelzimme­r aus aufgenomme­n hat. Darauf sind mehrere weiße Autos zu sehen, die auf dem Hotelparkp­latz standen. Der Angeklagte wollte anhand dieses Fotos nachweisen, dass sein Wagen in der Tatnacht nicht bewegt worden ist.

Abschließe­nd verlangte der Angeklagte eine Stimmenana­lyse der Tonbandauf­nahme, die er heimlich in dem Haus in Berg anfertigte. Davon verspricht er sich den Nachweis, dass zwischen seiner Frau und seinem Schwiegerv­ater ein sexuelles Verhältnis bestanden habe.

Die Verhandlun­g wird am Donnerstag, 13. Juli, um 9 Uhr fortgesetz­t.

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