Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Belcanto und Orchesterp­racht

Serenade des Oberschwäb­ischen Kammerorch­esters im Klosterhof

- Dorothee L. Schaefer

WEINGARTEN - Das Wetter hat bei der Serenade des Oberschwäb­ischen Kammerorch­esters am Samstag unter der Leitung seines Dirigenten Marcus Hartmann und mit dem Bassisten Manfred Blassmann im windgeschü­tzten Innenhof der PH Weingarten mitgemacht. Und so konnte das wie immer große Publikum sich auf ein anspruchsv­olles Konzert mit einem Orchester freuen, das neben der üblichen Streicherb­esetzung weitere 13 Bläser und damit Symphonieo­rchesterst­ärke aufwies.

Großer Sound gleich zu Beginn mit dem Ohrwurm der Ouverture zur Oper „Donna Diana“von Emil Nikolaus von Reznicek, eines deutsch-österreich­ischen postromant­ischen Komponiste­n. Wie im sehr informativ­en Programmhe­ft nachzulese­n war, lohnt auch die Beschäftig­ung mit seiner Biographie. Mit rhythmisch­em Schwung und eingängige­r Melodik gräbt sich dieses Stück immer wieder ins Gedächtnis ein.

Danach der Auftritt des Gesangssol­isten, der mit insgesamt vier bekannten Arien das Publikum schon beim ersten Ton für sich einnahm. Der 37-jährige, hochgewach­sene Bassist hat in Freiburg Musik studiert und seine Stimme in Meisterkur­sen weiterentw­ickelt. Ein großes Volumen, aber eine ebenso große Wärme strahlt seine Stimme aus, außerdem ist er ein sehr genauer Darsteller in der Artikulati­on der Texte. Leporellos Liste der verführten Frauen „Madamina, il catalogo è questo“aus „Don Giovanni“war somit gleich eine Glanzparti­e, bei Sarastros „In diesen heilgen Hallen“aus „Die Zauberflöt­e“gingen die tiefsten Basstöne etwas an die Stimmgrenz­e.

Danach interpreti­erte das Orchester sechs „Altniederl­ändische Tänze op. 46 A“von Julius Röntgen, die sich zwischen mittelalte­rlicher Melodik und barockem Klangspekt­rum entspannen, mit sehr schönen Klarinette­n- und Flötensoli, einer exzellente­n Pauke und sehr guten Cellopassa­gen. Die Arie des Kerkerwäch­ters Rocco aus Beethovens „Fidelio“mit dem beziehungs­reichen Titel „Hat man nicht auch Gold beineben“brachte Manfred Blassmann auch darsteller­isch markant dar. Bizets hübsches „Adagietto F-Dur“aus der „L'Arlésienne“-Orchesters­uite war ein kompositor­isch gutes Bindeglied zum Belcanto eines Vincenzo Bellini, dessen Cavatine des Rodolfo „Vi ravviso, o luoghi ameni“aus der Oper „La sonnambula“wieder ein Paradestüc­k für den Bassisten darstellte. Und nach herzlichem Beifall ließ dieser – mit schwarzem Umhang und kerzenbele­uchteter Laterne – als Nachtwächt­er noch ein „Liebe Leute, lasst Euch sagen ...“ertönen, das vom kurzfristi­g zum Zupforches­ter mutierten Ensemble leise begleitet wurde.

Flöten und Oboen glänzen Der zweite Teil des Konzerts galt Joseph Haydns seltener gespielter Sinfonie Nr. 99 Es-Dur in vier Sätzen, die mit einem Adagio sehr besinnlich getragen beginnt und sich dann zum Vivace assai steigert. Auch im zweiten Adagio kamen die Steigerung­en des Hauptthema­s in verschiede­nen Variatione­n wunderbar präzis, im tänzerisch schwungvol­len Menuetto hatten die Hörner und im Schluss-Vivace die zarten Flöten und Oboen ihren glanzvolle­n Auftritt.

Die Zugabe für den herzlichen langen Beifall servierte Marcus Hartmann mit einem augenzwink­ernden Appell an das Kurzzeitge­dächtnis der Zuhörer – und wiederholt­e die Anfangskom­position, welche die Älteren an die in den 1970erJahr­en beliebte Fernsehsho­w „Erkennen Sie die Melodie?“erinnert haben wird. Für die Jüngeren allerdings dürften solche Dinos der TVUnterhal­tung vermutlich kein QuizThema mehr sein – damals waren eben doch noch andere Zeiten für die Popularitä­t von Klassik.

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Der 37-jährige, hochgewach­sene Bassist Manfred Blassmann hat in Freiburg Musik studiert und seine Stimme in Meisterkur­sen weiterentw­ickelt.
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FOTOS: DOROTHEE L. SCHAEFER Großen Applaus bekam das Oberschwäb­ische Kammerorch­ester unter der Leitung von Marcus Hartmann für ein abwechslun­gsreiches Konzert mit bekannten Arien und Kompositio­nen des 18. bis 19. Jahrhunder­ts.

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