Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Frauen waren immer nur eine Marginalie
Migrantinnen erzählen bei Podiumsdiskussion zum Thema „Frau und Beruf“von sich
RAVENSBURG - Die Kontaktstelle Frau und Beruf Ravensburg – Bodensee-Oberschwaben ist eine von 18 Kontaktstellen in Baden-Württemberg und Teil eines Landesprogramms, das vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau und in Ravensburg von der Wirtschaftsund Innovationsförderungsgesellschaft (WIR) des Landkreises, der KSK Ravensburg und der Industrieund Handelskammer BodenseeOberschwaben (IHK) gefördert wird. Ihre Mentorinnen beraten und unterstützen Frauen in allen Fragen rund um den Beruf – dieses Jahr ist ihr Thema die Situation von Arbeitsmigrantinnen.
Beratungsleiterin Isabella Stotter hatte zu einer Podiumsdiskussion mit fünf Migrantinnen eingeladen. Christian von der Heydt, Leiter des Wirtschaftsmuseums Ravensburg, hielt einen Impulsvortrag zur Geschichte und Entwicklung der Arbeitsmigration in Oberschwaben. Für den Historiker bedeuten Zeiträume von mehr als Tausend Jahren nur einen kleinen Sprung, und so nahmen die etwa 50 Gäste, darunter eine Handvoll Männer, an einer Zeitreise von der Völkerwanderung zu den mittelalterlichen Wanderungen von Handwerkern, von Künstlern in der Barockzeit, von den „Schwabenkindern“und den ersten in Italien angeworbenen Gastarbeitern der frühen 1950er-Jahre teil. Jedoch: Historisch gesehen waren die Frauen auf dem Migrantenarbeitsmarkt immer nur eine Marginalie. Das änderte sich erst mit dem Nachzug der Frauen und Familien von Migranten und der Anwerbung von weiblichem Pflegepersonal in Asien und Europa.
Grundprobleme bei der Arbeitssuche sind bekannt Das Mentorinnen-Programm für Migrantinnen stellte Kerstin Weißenstein von der Service- und Koordinierungsstelle in Stuttgart vor, wobei sich aus den statistischen Erhebungen nur die bekannten Grundprobleme bei der Arbeitssuche herausschälten: mangelnde Sprachkenntnisse, Vereinbarkeit von Familienarbeit und Beruf und partiell Alter und Ausbildung.
Am meisten erbrachten dann die Erzählungen der fünf Frauen der Gesprächsrunde, die Jasmin Off mit gezielten Fragen strukturierte. Alle sind schon einige Jahre hier, sind zwischen 35 und 44 Jahre alt, haben sich, auch mit Unterstützung des Welcome Centers, gut eingelebt und mit mehr oder weniger Mühe Deutsch gelernt. Cristina Aixalá kam 2015 mit dem Erasmus-Programm aus der Weltstadt Barcelona, wo sie bei VW und Seat gearbeitet hatte, ins idyllische Kißlegg, wo sie Arbeit in einer kleinen Firma bekam – ein krasser Kontrast der Lebensform. Die temperamentvolle Katalanin interessiert sich für die Arbeit mit Frauen, ihr „Wir Frauen unterschätzen uns!“blieb im Ohr.
Ivonne Karina Pineda Camposano de Krämer hat den Ingenieursberuf im Fischereiwesen ergriffen, in Peru auch an öffentlichen Projekten wie Abwasser- und Trinkwasserversorgung mitgearbeitet und dort ihren deutschen Mann kennengelernt. Seit vier Jahren ist die 38-Jährige in Ravensburg und kann sich vorstellen, wieder etwas Ähnliches zu machen, sie findet ihren Beruf „spannend“.
Die 40 Jahre alte Kolumbianerin Sandra Viviana Schmid ist ausgebildete Bakteriologin. Als Mutter zweier Kinder und mit einem Deutschen verheiratet, will sie sich auf ihre Familie konzentrieren und, wenn möglich, Sozialarbeit für Kinder machen.
Beatriz Saldana aus Barcelona hat als Elektronikerin und Informatikerin eigentlich einen Topberuf; nach Deutschland zu gehen war eine spontane Entscheidung wegen der Krise in Spanien, aber fürs Erste gab es doch nur den Job als Kellnerin in München. Seit drei Wochen jedoch hat sie eine „bessere“Stelle, berichtete sie und lobte die Unterstützung vonseiten der Kontaktstelle – sie sei dadurch selbstbewusster geworden.
Ionela Ramona Atanasof kam mit ihrem Mann und zwei Kindern aus dem ökonomisch und politisch schwierigen Rumänien, weil „wir einfach eine andere Zukunft für uns und unsere Kinder wollten“. Nachdem sie als Postbeamtin gearbeitet hatte, absolvierte sie noch ein BWLStudium. Mit ihrer Mentorin ist sie sehr zufrieden, diese sei „ein guter Copilot“auf ihrem Lebensweg. Dieses Stichwort war zugleich auch ein gutes Schlusswort und schloss ein hohes Lob für das Welcome Center und die Kontaktstelle ein.
Weitere Infos gibt es online unter www.frauundberuf-rv.de