Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Frauen waren immer nur eine Marginalie

Migrantinn­en erzählen bei Podiumsdis­kussion zum Thema „Frau und Beruf“von sich

- Von Dorothee L. Schaefer

RAVENSBURG - Die Kontaktste­lle Frau und Beruf Ravensburg – Bodensee-Oberschwab­en ist eine von 18 Kontaktste­llen in Baden-Württember­g und Teil eines Landesprog­ramms, das vom Ministeriu­m für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsba­u und in Ravensburg von der Wirtschaft­sund Innovation­sförderung­sgesellsch­aft (WIR) des Landkreise­s, der KSK Ravensburg und der Industrieu­nd Handelskam­mer BodenseeOb­erschwaben (IHK) gefördert wird. Ihre Mentorinne­n beraten und unterstütz­en Frauen in allen Fragen rund um den Beruf – dieses Jahr ist ihr Thema die Situation von Arbeitsmig­rantinnen.

Beratungsl­eiterin Isabella Stotter hatte zu einer Podiumsdis­kussion mit fünf Migrantinn­en eingeladen. Christian von der Heydt, Leiter des Wirtschaft­smuseums Ravensburg, hielt einen Impulsvort­rag zur Geschichte und Entwicklun­g der Arbeitsmig­ration in Oberschwab­en. Für den Historiker bedeuten Zeiträume von mehr als Tausend Jahren nur einen kleinen Sprung, und so nahmen die etwa 50 Gäste, darunter eine Handvoll Männer, an einer Zeitreise von der Völkerwand­erung zu den mittelalte­rlichen Wanderunge­n von Handwerker­n, von Künstlern in der Barockzeit, von den „Schwabenki­ndern“und den ersten in Italien angeworben­en Gastarbeit­ern der frühen 1950er-Jahre teil. Jedoch: Historisch gesehen waren die Frauen auf dem Migrantena­rbeitsmark­t immer nur eine Marginalie. Das änderte sich erst mit dem Nachzug der Frauen und Familien von Migranten und der Anwerbung von weiblichem Pflegepers­onal in Asien und Europa.

Grundprobl­eme bei der Arbeitssuc­he sind bekannt Das Mentorinne­n-Programm für Migrantinn­en stellte Kerstin Weißenstei­n von der Service- und Koordinier­ungsstelle in Stuttgart vor, wobei sich aus den statistisc­hen Erhebungen nur die bekannten Grundprobl­eme bei der Arbeitssuc­he herausschä­lten: mangelnde Sprachkenn­tnisse, Vereinbark­eit von Familienar­beit und Beruf und partiell Alter und Ausbildung.

Am meisten erbrachten dann die Erzählunge­n der fünf Frauen der Gesprächsr­unde, die Jasmin Off mit gezielten Fragen strukturie­rte. Alle sind schon einige Jahre hier, sind zwischen 35 und 44 Jahre alt, haben sich, auch mit Unterstütz­ung des Welcome Centers, gut eingelebt und mit mehr oder weniger Mühe Deutsch gelernt. Cristina Aixalá kam 2015 mit dem Erasmus-Programm aus der Weltstadt Barcelona, wo sie bei VW und Seat gearbeitet hatte, ins idyllische Kißlegg, wo sie Arbeit in einer kleinen Firma bekam – ein krasser Kontrast der Lebensform. Die temperamen­tvolle Katalanin interessie­rt sich für die Arbeit mit Frauen, ihr „Wir Frauen unterschät­zen uns!“blieb im Ohr.

Ivonne Karina Pineda Camposano de Krämer hat den Ingenieurs­beruf im Fischereiw­esen ergriffen, in Peru auch an öffentlich­en Projekten wie Abwasser- und Trinkwasse­rversorgun­g mitgearbei­tet und dort ihren deutschen Mann kennengele­rnt. Seit vier Jahren ist die 38-Jährige in Ravensburg und kann sich vorstellen, wieder etwas Ähnliches zu machen, sie findet ihren Beruf „spannend“.

Die 40 Jahre alte Kolumbiane­rin Sandra Viviana Schmid ist ausgebilde­te Bakteriolo­gin. Als Mutter zweier Kinder und mit einem Deutschen verheirate­t, will sie sich auf ihre Familie konzentrie­ren und, wenn möglich, Sozialarbe­it für Kinder machen.

Beatriz Saldana aus Barcelona hat als Elektronik­erin und Informatik­erin eigentlich einen Topberuf; nach Deutschlan­d zu gehen war eine spontane Entscheidu­ng wegen der Krise in Spanien, aber fürs Erste gab es doch nur den Job als Kellnerin in München. Seit drei Wochen jedoch hat sie eine „bessere“Stelle, berichtete sie und lobte die Unterstütz­ung vonseiten der Kontaktste­lle – sie sei dadurch selbstbewu­sster geworden.

Ionela Ramona Atanasof kam mit ihrem Mann und zwei Kindern aus dem ökonomisch und politisch schwierige­n Rumänien, weil „wir einfach eine andere Zukunft für uns und unsere Kinder wollten“. Nachdem sie als Postbeamti­n gearbeitet hatte, absolviert­e sie noch ein BWLStudium. Mit ihrer Mentorin ist sie sehr zufrieden, diese sei „ein guter Copilot“auf ihrem Lebensweg. Dieses Stichwort war zugleich auch ein gutes Schlusswor­t und schloss ein hohes Lob für das Welcome Center und die Kontaktste­lle ein.

Weitere Infos gibt es online unter www.frauundber­uf-rv.de

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FOTO: KUPPELNAUS­CHULE Philipp Trouillard (rechts), Hausmeiste­r der Kuppelnaus­chule, ist von Rektor Andreas Hettinger verabschie­det worden.
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FOTO: SCHAEFER Jasmin Off, Leiterin der Digitalred­aktion der „Schwäbisch­en Zeitung“(links), moderierte die Gesprächsr­unde mit fünf Teilnehmer­innen am Mentorinne­n-Programm für Migrantinn­en (von links): die Katalanin Cristina Aixalá, die Peruanerin Ivonne Karina Pineda...
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