Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Masken sagen mehr als Worte
Companie Paradox feiert Premiere mit „Vielen Dank für die Blume“
RAVENSBURG - Eine Maske schöner und ausdrucksstärker als die andere hat am Dienstagabend im Theater Ravensburg viel Bewunderung unter den Zuschauern hervorgerufen. Die Theatergruppe Companie Paradox Ravensburg feierte mit ihrem neuen Stück „Vielen Dank für die Blume. Die hei(k)le Welt des Schlagers“Premiere. Elf Schauspieler aus den Werkstätten, vom ZfP Südwürttemberg und GpZ, sowie Bürger aus dem Raum Ravensburg agierten auf der Bühne – ohne Worte, aber mit umso mehr Mimik.
Ein Jahr Proben stecke in der Inszenierung, die einen heiteren und kritischen Blick auf die Welt des Schlagers werfe, wandte Ana Schlaegel sich vor Spielbeginn an das Publikum. Sie hat diese neue Produktion mit Jürgen Frick realisiert. Ihr Bühnenbild kommt mit einem Sortiment verschieden großer Kisten aus, die mal Pult, mal Sitzgelegenheit, mal Bett und gleich zu Beginn Bankomat sind. Zwei Bühnenarbeiter – sie und er, die sich lieben – rücken die Kisten für die wechselnden Szenen zurecht.
Dem Schlager zu Leibe rücken „Ein Bett im Kornfeld“schallt es aus den Boxen. „Wie romantisch!“, schwärmt er. „Was ist daran romantisch. Ein Clochard, der kein Geld für ein Bett hat!“, kontert sie. Auf dem Konto das Komma immer zu weit links – da hat man bei den Mädels kaum Chancen, bringt die Companie tanzend und sehr humoresk als Auftakt. Hierbei geben sich ihre Masken und Kostüme höchst vielfältig. Jedes Gesicht verkörpert etwas Besonderes, das ohne ein Wort Bände spricht. Fratzenhaft sehen sie aus, um so menschliche Mimiken zu überspitzen. Da wäre die Suche nach der Überfrau – schick, aber nicht zu dick, schön solide, nicht zu müde, keine Laster und viel Zaster. Eben ein Engel muss es sein, den sich der schwarze Lockenkopf mit gekrümmter Riesennase beim Vermittler mit Igelschnitt und großen leeren Augenhöhlen bestellt. „Anneliese, ach Anneliese, warum bist du böse auf mich?“, sang einst Peter Alexander. Sitzen gelassen hat sie ihn, der die Blumen wütend in den Fluss wirft. Die Schlagerwelt ist alles andere als heil, wenn sie ihren Bauer ins Heu schickt und sich währenddessen einen anderen anlacht. Den Darstellern ist der Spaß an der Maskerade deutlich anzumerken. Sie verkörpern von der knittrigen Alten mit Gehstock, düster dreinblickenden Zockerkumpanen zum flotten „Kriminal-Tango“bis hin zur „Mimi“, die ohne ihren Krimi nie zu Bett geht, ein skurriles Figurenkabinett.
Die Liebe ist nicht immer nett Zwischen den Szenen während der Umbauten philosophiert das Paar über die Liebe. Die nicht immer nett ist, wenn er es satt hat, Dicker genannt zu werden. Die Gummibärchen, Marshmallows und Schokoladen an ihm vorbeiwandern und das doch nichts ändert. Die Companie verulkt den Schlager und zeigt zugleich, wie ironisch viele der einstigen Textzeilen gemeint sind. Nicht nur im „Kleinen grünen Kaktus“, mit dem man die Nebenbuhlerin ausstechen kann. Auch Udo Jürgens’ Lied über den Arbeiter, der gefeuert wird, weil er zu alt ist und seine Kumpels sich über ihn mokieren, geht zu Herzen. Mit „Amadeus“rocken sie die Bühne in einer fulminanten Szene aus laut dröhnendem Ghettoblaster und einsamem Straßenmusiker, der am Ende leer ausgeht. „Liebe ist still und unter der Oberfläche“, kommen die beiden Bühnenarbeiter überein. Doch „das Böse ist immer und überall“. Auch, wenn die Oma aus Mitleid dem Bankräuber eine Note zusteckt und der nichts Besseres weiß, als es anzulegen. Ganz schön verzwickt, diese Inszenierung.