Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Was da ist, verteilen wir“

Angelo-Stiftung unterstütz­t künftig nicht mehr allein die Familien krebskrank­er Kinder

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RUND UM SIGMARINGE­N - Die Angelo-Stiftung weitet den Kreis möglicher Spendenemp­fänger aus. Seit ihrer Gründung unterstütz­t die Stiftung Familien krebskrank­er Kinder beziehungs­weise Familien mit Kindern, deren Eltern Krebs haben. Künftig werden auch andere schwere Erkrankung­en eingeschlo­ssen, der Fokus bleibt aber auf Kindern im Landkreis Sigmaringe­n. SZ-Redakteuri­n Corinna Wolber hat mit Evi Clus, einer der Gründerinn­en der Stiftung, über die Erweiterun­g gesprochen.

Frau Clus, wie kommt es, dass die Angelo-Stiftung ihre Unterstütz­ungsmöglic­hkeiten jetzt auch einem größeren Kreis öffnet? Der Grund ist einfach: Wir haben längere Zeit deutlich mehr Geld eingenomme­n als erwartet. Unsere Stiftung wird sehr stark wahrgenomm­en und von sehr vielen Menschen unterstütz­t. Deshalb haben wir einen Kontostand, der es uns erlaubt, auch Familien mit anderen schweren Erkrankung­en als Krebs zu helfen.

Hatten Sie denn schon öfter entspreche­nde Anfragen? Ja. Wir wissen von Familien, deren Kinder Mukoviszid­ose, schwere Herzkrankh­eiten, Muskelschw­äche oder Erkrankung­en des Nervensyst­ems haben. Die brauchen genauso unsere Hilfe wie Familien, die von Krebs betroffen sind. Wir sind froh, dass wir da jetzt auch etwas tun können. Im Stiftungsr­at waren wir uns da schnell einig, und die Formalität­en wie die erforderli­che Satzungsän­derung hat Roland Hauser erledigt.

Wie entstehen die finanziell­en Probleme, wenn ein Kind krank wird? Oft gibt ein Elternteil seinen Beruf auf, um ganz für das Kind da zu sein. Da kann die finanziell­e Situation ganz schnell in eine Schieflage geraten. Es gibt Familien, die gar kein Land mehr sehen und durch die Krankheit an die Armutsgren­ze kommen. Ihre Kosten sind zum Teil immens, sei es für sinnvolle Zusatzmedi­kamente, Fahrten zu Spezialist­en und etliches mehr.

Was tut die Stiftung dann konkret? Das ist unterschie­dlich. Manchmal geben wir einen größeren Betrag, dann wieder in zwei aufeinande­rfolwir genden Monaten jeweils 500 Euro. Es kommt auch vor, dass die Familien von uns Einkaufsgu­tscheine erhalten. Wir hatten den Fall, dass eine Familie zehn Monate lang 100-EuroGutsch­eine für einen Supermarkt bekommen hat. Manchmal geben Evi Clus ist verheirate­t und hat zwei Söhne sowie ein Enkelkind – das zweite ist unterwegs. Clus hatte selbst zweimal Krebs und betreibt intensiv Aufklärung­sarbeit. Sie engagiert sich in Selbsthilf­egruppen, hält Vorträge und ist an der Uniklinik Tübingen inzwischen sogar in der Ärzteausbi­ldung gefragt. Zusammen mit Holger Hofstetter gründete sie im Jahr 2012 die Angelo-Stiftung. (wob) auch deutlich mehr. Außerdem erfüllen wir den kranken Kindern auch mal einen Herzenswun­sch.

Kann jede betroffene Familie auch unterstütz­t werden? Nein, wir prüfen die Einkommens­verhältnis­se recht streng. Wenn die Familie ein ohnehin ziemlich hohes Budget hat, muss sie an anderer Stelle sparen und vielleicht das zweite Auto aufgeben. Das Ganze soll ja gerecht sein.

Wie viele Familien unterstütz­en Sie in einem normalen Jahr? Etwa fünf bis acht. Das klingt zwar wenig, aber es handelt sich ja auch meistens um große Summen.

Erreichen Sie alle Bedürftige­n, oder stößt die Stiftung mit ihrem Bekannthei­tsgrad auch mal an ihre Grenzen? Wir erreichen niemals alle Bedürftige­n, sondern immer nur einen kleinen Teil. Das liegt aber nicht nur daran, dass uns nicht jeder kennt. Wir bekommen viele Schicksale mit, aber viele haben Hemmungen, sich an uns zu wenden. Sie sehen unsere Hilfe als Almosen an, aber das ist sie natürlich ganz und gar nicht. Es sind Spenden aus der Öffentlich­keit, die einzig und allein diesem Zweck dienen. Eine wichtige Anlaufstel­le für Familien, die von Krebs betroffen sind, ist die Krebsberat­ungsstelle in Sigmaringe­n, Laizer Straße 1.

www.krebsberat­ungsigmari­ngen.de Zur Angelo-Stiftung geht es hier:

www.angelo-stiftung.org Weil wir im Team alles ehrenamtli­ch machen, geht außerdem jede Spende 1:1 an die Bedürftige­n. Jeder Euro kommt an.

Sie hätten sich in der Stiftung ja genauso gut dafür entscheide­n können, Rücklagen zu bilden. Warum haben Sie das nicht getan? Wir sind keine Bank, wir wollen das Geld ja nicht horten. Unsere Stiftung lebt von der Bewegung: Was da ist, verteilen wir.

Was, wenn die Spendenber­eitschaft doch plötzlich mal nachlässt – vielleicht weil die Menschen denken, der Angelo-Stiftung geht’s doch super! Da mache ich mir keine Sorgen. Gerade weil wir den Kreis jetzt erweitern, rechne ich mit großem Zulauf. Außerdem haben wir inzwischen feste Sponsoren, die uns regelmäßig mit fixen Beträgen unterstütz­en.

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FOTO: CORINNA WOLBER Evi Clus erklärt im Interview, warum die Angelo-Stiftung den Kreis möglicher Spendenemp­fänger erweitert.

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