Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Unternehmer wünschen sich Bürokratieabbau
IHK-Versammlung im Waldseer Erwin-Hymer-Museum
BAD WALDSEE - Ihre Vollversammlung hat die Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben (IHK) am Mittwoch in Bad Waldsee abgehalten. Nach einer Produktionsbesichtigung beim Wohnmobilhersteller Hymer versammelten sich die 45 Teilnehmer im Hymer-Museum, wo es um „Unternehmen in Europa“ging. Die Tagesordnung umfasste aber auch Weiterbildungsthemen und die Wahlordnung der IHK.
Zunächst hatte Roland Weinschenk das Wort als gastgebender Bürgermeister. Er rührte die Werbetrommel für den Standort Bad Waldsee, der dank Hymer reichlich industrielle Arbeitsplätze bietet. „Dieses Unternehmen ist für unsere Stadt Aushängeschild und Wirtschaftsfaktor zugleich“, bekannte Weinschenk. Er stellte zudem das umfangreiche örtliche Reha- und Gesundheitsangebot vor, das ebenfalls viele Jobs garantiere. Kritik übte er an den „zeitintensiven“Verfahren zur Ausweisung von Gewerbeflächen. „Da hoffe ich auf ein Umdenken des Gesetzgebers, weil dies dem Wirtschaftsstandort Oberschwaben schadet.“
Danach war es an Heinrich Grieshaber, die Anwesenden willkommen zu heißen „in Bad Waldsee, wo Erwin Hymer Maßgebendes geschaffen hat mit seinem Unternehmen“. Er betonte, dass sich die Stimmung der regionalen Wirtschaft laut einer IHK-Frühjahrsumfrage erneut verbessert habe und die Industrie „von einem Exportrekord zum nächsten“eile. Sonderfaktoren wie niedrige Zinsen und günstige Wechselkurse sorgten für Rückenwind. Außenpolitische Risiken wie der Brexit oder der neue US-Präsident machten sich noch nicht bemerkbar. „Allerdings wächst die Sorge um Handelsbarrieren und der nahezu leer gefegte Arbeitsmarkt bleibt ein Wachstumshemmnis“, benannte der Vorsitzende der Grieshaber Logistik GmbH Weingarten die Probleme vieler Unternehmer zwischen Ulm und Bodensee.
Im Hinblick auf die bevorstehende Bundestagswahl plädierte Grieshaber für offene Märkte, zukunftsgerichtete Investitionen des Staates, Steuerentlastungen und „für weniger Bürokratie“. Dieses Anliegen trugen einige Redner, auch Norbert Lins aus Pfullendorf, vor, seit 2014 Mitglied des Europäischen Parlaments. Auf Einladung der IHK gab der gebürtige Ravensburger einen Einblick in seine Arbeit als EU-Parlamentarier. „Ich möchte für Sie als Unternehmen ein verlässlicher Partner sein und vermittle Ihnen gerne die zuständigen Stellen“, versprach er.
Für Handelspolitik starkmachen Der „aktuelle Protektionismus in der Welt“sei bedenklich, „zumal wir gerade in Baden-Württemberg angewiesen sind auf offene Märkte“. Im Export erkannte Lins „neben Fleiß und Schaffenskraft eine der Ursachen für den Wohlstand hierzulande“. Das geplante EU-Freihandelsabkommen „Jefta“mit Japan, dem für Deutschland zweitwichtigsten Handelspartner nach den USA, bezeichnete er als Chance. Lins: „Wir alle sollten uns für eine gemeinsame Handelspolitik starkmachen, denn für die Wirtschaft steht viel auf dem Spiel durch den Brexit.“
Zu sprechen kam der Christdemokrat auch auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU, die Chemikalienverordnung „Reach“und das Dienstleistungspaket, das bürokratische Hürden für Unternehmer und Freiberufler abbauen helfen soll. Alles Themen, mit denen Arbeitgeber täglich konfrontiert sind. Die Anwesenden gaben dem Europaabgeordneten deshalb auch einige Anregungen mit auf den Weg ins Parlament. In der kurzen Aussprache wurde deutlich, dass sie sich einen Bürokratieabbau wünschen und ein besseres Verständnis der Politik für ihre Probleme vor Ort.
Weitere Infos zu den Beschlüssen der IHK-Sommersitzung in Bad Waldsee finden sich unter www.weingarten.ihk.de