Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kultur leben

- Von Michael Borrasch

icht nur Kunstliebh­aber können der neuen Ausstellun­g „We love Animals“im Kunstmuseu­m Ravensburg etwas abgewinnen. Freude an der Darstellun­g von Tieren macht ja nicht an einer Museumstür halt. Die Schau zur Beziehung von Mensch und Tier hält einige wirkliche Knüller parat. Wenigstens einer soll hier empfohlen werden: die drei Skulpturen von Deborah Sengl im Obergescho­ss! Die haben es in sich. Auf den ersten Blick sehen wir drei putzig bekleidete Fellwesen: Wiesel, Fuchs und Nerz posieren auf einem Podest mitten im Saal. Aufgehübsc­ht in Abendgarde­robe stehen sie auf zwei Beinen, fertig zum Ausgang. Wollen sie eine Kunstverni­ssage besuchen? Ein genauerer Blick aus der Nähe erwischt uns kalt. Die Tierpräpar­ate tragen über ihrem Fell menschlich­e Körperteil­e: ein Mantel aus Haut, ein Kragen aus Finger, die Handtasche der Nerzfrau eine Brustwarze, die Fuchsstola aus ganzen Unterarmen. Sengl ertappt uns, die gewohnten Verhältnis­se kehren sich ins Gegenteil. Nicht das Fell ziert die Dame. Indem die uns scheinbar unterlegen­en Tiere Schmuck und Kleidung aus menschlich­en Gliedmaßen zum Aufputz verwenden (keine Sorge, ist alles aus Wachs), wird die Kritik der Künstlerin eindeutig. Ein Spaß, der im Halse stecken bleibt. Die drei Arbeiten aus der Serie „Killed to be dressed“zählen ganz klar zur Kategorie: „Unbedingt ansehen“. Um eine andere Form von Solidaritä­t geht es im aktuellen Film des finnischen Regisseurs Aki Kaurismäki. In „Die andere Seite der Hoffnung“erzählt er eine Geschichte zweier Straucheln­der, die sich wie durch ein Wunder zusammen tun. Ein junger Syrer kommt als blinder Passagier auf Asylsuche nach Helsinki. Er trifft auf einen ehemaligen Verkäufer von Männerhemd­en und Krawatten, der seinen frustriere­nden Job an den Nagel hing, um neu anzufangen. Er übernimmt ein runtergeko­mmenes Restaurant, setzt alles auf eine Karte. Eines Tages findet er Khaled, den Syrer, im Hof hinter der Küche. Sieht er sich selbst in diesem ramponiert­en Mann? Khaled kann als Tellerwäsc­her bei ihm anfangen. Das Filmende bleibt offen, geht es ins Leben zurück oder auf den Friedhof? Die Filminitia­tive „Weisse Wand“zeigt den Film heute und morgen um 20.15 Uhr im Lichtspiel­haus Sohler in Wangen. Zuviel der Empathie? Dann vielleicht am kommenden Wochenende ab nach Ulm zum „Big Rhythm Rumble“mit viel Rockabilly, Country, Honky Tonk. Wer schon immer mal eine Rockabilly­band aus Polen hören wollte, kann das am Freitag, 7. Juli, im Roxy: „The Real Gone Tones“spielen auf. Oder man pilgert Samstag zu Annita & The Starbomber­s, der europäisch­en Queen des CountryRoc­kabilly. Dazu DJs, Tanzworksh­ops, Vintage-Flohmarkt. Spaß pur hoffentlic­h, Gesellscha­ftskritik bleibt vor der Tür. Muss ja nicht immer sein. Aber die Tiere von Deborah Sengl, die müssen Sie anschauen.

borrasch@gmx.de

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