Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Jede Menge Kunst, Kunsthandwerk und Kunstgewerbe
Bei der 12. Kunst- und Museumsnacht konnten die Besucher kaum sämtliche 24 Stationen schaffen
WEINGARTEN (dls) - Wieder mal fand alles zugleich statt: die 12. Weingartener Kunst- und Museumsnacht und verkaufsoffener Supersamstag Variété, dazu Musik von verschiedenen Gruppen auf den Straßen und Plätzen. Eins reicht wohl nicht, denn „Weingarten ist mehr“, mag sich der Besucher sagen, wenn ihm in einem opulenten Flyer 24 Ziele zwischen 18 und 24 Uhr angeboten werden. Aber es ist ja fast alles bequem zu Fuß erreichbar.
Überall sind Leute unterwegs, und schnell herrscht drangvolle Enge in den meist kleinen Ateliers oder Läden. Aber das Wetter spielt fast bis zum Ende mit, so kann jeder flanieren, wie er will und zwischen drinnen und draußen pendeln. Nach ein paar Eindrücken im Finanzamt und im Amtshaus, in der Karlstraße beim Fotografenpaar Köberle-Woblick, in der Galerie Holdenried und in der Goldschmiede Schieferdecker mit Arbeiten von Carmen Bihler zieht das groß annoncierte „Desiderata Project“im Kunstkabinett Annette Stacheder so viele Gäste an, dass sie die beiden kleinen Räume des Ateliers fast sprengen.
Der seit 90 Jahren kursierende so genannte Desiderata-Text des Deutsch-Amerikaners Max Ehrmann und seine Lesung durch verschiedenste Leute aus Weingarten und Umgebung mit oder ohne Migrationshintergrund oder Akzent, die alle etwas „für die Kultur“tun, soll die interkulturelle Kommunikation fördern. Dies wird wortreich und flüssig erklärt von Datentechniker Timmo Strohm und untermalt mit Klassik vom Cellisten Bernd Winkler. Die Musik klingt gut, die Erläuterungen wirken etwas bemüht, mal sehen, wie sich das Projekt entwickelt.
Malerinnen wie Ann-Kathrin Durach oder Anne Claire SchroederRose gehen die Kommunikation mit dem Betrachter direkter an, mit lauten Farbkontrasten, drängend pastosem Material oder plakativer Motivwelt. Zurückhaltender wirken die Collagen und Objekte von Elke Häusler oder einige Gemälde von Annette Schmucker. Spannungsvolle Naturnähe in verhaltener Abstraktion äußert sich dagegen bei Alexander Habisreutingers Holzobjekten in der Kornhausgalerie.
Nach so viel Unterschiedlichem in Größe und Tiefe tut ein wenig Musik in der Evangelischen Stadtkirche gut, wo das „ensemble petite reprise“– Renate und Michel Marpert (Cembalo und Cello), Katja Verdi (Blockflöte), Dorothea Mertens (Sopran) – ein Barockkonzert mit Kantaten und alter Kammermusik spielt, moderiert von Pfarrer Stephan Günzler. Aber um bis zum Teil drei mit Tele- mann und Vivaldi zu kommen, reicht leider die Zeit nicht – etwas zu üppig ist das Programm. In der Nähe kann man in die nach Obstholz duftende, mit Handwerkszeug angefüllte, winzige Werkstatt der Holzmanufaktur Schwerzi hinein riechen und landet dann im Farbraum „Agil“mit frischen Malereien, angeregt von japanischen Motiven. Das hat teilweise eine ganz ursprüngliche Kraft, diese Arbeiten von Menschen mit oder ohne Behinderung. Im Raum der Hospizbewegung ziehen ein paar interessante Zeichnungen aus der Oberstufe des Gymnasiums den Blick auf sich.
Etwas über die Hälfte „geschafft“, die Band im Schlössle verpasst und manches nur mit einem halben Auge und Ohr mitgekriegt. Mal sehen, ob am Krankenhaus noch was los ist, aber da ist es gegen elf Uhr – inzwischen regnet es – schon sehr düster, und die Parkplatzschranke geschlossen. Also auf ein anderes Mal, schließlich ist die neu eröffnete Bilderausstellung von Elke SticklerJackwirth im Obergeschoss zu den üblichen Besuchszeiten immer zugänglich.