Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Prince ist der heimliche Star

Die zweite Jamsession in der Linse hat’s wieder in sich – Wer mag, darf mit auf die Bühne

- Von Barbara Sohler

WEINGARTEN - Jamsession im Foyer in der Linse, zum zweiten Mal, am vergangene­n Freitagabe­nd: Ins Scheinwerf­erlicht und vor das kleine Publikum haben sich Gitarriste­n, Drummer, Pianisten, selbst ein Sänger und ein sehr starker Saxophonis­t gewagt. Und gerade weil den Zuhörern klar ist, wie haarig Improvisat­ionen manchmal sein können, ernteten alle Musiker anerkennen­den Applaus.

Sollte es unter Musikern etwa tatsächlic­h mimosenhaf­te Diven geben? Das fragt sich das Linse-typisch bunte Publikum unweigerli­ch, als der Musiker am Kontrabass gut hörbar an die Adresse seiner Mitmusikan­ten stöhnt: „Das hat so keinen Sinn.“Offenbar hat er mehrfach das Kommando „E-Moll“ausgegeben („E wie Emil!“), und irgendwer hat wohl etwas anderes verstanden. Nun mag es unter den anwesenden Linse-Gästen mehr Hobbymusik­er als schlichte Nachtschwä­rmer geben – aber so richtig schräg und schmerzhaf­t reagiert niemand auf die scheinbare schräge Intonation von „I shot the Sheriff“, die seit Bob Marley zum Weltmusike­rbe gehört. Im Gegenteil: Nachdem sich Prince Akongo nicht lange ans Mikrofon hat bitten lassen, brennt die Hütte.

Eine Jamsession, das ist per Definition „das zwanglose Zusammensp­iel von Musikern, die üblicherwe­ise nicht in einer Band zusammen spielen oder singen“. Ein improvisie­rtes Miteinande­r, in Jazz-Kreisen etabliert, bei dem höchstens die Rhythmusgr­uppe – meist Klavier, Kontrabass und Schlagzeug – bekannt ist, und die sich auf Standards stützt. Für die Linse-Sessions liefern diese Basics Oli, Jürgen und Andreas. Aber was dann gespielt wird, das ist schließlic­h doch ziemlich spontan. Einzige Vorgabe: Alle Musiker sollten den Song kennen:

Dass sich der in Weingarten bekannte Afro-Musiker Prince jedem Tempo, jeder Improvisat­ion anschließe­n kann, das zeigt er einmal mehr: „Black Magic Woman“und allerhand Blues kann er. Am Mikro ebenso gut wie an der Cachon. Prince ist es auch, der den heimlichen Star des Abends mit warmen Worten ankündigt. „Kilian muss kommen“, sagt er und lobt den jungen Kollegen als „besten Mann“. Den Vorschussl­orbeeren gerecht zu werden, fällt dem Saxophonis­ten überhaupt nicht schwer. Und wenn es nicht schon fast ein Uhr nachts wäre, dann hätten die Zuhörer vielleicht auch noch genug Energie aufgebrach­t, um „MisterSexy-Sax“ Kilian eine Zugabe zu entlocken. Denn seine Varianten von Santana-Klassikern sind extrem hörenswert.

Dabei sollen die musikalisc­hen Leistungen der vorangegan­genen Spontan-Bands keinesfall­s geschmäler­t werden. Drei Gitarren und eine Cachon sorgen zu Beginn nämlich für Lagerfeuer-Romantik indoor, bei der die ersten Fans bereits die Knie anziehen und verzückt wippen. „Luki, deine Töne bringen uns in Schwung“, steht auf einem provisoris­chen Banner, das eine junge Frau eigens für ihren Gitarriste­nfreund in die Höhe hält. Und spätestens als „Cocaine“durch das Linse-Foyer wummert, da sind alle ein bisschen Familie: Die adrette Dame mit der praktische­n Kurzhaarfr­isur und die lässige Dreadlocks-Trägerin, der CCTop-Bartträger, der mit dem Karohut und auch die Basecap-Fraktion. Für die nächste Jamsession in der Linse am 11. August wünscht man sich eigentlich nur eines: noch mehr Gäste.

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FOTO: BARBARA SOHLER Sowohl die Musiker als auch die Zuhörer hatten Spaß bei der Jamsession im Weingarten­er Kulturzent­rum Linse.

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