Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wie es zum historischen „Hexenhammer“kam
Elmar Bereuter liest im Museum Humpisquartier aus seinem Roman „Hexenhammer“
RAVENSBURG (hvo) - Etwa 160 Besucher sind am Mittwochabend ins Museum Humpisquartier gekommen, um die Lesung von Elmar Bereuter aus seinem historischen Roman „Hexenhammer“zu erleben. In einem Alter, in dem andere an den Ruhestand denken, hat Bereuter seine Liebe zur Schriftstellerei entdeckt und mit seinem Erstlingsroman „Die Schwabenkinder“seinen Ruf als sehr sorgsam recherchierender Autor begründet. Nach dem Roman, der als Vorlage und Inspiration für den Fernsehfilm diente, so die stellvertretende Museumleiterin Lena Nothelfer, griff er das Thema der Hexenverfolgung auf. In spannender Form erzählt er, wie es gerade im alemannischen Raum zur frühen Hexenverfolgung gekommen ist. Im Mittelpunkt seines Buchs steht der gnadenlose päpstliche Inquisitor Heinrich Kramer, latinisiert Henricus Institoris.
Schaurige Szenen vermieden Bereuter liest bedächtig, er vermeidet in der Lesung schaurige Szenen, er bleibt sachlich und räumt mit falschen Vorstellungen auf: Nicht im Mittelalter, sondern in der frühen Neuzeit war die Zeit der Hexenverfolgungen. In seiner Lesung skizziert er, wie es zu Institoris’ „Hexenhammer“kam. Die verheerende Anleitung zur Hexenjagd erlebte dank des damals neuen Buchdrucks 29 Auflagen und war damit einer der ersten Bestseller.
„Ich bin kein Historiker, ich versuche nur die Fakten in lesbare Form zu bringen“, sagt Bereuter bescheiden. Im Simmertal fängt sein Roman mit dem ersten verbürgten Hexenprozess an. Bilder auf einem Großmonitor illustrieren die Schauplätze. Neben Institoris führt er auch den Dominikaner Johannes Nider aus Isny ein, dessen Erbauungsbuch „Formicarius“der Inquisitor für seine Zwecke missbrauchte. Dann folgt der Sprung nach Ravensburg, wo zwei Frauen auf Institoris’ Betreiben verbrannt wurden. Bereuter stellt die frauenfeindliche Haltung des „Malleus Maleficarum“, des „Hexenhammers“, heraus und erzählt, wie der Verfasser sich in Rom den Doktortitel kaufte, sich den Inquisitorentitel besorgte und die berüchtigte päpstliche Hexenbulle erschlich. Die Bulle sei übrigens nirgends im Vatikan zu finden. Anhand weiterer Textpassagen verfolgt Bereuter Institoris’ Weg nach Innsbruck, wo ihn Sigmund der Münzreiche, der Erzherzog von Tirol, „hochkant rauswarf“, sodass er schließlich verbittert sein verhängnisvolles Buch verfasste. Schade, dass Bereuter bei seiner nüchternen Wiedergabe ausgespart hat, welches Übermaß an Leid die armen Frauen traf, die keine Chance hatten, sich gegen den Vorwurf der Hexerei, gegen Folter und Todesurteil zu wehren – eine menschliche Seite, die im Roman durchaus zum Tragen kommt.
Näheres zeigt die derzeit laufende im Museum Humpisquartier laufende Ausstellung „Hexenwahn 1484“. Ravensburg wird im „Hexenhammer“sehr oft genannt, die Ausstellung dient der Aufarbeitung dieser dunklen Seiten der Geschichte.