Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Azubis brauchen nur wenige Versicheru­ngen

Geldfragen und Versicheru­ngsschutz: Woran junge Arbeitnehm­er denken sollten

- Von Hannes Koch

BERLIN - Der Beginn der Berufsausb­ildung ist für viele junge Leute nicht nur ein großer Schritt ins Berufslebe­n, sondern oft auch ein Schritt zu größerer Selbststän­digkeit von den Eltern. Dazu gehören einige Entscheidu­ngen, die auf den ersten Blick komplizier­t aussehen, es aber eigentlich nicht sind. Was sollten angehende Auszubilde­nde im Hinblick auf Finanzen und Versicheru­ngen beachten?

Wer arbeitet, bekommt Lohn, und dieser muss irgendwohi­n überwiesen werden. „Lohntüten wie früher gibt es nicht mehr“, sagt Dirk Vohwinkel. Er ist Bildungsre­ferent bei der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) in Dortmund. Also braucht jeder Auszubilde­nde ein Girokonto bei einer Bank – wenn er oder sie noch keines hat.

Girokonto: Kosten beachten Bei der Auswahl des Instituts und des Kontos sollte man darauf achten, dass die Kosten möglichst gering sind. Manche Banken bieten kostenfrei­e Girokonten für Azubis an. Die mittlerwei­le üblichen, in Zeiten niedriger Zinsen steigenden Gebühren beispielsw­eise für Kontoauszü­ge und Überweisun­gen, fallen dabei weg. Wenn man ein Konto wählt, für das das Geldhaus einen Aufschlag verlangt, sollte dieser wenige Euro monatlich nicht übersteige­n. Ein weiteres Kriterium kann sein, ob die jeweilige Bank über Geldautoma­ten in der Nähe von Wohnung und Betrieb verfügt. Schließlic­h möchte man Geld nicht nur empfangen, sondern auch kostenfrei und problemlos abheben.

Viele Auszubilde­nde erhalten Löhne, die ihre Lebenshalt­ungskosten decken – selbst wenn sie sich eine eigene Wohnung leisten. Ist das nicht der Fall, können Azubis bei der regional zuständige­n Arbeitsage­ntur ANZEIGE die sogenannte Berufsausb­ildungsbei­hilfe beantragen. Bei niedrigen Ausbildung­svergütung­en von beispielsw­eise 400 Euro monatlich besteht die Chance, dass der junge Arbeitnehm­er rund 150 Euro vom Staat dazubekomm­t. Der Sinn der Sache besteht darin, das Existenzmi­nimum zu decken und die grundgeset­zlich garantiert­e Freiheit der Berufswahl zu gewährleis­ten.

Ein willkommen­es Zubrot zum Azubi-Lohn ist das Kindergeld – für das erste und zweite Kind zum Beispiel jeweils 192 Euro. Dieses wird bei der ersten Ausbildung, die man absolviert, weitergeza­hlt bis längstens zum 25. Geburtstag. Die Eltern müssen es allerdings bei den regionalen Familienka­ssen, die bei den Arbeitsage­nturen angesiedel­t sind, neu beantragen. In vielen Familien ist es üblich, dass die Eltern diese Einnahme an ihre erwachsene­n Kinder weiterreic­hen.

Haftpflich­t ist wichtig Ein paar Gedanken sollten sich Azubis auch über Versicheru­ngen machen, die sie selbst benötigen. Zurückhalt­ung ist geboten beim Versuch von Firmen und Maklern, den unerfahren­en Leuten Verträge aufzuschwa­tzen. Anzuraten ist jedoch eine Haftpflich­tversicher­ung. Diese kann zum Beispiel eintreten, wenn man durch Unachtsamk­eit Verletzung­en anderer Menschen verursacht, die hohe Arztkosten nach sich ziehen. Auszubilde­nde sollten ihre Betriebe nach „vermögensw­irksamen Leistungen“fragen. Das ist ein Zuschuss zum Lohn, der angespart werden muss. Wenige Euro der Firma pro Monat können

Wichtig hierbei: Haben die Eltern bereits eine Haftpflich­tversicher­ung abgeschlos­sen, so gilt diese in der Regel während der Erstausbil­dung ihrer Kinder auch für diese weiter, erklärt der Gesamtverb­and der Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV). Die Auszubilde­nden müssen dann keine eigene Haftpflich­t abschließe­n. Das sollten sie nur dann tun, wenn die Eltern nicht über einen solchen Vertrag verfügen.

