Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Haus der katholisch­en Kirche wird im August fertig

Am 15. Oktober ist offizielle Einweihung – Pfarrer Hermann Riedle: „Wollen offener Treffpunkt sein“

- Von Ruth Auchter

RAVENSBURG - Zwar schaut das Haus der katholisch­en Kirche innen noch nicht so apart aus wie von außen. Doch Mitte August werden wohl die ersten Mitarbeite­r der Gesamtkirc­henpflege Ravensburg ihre Büros dort beziehen können. Am 15. Oktober steigt dann die offizielle Einweihung mit Festgottes­dienst und Schlüsselü­bergabe.

Schon jetzt ist Liebfrauen­pfarrer Hermann Riedle begeistert, wenn er durch das Haus, das eine Nutzfläche von 950 Quadratmet­ern hat, führt: Da wird überall Eiche-Industriep­arkett verlegt, da gibt es überall eine Schall schluckend­e Decke und dreifach verglaste Holz-Alu-Fenster, die jeglichen Autolärm der Wilhelmstr­aße ausschließ­en. Auch bei der massiven Klinkerfas­sade, die von denselben norddeutsc­hen Klinkerbau­ern gemacht wird, die auch fürs Kunstmuseu­m anreisten, wurde auf robuste, „wertige, wartungsfr­eie Bauweise“gesetzt, wie Bauleiter Franz Frankenhau­ser erläutert. Schließlic­h soll das neue Zentrum für die innerstädt­ischen Kirchengem­einden Liebfrauen und St. Jodok laut Riedle lange halten.

Besonders ins Schwärmen gerät Riedle im rund 60 Quadratmet­er großen Begegnungs­raum im Erdgeschos­s. Bei gutem Wetter soll dessen Glasfront offen stehen, damit er möglichst einladend wirkt und Passanten neugierig macht. Unter der Woche zwischen 8 und 18 Uhr sowie samstagvor­mittags kann sich dort künftig mit Kaffee, Wasser, Tee und Zeitschrif­ten eindecken und sich drin oder draußen ein gemütliche­s Plätzchen suchen, wer immer mag. Einen Konsumzwan­g gibt es nicht, lediglich ein Spendenkäs­schen steht bereit. Selbiges gilt für den Garten im Innenhof: Der wird hergericht­et, mit Bänken ausgestatt­et, soll tagsüber öffentlich zugänglich sein und als Ruhe-Oase dienen.

Im Begegnungs­raum will ein Beamer allen, die den Weg in den „als offenen Raum konzipiert­en Treffpunkt“finden, wie Riedle sagt, Impulse vermitteln. Während der Öffnungsze­iten soll immer ein ehrenoder hauptamtli­ches Gemeindemi­tglied zur Stelle sein.

Viele suchen Kontakt zur Kirche Denn nach Riedles Erfahrung „ergeben sich oft Gespräche über Gott und die Welt, wenn jemand präsent ist“. Zwar würden viele Leute nicht mehr in die Kirche gehen, suchten aber dennoch den Kontakt zu ihr. Um Brücken zu bauen, wird auch das Programm ab Herbst mit Angeboten wie einer biblischen Weinprobe, einem Instrument­enflohmark­t oder einem Adventskaf­fee aufgepeppt. „Wer das dann alles in Anspruch nimmt – da müssen wir abwarten“, so Riedle.

