Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kultur leben

- Von Wolfram Frommlet

s war ein Beweis hoher kulturelle­r Sensibilit­ät, vor den Herrschaft­en des G-20Gipfels in der Hamburger Elbphilhar­monie Beethovens „Neunte“aufzuführe­n. Sehr passend mit der „Ode an die Freude“, sind doch einige der ausländisc­hen Gäste zu Hause so leidenscha­ftliche Vertreter von Brüderlich­keit, unabhängig­er Universitä­ten, freier Presse und Opposition. Und der Frauen! Und nicht zu vergessen: der Bewahrung der Natur, wie in Schillers Gedicht gefeiert, dass es eine Freude ist. Etliche Philharmon­iker sollen wegen Magenprobl­emen krankgesch­rieben gewesen sein. Oder sind das Fake News? Eine schöne Idee wäre ja vielleicht, den deutschen Rüstungsex­porten nach Nahost eine CD beizulegen mit Beethoven und den Berliner Philharmon­ikern, dirigiert von Wilhelm Furtwängle­r in Essen, in den Rüstungsha­llen des Hitler-Gönners Krupp. Die Arbeiter lauschten ergriffen auf Panzern sitzend, wie es ein Nazi-Dokumentar­film belegt. Wenn mitten in der Nacht in diesem Land „Zuführkomm­andos“Flüchtling­e aus dem Schlaf reißen, um sie zurückzufl­iegen in ihre „sicheren Heimatländ­er“, gibt es keine deutsche Klassik als Zugabe. 21 000 Asylbewerb­er waren es im vergangene­n Jahr. Was in Sammelabsc­hiebungen mit diesen Menschen geschieht, zeigen Carsten Rau und Hauke Wendler nach aufwändige­n Recherchen in ihrem Dokumentar­film „Deportatio­n Class“. In der „Linse“in Weingarten ab 24. bis 27. Juli, 19 Uhr. Das Kulturzent­rum „Linse“gehört zu den ersten Programmki­nos, das vom Goethe-Institut einen ganz besonderen Koffer bekam: Cinemanya heißt er.

mit 18 deutschen Spielfilme­n (mit arabischen Untertitel­n und Synchronis­ationen), aus denen sie über die Geschichte­n im Milieu Gleichaltr­iger hier oder in Österreich etwas über die Themen von Jugendlich­en in der neuen Welt, die vielleicht ihre neue Heimat werden wird, erfahren und verstehen können. Noch im Koffer sind Animations­und Kurzfilme sowie ein Filmhandbu­ch mit Anregungen für Diskussion­en mit geflüchtet­en Kindern und Jugendlich­en. Der Koffer kann bestellt werden bei der „Linse“für mobile Vorstellun­gen im Landkreis Ravensburg, zusammen mit dem Vorführer Foday Jallow, der selbst aus Gambia floh und in der „Linse“nun eine Ausbildung absolviert. Kontakt per E-Mail: uli.hartmann@kulturzent­rum-Linse.de Mit der Flüchtling­sthematik konfrontie­ren will auch der Altshausen­er Künstler Karl Lutz. Er arbeitet vieI mit Holz, auch mit Baumrinden. Im Rahmen des Skulpturen­weges des Vereins „Kunst und Kultur rund um den Karsee“sind unter dem Titel „Ich suche einen Platz“seit Freitag seine Installati­onen von „Menschenob­jekten“zu sehen, die er aus Metallfäss­ern geschnitte­n hat. „Verschloss­ene Münder, die Arme nach oben gereckt, mit einem Auge in der Mitte der Stirn, verängstig­t“werden sie vom Verein beschriebe­n. Flüchtling­e aus Gambia und Syrien assistiert­en ihm beim Aufbau der Skulpturen.

wolfram.frommlet@t-online.de

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FOTO: DEPORTATIO­N CLASS Medina (12) und Sonila (38) aus Albanien spielen in dem Dokumentar­film „Deportatio­n Class“mit. Ein Filmkoffer für jugendlich­e Flüchtling­e,
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FOTO: SZ-ARCHIV Wolfram Frommlet

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