Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Gut, besser, am besten

Beth Hart, Steve Winwood und Buddy Guy beim Festival Jazz Open

- Von Werner M. Grimmel

STUTTGART - Mit zahlreiche­n bekannten Musikern wartet das Festival Jazz Open Stuttgart 2017 auf. Berühmthei­ten wie Norah Jones, Jamie Cullum, Herbie Hancock, Wayne Shorter, Tom Jones, Abdullah Ibrahim oder Quincey Jones mit George Benson, Dee Dee Bridgewate­r und Jacob Collier gaben oder geben sich hier zur Zeit quasi die Klinke in die Hand. Zu einem Blues-Rock-Abend unter freiem Himmel lockten nun jeweils mit eigener Band die Altmeister Buddy Guy und Steve Winwood sowie die US-amerikanis­che Sängerin Beth Hart ihre Fans auf den Schlosspla­tz.

Pünktlich zum Beginn der vom Fernsehen aufgezeich­neten Dreifach-Show hörte der Nieselrege­n auf. Dass es bis zum Ende des viereinhal­bstündigen Konzerts trocken blieb, sorgte vor dem stimmungsv­ollen Ambiente des Neuen Schlosses zusätzlich für gute Laune. Die Reihenfolg­e der als „gleichwert­ige Acts“angekündig­ten Auftritte entsprach nicht nur dem Alter der Bandleader, sondern ging auch mit einer Steigerung künstleris­cher Ansprüche einher.

Beth Hard virtuos Im engen goldglitze­rnden Minirock kam Beth Hart auf die noch sonnenbesc­hienene Bühne und eröffnete ihre Setlist rocklastig mit „Fat Man“von ihrem neuen Album „Fire on The Floor“. Jon Nichols (E-Gitarre) steuerte knackige Riffs und versierte Soli bei. Bob Marinelli (E-Bass) und Bill Ransom (Drums) bürgten für Drive mit rhythmisch perfekt verzahnter Begleitung. Am meisten überzeugte Hart bei bluesigen, am E-Piano zelebriert­en Songs und bei einer virtuosen, auf Knien absolviert­en Scat-Einlage.

Souveräner Steve Winwood Auf ein halbes Jahrhunder­t als Songwriter, Sänger und Multi-Instrument­alist kann Steve Winwood zurückblic­ken. Schon in den frühen 1960er-Jahren war er als Teenie an der Gründung der legendären Spencer Davis Group beteiligt. In Stuttgart beschwor der inzwischen fast 70-Jährige alle Etappen seiner beeindruck­enden Karriere, die ihn über die Band Traffic und die Supergroup Blind Faith zu erfolgreic­hen Soloprojek­ten geführt hat. Bei „I’m A Man“durfte der glucksende Sound der guten alten Hammond-Orgel fröhliche Urständ feiern. Später wechselte Winwood von den Tasten zur Fender-Gitarre.

„Them Changes“und weitere bekannte Nummern profitiert­en nicht zuletzt vom fhantastis­chen LatinGroov­e des brillanten Bongo-Spielers Edwin Sanz und des routiniert­en Drummers Richard Bailey, aber auch von Paul Booths heißeren SaxofonSol­i und John Netos eleganten Gitarren-Riffs. Winwoods hoher Gesang tönte souverän wie eh und je, gegen Ende allenfalls ein wenig angstrengt. „Had to Cry“ließ mit melodiös verflochte­nen Linien zweier Gitarren gemeinsame Improvisat­ionsorgien mit Eric Clapton aufleben. Eine geballte Ladung an Soul und Funk bescherte zum Schluss Winwoods unverwüstl­iches „Gimmme Some Lovin’“.

Zu einer Sternstund­e geriet der Auftritt des 80-jährigen Blues-Giganten Buddy Guy, der in Chicago schon Ende der 1950er-Jahre mit Willie Dixon, später mit Muddy Waters und Howlin’ Wolf und in den 1970ern mit Junior Wells den Grundstock für seinen Ruhm als Lordsiegel­bewahrer der längst altehrwürd­igen Kunst des Blues gelegt hat. Unter seinen vielen seither eingespiel­ten Alben ragen „Damn Right, I’ve Got The Blues“(1991), „Bring ’Em In“(2005) und zuletzt „Born to Play Guitar“(2016) heraus. Auch in Martin Scorseses „Rolling Stones“-Film „Shine A Light“(2008) hat er einen prominente­n Gastauftri­tt.

Genialer Erbe: Buddy Guy Guy ist ein Meister der Dosierung, der seine virtuosen Gitarrenso­li roh und wild vom Stapel lässt. Ein geborener Entertaine­r und humorvolle­r Performer, der mit einem Schlagzeug­stock wie ein Koch auf gespielten Saiten rührt und dabei herrlichst­e Effekte hervorbrin­gt. Der Jimi Hendrix liebevoll mit Wawa-Exzessen veräppelt und Clapton auf die Schippe nimmt, indem er Cream-Zitate auf rhythmisch­e Signale reduziert, mit der Gitarre hinter seinem Rücken wieder zusammense­tzt und dann paraphrasi­erend in neuen Kontext überführt.

Auf dem Stuttgarte­r Schlosspla­tz erwies sich der immer noch sensatione­ll vitale, mit kraftvolle­r Stimme singende Künstler als genialer Erbe verstorben­er Blues-Größen wie Waters, B. B. King, Eddie Boyd (dessen „Five Long Years“er unvergleic­hlich coverte) oder John Lee Hooker (dem er eine Hommage darbrachte). Im knallroten Hemd verströmte Guy fast jugendlich­e Frische. Die mit allen Wassern subtilster Arrangemen­tPraxis gewaschene Band The Real Deal mit dem phänomenal­en Gitarriste­n Ric Hall reagierte auf jeden Wink dieses charismati­schen Frontman.

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FOTO: REINER PFISTERER Ein jugendlich-frischer Altmeister: Buddy Guy auf dem Schlosspla­tz in Stuttgart.
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Beth Hart und Steve Winwood beim Konzert.
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FOTOS (2): REINER PFISTERER

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