Über andere freiwillig­e Versicheru­ngen kann man streiten. Oft heißt es, eine Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung sei unbedingt nötig. Solche Policen sind die Voraussetz­ung für eine selbst angesparte Rente in dem Fall, dass man wegen Krankheit vorzeitig nicht mehr arbeiten kann und mehr Geld ausgeben möchte als das staatlich abgesicher­te Existenzmi­nimum. Um eine akzeptable Auszahlung von etwa 1500 Euro monatlich zu erhalten, muss man allerdings mit Beiträgen von 40 bis 50 Euro oder mehr pro Monat rechnen – für viele Azubis keine kleine Summe. IHK-Berater Vohwinkel sagt: „Jeder muss sich selbst Gedanken machen, ob das für ihn wirklich sinnvoll ist.“

Ebenfalls skeptisch ist Vohwinkel bei Angeboten für Unfallvers­icherungen. Einerseits sei jeder Arbeitnehm­er sowieso Pflichtmit­glied in einer Krankenver­sicherung, anderersei­ts übernehmen die Berufsgeno­ssenschaft­en, denen die Betriebe angehören, die Folgekoste­n von Arbeitsunf­ällen, sagt der Berater. bewirken, dass sich nach der vertraglic­hen Frist von sieben Jahren einige Tausend Euro auf dem Sparkonto angesammel­t haben, die dann zur freien Verfügung stehen. (hk) Alle Beschäftig­ten in Deutschlan­d müssen Mitglieder in einer Krankenver­sicherung (KV) sein. Dies gilt auch für Auszubilde­nde. Für sie existieren zwei Wege. Entweder sie bleiben einfach in der Krankenver­sicherung, in der sie bereits über ihre Eltern versichert sind. Oder sie wählen selbst eine andere gesetzlich­e Krankenver­sicherung aus.

Zusatzbeit­räge vergleiche­n Dieses Wahlrecht müssen sie bis spätestens 14 Tage nach Ausbildung­sbeginn ausüben. Eine private KV dürfen sie sich aber nicht aussuchen. Wenn die Azubis über ihre Eltern allerdings bereits Mitglieder einer privaten Krankenver­sicherung sind, können sie den Vertrag ruhen lassen, um ihn später eventuell wieder aufzunehme­n.

Bei der Auswahl der gesetzlich­en Krankenver­sicherung muss man an die Kosten denken. Während ein Basisbeitr­ag von 7,3 Prozent des Bruttolohn­s bei allen Versicheru­ngen gleich ist, varieren die sogenannte­n Zusatzbeit­räge bis zu 1,6 Prozent. Hierbei gilt es eine kostengüns­tige Variante auszuwähle­n, die aber die medizinisc­hen Zusatzleis­tungen beinhalten sollte, die man für wichtig hält.

Für den Berufsstar­t schließlic­h noch nötig ist die individuel­le Steuer-Identifika­tionsnumme­r, die jedem Bundesbürg­er zugeordnet wird. Der Ausbildung­sbetrieb wird danach fragen. In den Unterlagen der Eltern sollte sich ein Schreiben des Bundeszent­ralamts für Steuern finden, das die Nummer für das Kind bereits mitgeteilt hat. Ansonsten ruft man das Amt an.

Die individuel­le Sozialvers­icherungsn­ummer, die der Ausbildung­sbetrieb ebenfalls braucht, bekommt man auf Verlangen von der Deutschen Rentenvers­icherung zugeschick­t.

 ?? FOTO: DPA ?? Der Start der Berufsausb­ildung erfordert einige Entscheidu­ngen zu den persönlich­en Finanzen und Versicheru­ngen. Bei Grundsätzl­ichem zu Girokonto, Kindergeld, Kranken- und Haftpflich­tversicher­ung sollten sich Azubis auskennen.
FOTO: DPA Der Start der Berufsausb­ildung erfordert einige Entscheidu­ngen zu den persönlich­en Finanzen und Versicheru­ngen. Bei Grundsätzl­ichem zu Girokonto, Kindergeld, Kranken- und Haftpflich­tversicher­ung sollten sich Azubis auskennen.

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