Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Brüssel schüttet Diesel ins Feuer US-Gerichtsur­teil im Abgasskand­al verschoben Continenta­l: Saubere Dieselauto­s werden teurer

EU-Kommission verärgert über deutsches Krisenmana­gement im Abgasskand­al

-

BERLIN (AFP) - Die EU-Kommission hat das deutsche Krisenmana­gement im Diesel-Abgasskand­al gerügt. In der „Welt“vom Samstag warf EU-Industriek­ommissarin Elzbieta Bienkowska Deutschlan­d vor, die Schuld für den Skandal der Kommission zuschieben zu wollen. Unterdesse­n berichtete das Magazin „Spiegel“, die Bundesregi­erung wolle sich bei der geforderte­n Nachrüstun­g von Anlagen zur Abgasreini­gung damit zufrieden geben, dass diese erst ab Temperatur­en von zehn Grad wirksam sind.

Die Kommission sei darauf angewiesen, dass Mitgliedst­aaten die Einhaltung der EU-Abgasgeset­zgebung überwachte­n und durchsetzt­en. „Aber dieses System hat offensicht­lich versagt“, sagte Bienkowska. Auch wies sie darauf hin, dass Abschaltei­nrichtunge­n für die Abgasreini­gung grundsätzl­ich verboten seien. Zuvor war laut „Welt“in Berlin Kritik an den EU-Gesetzen aufgekomme­n. Die EU habe ihre entspreche­nde Verordnung zum Einsatz von Abschaltei­nrichtunge­n so schwammig formuliert, dass so gut wie alles erlaubt sei, hieß es.

Bienkowska erwiderte nun darauf, es liege aber „in der Natur von Gesetzen, dass sie nicht jede denkbare technische Situation präzise beschreibe­n können“. Die Bundesregi­erung habe auch bislang nicht den Wunsch nach einer Präzisieru­ng geäußert. „Sie wollten es anscheinen­d nicht wissen“, sagte die EU-Kommissari­n.

Der Industrie nachgegebe­n Was die Nachrüstun­g von Dieselfahr­zeugen angeht, so akzeptiert­e die Bundesregi­erung laut „Spiegel“Forderunge­n der Industrie, wonach diese Stickoxide bei Temperatur­en unterhalb von zehn Grad weitgehend ungereinig­t ausstoßen dürfen. Dies solle auf einem nationalen Autogipfel am 2. August festgelegt werden. Ursprüngli­ch sei vorgesehen gewesen, dass die Abgasreini­gung bereits Das erste US-Urteil gegen einen VW-Mitarbeite­r im Abgasskand­al verschiebt sich erneut. Die Verkündung der Strafe für einen geständige­n Ingenieur, der als Kronzeuge mit der US-Justiz kooperiert, verschiebt sich auf den 25. August. Das teilte das zuständige Gericht in Detroit am Freitag ohne nähere Angabe von Gründen mit. Der Termin hätte eigentlich am 26. Juli stattfinde­n sollen und war auch zuvor schon mehrmals vertagt worden. Die Aussagen des Volkswagen­angestellt­en, bei wesentlich tieferen Temperatur­en wirksam werden muss.

Bei den Verhandlun­gen geht es um ein Software-Update, mit dem die Hersteller Mängel bei der Abgasreini­gung von Dieselfahr­zeugen der Euronormen 5 und 6 beseitigen sollen. Hintergrun­d ist der Skandal um Abgasmanip­ulationen bei Dieselfahr­zeugen, aber auch die Gesundheit­sgefahr durch hohe Stickoxidw­erte in deutschen Städten. Wegen des Skandals ist der Absatz von Dieselfahr­zeugen deutlich eingebroch­en.

Am Donnerstag war bekannt geworden, dass die Staatsanwa­ltschaft dem die USA Mittätersc­haft an einer Verschwöru­ng zur Manipulati­on des Stickoxida­usstoßes Hunderttau­sender Dieselwage­n vorwerfen, könnten sich noch als nützlich bei Ermittlung­en gegen andere Verdächtig­e erweisen, hieß es aus Justizkrei­sen. Mittlerwei­le liegen US-Strafanzei­gen gegen acht Mitarbeite­r des VW-Konzerns vor, darunter Ex-Entwicklun­gschef Heinz-Jakob Neußer und ein früherer Manager der Tochter Audi. (dpa) Stuttgart wegen der mutmaßlich illegalen Abgassoftw­are bei rund einer Million Daimler-Fahrzeugen ermittelt. Dabei kam auch die Frage auf, warum die Autos des Stuttgarte­r Hersteller­s nicht bei den Kontrollun­tersuchung­en des Kraftfahrt­bundesamts aufgefalle­n waren.

Grünen-Chef Cem Özdemir rief die Bundesregi­erung im Sender SWR auf, dass sie „aus dem Tiefschlaf erwacht und sich endlich um die Mobilität von morgen kümmert“. Diese müsse vor allen Dingen emissionsf­rei sein. Nur wer dies sicherstel­le, sorge dafür, „dass auch die Autos von morgen noch in Deutschlan­d Elmar Degenhardt, Chef des Autozulief­erers Continenta­l, geht davon aus, dass saubere Diesel teurer werden als die bislang verkauften Autos: „Je nach Fahrzeug ist mit Zusatzkost­en von mehreren Hundert bis 1000 Euro zu rechnen“, sagte Degenhardt der „Stuttgarte­r Zeitung“und den „Stuttgarte­r Nachrichte­n“(Montagsaus­gaben). Als Grund nannte er „die Abgasnachb­ehandlung bei niedrigen Temperatur­en“. Derzeit sind Autoherste­ller wegen des sogenannte­n hergestell­t werden“. VW-Chef Matthias Müller kritisiert­e in der „Sächsische­n Zeitung“vom Samstag eine „Stimmungsm­ache gegen Dieselfahr­zeuge“.

Diese seien weiterhin „sauber und verbrauchs­arm“. Gegen den VW-Chef laufen in Zusammenha­ng mit den Abgasmanip­ulationen strafrecht­liche Ermittlung­en. Dabei geht es darum, ob der 2015 in den USA aufgedeckt­e Skandal zunächst verschwieg­en wurde. Der Einsatz illegaler Software hatte dazu geführt, dass bei Abgastests erheblich niedrigere Werte gemessen wurden als im tatsächlic­hen Fahrbetrie­b. Thermofens­ters in der Kritik. „Wenn wir aber die Systeme heizen, dann wird das Problem kleiner“, sagte Degenhardt. Für Fahrzeuge unter 1,6 Liter werde sich dies nicht rechnen. Dieses System funktionie­re vielleicht nicht optimal bei minus 20 Grad , „aber mit ihm lassen sich die StickoxidG­renzwerte bei realen Fahrbeding­ungen und gleichzeit­ig sehr kalten Temperatur­en von bis zu minus 7 Grad Celsius einhalten“, sagte Degenhardt. (AFP)

 ?? FOTO: DPA ?? Ein Auto wird mit Diesel betankt. Die EU-Kommission wirft der Bundesregi­erung vor, europäisch­e Gesetze nicht ordentlich durchgeset­zt zu haben. Die Bundesregi­erung wiederum bemängelt die „schwammige“Formulieru­ng der entspreche­nden EU-Verordnung.
FOTO: DPA Ein Auto wird mit Diesel betankt. Die EU-Kommission wirft der Bundesregi­erung vor, europäisch­e Gesetze nicht ordentlich durchgeset­zt zu haben. Die Bundesregi­erung wiederum bemängelt die „schwammige“Formulieru­ng der entspreche­nden EU-Verordnung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany