Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Viel schlimmer für türkische Wirtschaft“
BERLIN - Die Maßnahmen der Bundesregierung gegen die Türkei werden auf die deutsche Wirtschaft keine Auswirkungen haben. Das sagte Anton F. Börner (Foto: dpa), Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen, im Gespräch mit Tobias Schmidt.
Herr Börner, die Bundesregierung stellt Hermes-Bürgschaften und Investitionshilfen für TürkeiGeschäfte auf den Prüfstand. Wie beurteilen Sie diese Entscheidung? Wir sind nicht begeistert darüber, dass der Außenhandel mit der Türkei nun gestört wird. Aber wir haben Verständnis für die Maßnahmen der Bundesregierung und wir respektieren den Primat der Politik. Herr Erdogan muss nun auf den Weg der Vernunft zurückkehren. Er schadet seiner Wirtschaft viel mehr als uns.
Wie sinnvoll sind die drohenden Gegenmaßnahmen? Herrn Erdogan werden weder Sanktionen noch Drohungen noch sonst etwas stoppen. Seine Politik der Provokationen wird er fortführen. Für Vernunftargumente scheint er nicht zugänglich zu sein. Aber in der politischen Logik gibt es dazu keine Alternative. Wenn Herr Erdogan nicht einlenkt, wird es wohl auch zu EU-Sanktionen kommen. Das sind berechenbare Eskalationsstufen, es ist immer das gleiche Spiel. Schauen Sie sich die Russland-Sanktionen an: Die haben Herrn Putin auch nicht beeindruckt. Dennoch sind die Strafmaßnahen politisch notwendig. Der Weg wird uns aufgezwungen.
Wie hart wird die neue Türkei-Politik die deutsche Wirtschaft treffen? Auf die deutsche Wirtschaft insgesamt werden die Maßnahmen keine Auswirkungen haben. Dazu ist die Türkei als Wirtschaftspartner zu unbedeutend. Einbußen werden natürlich die Unternehmen haben, die stark in der Türkei engagiert sind. Sie sind die Leidtragenden und müssen damit zurechtkommen. Viel schlimmer ist es aber für die türkische Wirtschaft. Der Tourismus trägt erheblich zum Bruttoinlandsprodukt bei. Wenn er nun weiter einbricht, wird das zur Katastrophe für viele Unternehmen. Denn wenn die Touristen ausbleiben und nichts mehr konsumieren, steigen Arbeitslosigkeit und Unsicherheit.
Berlin erwägt auch einen Stopp der Waffenexporte. Wäre das ein Rückschlag für die deutsche Branche? Die Auswirkungen wären vernachlässigungswürdig. Deutschland ist kein großer Waffenexporteur. Es gibt einige spezialisierte Firmen, die es treffen würde. Insgesamt sehe ich dadurch keinen Schaden auf die deutsche Wirtschaft zukommen.