Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Lametta für die Boygroup
Lars Stindl schießt die junge DFB-Elf zum Sieg beim Confed Cup – 1:0 gegen Chile
ST. PETERSBURG (fil/SID/dpa) - Ohne Druck gewinnt es sich am schönsten. Die deutsche Nationalmannschaft hat drei Jahre nach dem WMTriumph von Rio de Janeiro auch den Confed Cup in Russland gewonnen. 1:0 (1:0) siegte die junge Nationalmannschaft von Bundestrainer Joachim Löw gegen Chile – und tanzte hinterher ausgelassen durchs Stadion. Jung ist wirklich so gemeint: mit einem Durchschnittsalter von 24 Jahren und 244 Tagen zu Beginn war Löws Elf keine zwei Jahre älter als die am Freitag siegreiche U21-Nationalmannschaft bei der EM in Polen. Löw dürfte nun in den kommenden Monaten ganz schön viele Luxusprobleme haben angesichts der Vielzahl an Spielern, die unbedingt Teil des nächsten, des weitaus wichtigeren russischen Abenteuers werden wollen.
„Unglaublich. Dafür, dass der Confederations Cup anfangs belächelt wurde, war ganz schön viel Feuer im Finale“, sagte der zum besten Spieler des Turniers gewählte Julian Draxler, einer von nur drei Weltmeistern in der Startelf. „Viel Spaß beim Feiern“, wünschte der daheimgebliebene Weltmeister Thomas Müller via Twitter. „Das ist eine absolute Freude. Wir haben drei Wochen lang eine unglaubliche Leistung gezeigt und auch heute um jeden Meter gekämpft. Die Jungs haben das großartig gemacht, ich bin unglaublich stolz auf sie. So ein Finale hat etwas Magisches“, sagte Löw.
Zunächst einmal aber musste seine junge Elf durch ein 95-minütiges Stahlbad. Die erfahrenen Chilenen – im Schnitt waren die selbsternannten „Krieger“über 30 Jahre alt – liefen am Anfang Löws jungen Wilden ein ums andere Mal davon. In der fünften Minute musste Torhüter Marc-André ter Stegen mit dem Fuß gegen Bayerns Arturo Vidal retten. Auch in der Folge blieb Chile das dominierende Team, bis zu fünf Spieler attackierten die Deutschen weit in ihrer Hälfte. Die Spielanlage der Südamerikaner, immerhin als Favoriten ins Turnier gegangen, wirkte nicht nur aggressiver, sondern auch frischer und reifer.
Doch plötzlich pressten die Deutschen. Timo Werner und Lars Stindl rannten plötzlich gemeinsam Marcelo Diaz am Rande des Strafraums an. Plötzlich verlor Diaz, der frühere Hamburger, den Ball. Plötzlich schob Werner ihn gemütlich zu Stindl, plötzlich schon der ihn noch gemütlicher ins Tor. Das 1:0 in der 20. Minute war zu diesem Zeitpunkt womöglich die unverdienteste Führung der Welt. Aber Effektivität gehört immer noch zu den Elementartugenden des Fußballs.
Am Ende wurde es ruppig Ab der 35. Minute entdeckte die DFBBoyband dann auch noch das schnelle Umschaltspiel und Angriffe wie Peitschenhiebe als ihre Tugenden der Wahl für diese Partie. Werner wurde der Ball noch vom Fuß gespitzelt (38.), Draxlers Schuss aus 18 Metern ging knapp neben dem Tor ins Toraus, Bravo entschärfte per Glanzparade Goretzkas Schuss aus wenigen Metern (45.). Die Entwicklung der DFB-Elf in dieser ersten Halbzeit war ähnlich atemberaubend wie die Entwicklung in den letzten paar Wochen.
In der zweiten Halbzeit flachte das Niveau dann zumindest spielerisch ein wenig ab, ehe das Finale richtig hitzig würde. Vidal, stets zur Stelle, wenn irgendwo ein Raufer benötigt wird, und Kimmich, die beiden Kameraden vom FC Bayern, gerieten aneinander. Der Schiedsrichter beließ es bei Gelb für beide. Gonzalo Jara rammte seinen Ellenbogen gegen Werners Kopf, ebenfalls Gelb, nach Videostudium. Die Deutschen wirkten beeindruckt, Chile übernahm wieder das Kommando der nunmehr zerfahrenen Partie. „In der zweiten Halbzeit war es ein hartes und hektisches Spiel, die Chilenen sind keine Kinder von Traurigkeit, aber die Spieler haben sich da reingeworfen“, so Löw. „Es war ein hart erkämpfter Sieg. Gerade die zweite Halbzeit. Da wurde nicht mehr viel Fußball gespielt, sondern nur noch gekämpft“, sagte Werner.
Am Ende entdeckten auch die Deutschen die Vorzüge des robusten Spiels. Emre Can wollte nach einem Zweikampf den Ball nicht mehr zurückgeben, fing sich dafür ein paar Rempler und Gelb ein (89.). Sebastian Rudy ließ seinen künftigen Mannschaftskollegen Vidal über das gestreckte Bein fallen – Gelb. Doch da lief schon die Nachspielzeit. Ter Stegen wehrte noch einmal ab. Nach 95 Minuten hatte das Rempeln und Rumpeln ein Ende, Deutschland war Confed-Cup-Sieger. Und tanzte.
Chile: Bravo – Isla, Medel, Jara, Beausejour– Díaz (ab 53. Valencia) – Aránguiz (81. Sagal), Hernández – Vidal– Vargas (81. Puch), Sánchez. – Deutschland: ter Stegen– Ginter, Mustafi, Rüdiger – Kimmich, Goretzka (90.+1 Süle), Rudy, Hector – Stindl, Draxler – Werner (79. Can). – Tor: 0:1 Stindl (20.). – Zuschauer: 57 268 (ausverkauft).