Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Das Lied der Lebensfreu­de

Das Anfang der 50er Jahre entstanden­e Gesangsstü­ck ist fast in Vergessenh­eit geraten

- Von Markus Reppner

WEINGARTEN – Kränzel im Haar. Moment! Müsste es nicht eigentlich „Kränlze“heißen? Denn „Kränzel“ist definitiv nicht schwäbisch, sondern bayrisch. Was der Texter Josef Schweikert sich dabei gedacht hat oder ob es sich um einen Buchstaben­dreher in der Überliefer­ung handelt, ist kaum mehr nachzuvoll­ziehen. Schweikert jedenfalls gehörte zu den prägendste­n Persönlich­keiten in Weingarten­s Nachkriegs­zeit, wie der Heimatfors­cher Jürgen Hohl weiß, der auch den Text für das Narrenlied schrieb.

Der Weingarten­er Komponist Franz Beyer, der insbesonde­re durch seine Neuausgabe von Wolfgang Amadeus Mozarts Requiem KV 626 bekannt und die wegen ihres behutsamen und respektvol­len Umgangs mit der überliefer­ten Fassung von Franz Xaver Süßmayr inzwischen internatio­nal anerkannt ist, arrangiert­e die Musik. Auf die eher ruhigen VersPassag­en in langsamen Satz folgt ein kräftig-bombastisc­her Refrain-Auftakt. „Das war immer toll als Kind“, erinnert sich Hohl. „Auf das hat man gewartet, da konnten wir richtig loslegen.“

Allerdings ist das „Kränzel im Haar“mittlerwei­le in Vergessenh­eit geraten. Bis in die 70er Jahre hinein sangen es die Kinder mit „Weingarten mein“. Warum das heute nicht Das Kränzel im Haar, den Strauß an der Brust, die Herzen erfüllt von stürmische­r Lust, beginnen wir Kinder den fröhlichen Tag und laden zum Fest, wer sich freuen mag!

So ist’s am Schülertag, so ist’s nur heut! Heut schweigen Müh’ und Plag, heut herrscht nur Freud!

Der Himmel so blau, der Rasen so mehr so ist, hat scheinbar einen einfachen Grund: Es ist einfach nicht mehr weitergetr­agen worden. „Das ist schade“, bedauert Hohl. „Denn es ist irgendwo doch Tradition.“

Eine Tradition die Anfang der 50er Jahre beginnt, als es mit Deutschlan­d nach der den schweren Jahren der Nachkriegs­zeit wirtschaft­lich bergauf geht. Der Titel grün, wir schreiten im Reigen darüber hin. Die Stunden entfliehen bei fröhlichem Spiel und Lieder erschallen aus buntem Gewühl!

So ist’s am Schülertag, so ist’s nur heut! Heut schweigen Müh’ und Plag, heut herrscht nur Freud! Text von Josef Schweikert, Weingarten/Kompositio­n Franz Beyer, Weingarten dürfte auf die Kleider und den Haarschmuc­k der damaligen Mädchen zurückgehe­n, wie man auf Fotografie­n erkennen kann. Das Lied drückt die Lebensfreu­de derjenigen aus, die den Krieg überlebt haben und für die nun bessere Zeiten anstanden. Es sollte eine Zweitwende markieren. Ob die „Premiere“des „Kränzel“beim Kinder- und Heimatfest 1951 oder ein Jahr später war, daran kann sich Jürgen Hohl nicht mehr genau erinnern. Eines allerdings weiß es sicher: „Ich habe es voll Inbrunst gesungen.“Ob in Ravensburg wie mancher Weingarten­er es behauptet statt „So ist’s am Schülertag“nur „So ist’s am schönen Tag“gesungen wird, dafür gibt es ebenfalls keinen Beleg.

Erinnern Sie sich an das „Kränzel im Haar“? Was wissen Sie über das Lied? Welcher Text ist Ihnen geläufig? Schreiben Sie uns eine E-Mail an: redaktion.ravensburg@schwaebisc­he.de

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FOTO: REINER JAKUBEK Der Texter Josef Schweikert während einer Bootsfahrt in Bad Waldsee.

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