Weil das günstige „Einfach Essen“-Angebot der Kirchengem­einde so gut ankommt, hat der ebenfalls im Erdgeschos­s gelegene, 130 Quadratmet­er große Gemeindesa­al eine schicke Küche dazubekomm­en: „Dort kochen wir dann selbst“, stellt Riedle in Aussicht. Gegebenenf­alls gibt es künftig auch im Sommer ein „einfaches Essen“. Dass die schmalen Statt der veranschla­gten 3,8 Millionen Euro kostet der Neubau nun 4,67 Millionen Euro. Hintergrun­d: Die Gründung wurde teurer, der Aushub musste teilweise als Sondermüll entsorgt werden, und dass Archäologe­n das Grundstück nach Friedhofs-Relikten absuchten, schlug mit 16 000 Euro zu Buche. Vor allem aber seien die Preise auf dem Bau seit der ersten Kostenschä­tzung 2011 enorm gestiegen, so Pfarrer Hermann Riedle. Um das Ganze dennoch im Rahmen zu halten, wurden etwa an der Gebäudebre­ite 75 Zentimeter abgeknapst, die Möblierung zurückgefa­hren und die neuen Fenster für den Altbau gestrichen. Fenster zur Nordseite hin Schießscha­rten gleichen, ist dem Umstand geschuldet, dass das Gebäude der einstigen Stadtmauer nachempfun­den ist.

Im ersten Stock kommt die Kirchenpfl­ege unter, das Flachdach darüber ist begrünt. Im zweiten Stock gibt’s nebst Teeküche, Toiletten und einem kleinen Besprechun­gszimmer einen 76 Quadratmet­er großen Gruppenrau­m. Dieses sechs Meter Dennoch klafft eine Finanzieru­ngslücke: Die 1,2 Millionen, welche die Diözese beisteuert, die Erlöse aus dem Verkauf der beiden Gemeindehä­user (1,5 Millionen Euro) samt Darlehen, Rücklagen und Schuldaufn­ahme der Gesamtkirc­hengemeind­e reichen nicht aus. Weil 250 000 Euro durch Spenden zusammenge­trommelt werden müssen, startet die Gesamtkirc­hengemeind­e Ende Juli einen Spendenauf­ruf. Trotz der Kritik, die es immer wieder gab, ist Riedle zuversicht­lich, das Geld zusammenzu­bekommen – stammten die Kritiker doch zum kleinsten Teil aus den Gemeinden selbst. (rut) hohe Schmuckstü­ck mute fast wie eine „kleine Kathedrale mit genialer Akustik“an, findet Frankenhau­ser. „Auswärtige“können diesen Raum künftig mieten. Auch im angrenzend­en, gut 400 Jahre alten Altbau Herrenstra­ße 1 wird noch kräftig gewerkelt: Auf sämtlichen Ebenen mit Brücken verbunden, werden das dort angesiedel­te Pfarrbüro sowie die Zimmer der Pastoralre­ferenten künftig ebenso barrierefr­ei erreichbar sein wie sämtliche Räume im mit einem Aufzug ausgestatt­eten neuen Gebäude.

Parkplätze in der Vehrengass­e Im ersten Stock bringt die Verwaltung ihr Archiv unter, für die Büros im zweiten Stock werden noch Mieter gesucht. Gestrichen wird das Gebäude im selben eierschale­nfarbenen Ton wie die Liebfrauen­kirche – soll das Ganze, das künftig als Wilhelmstr­aße 2 firmiert, doch auch optisch „als Ensemble funktionie­ren“, wie Frankenhau­ser erläutert. In der Tat hört Riedle viel Lob für die „hohe städtebaul­iche Qualität“des neuen Gemeindeze­ntrums.

In Osten und Westen können Besucher ihre Fahrräder abstellen, in der Vehrengass­e wird es fünf Parkplätze geben. Und das Dach der Bushaltest­elle in der Wilhelmstr­aße ist bereits angebracht – direkt am neuen Haus der katholisch­en Kirche. In gut zwei Wochen soll die derzeit nach Westen verlegte Bushaltest­elle dorthin wandern. Im Video erläutert Pfarrer Hermann Riedle das Konzept, welches hinter dem neuen Neubau steckt: www.schwaebisc­he.de/gemeindeha­usrv

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FOTO: RUTH AUCHTER Offen: Östlich der Liebfrauen­kirche soll der Eingangsbe­reich mit dem Charakter eines Treffpunkt­s für alle Bürger entstehen.
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FOTO: RUTH AUCHTER Luftig: Im zweiten Stock des neuen katholisch­en Gemeindeze­ntrums gibt es einen hohen Gruppenrau­m, den auch Vereine mieten können.

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