Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Die EU hat viele Vorteile“
Die US-Amerikanerin Freia Siegel kennt beide Seiten
RAVENSBURG/COLORADO - Die 17jährige Freia Siegel lebt in Colorado in den Vereinigten Staaten. 2014 hat sie ein Auslandsjahr hier in Deutschland gemacht, ein halbes Jahr davon hat sie in Ravensburg gelebt. Im Gespräch mit Saskia Schwarz spricht sie über den politischen Wandel in den USA und ihren Blick auf die Europäische Union.
Was für ein Bild hast du von der EU? Welche Vor- und Nachteile siehst du? Ich finde, dass die EU viele Vorteile hat, vor allem dadurch, dass sie eine einheitliche Währung hat, es einfacher ist, Arbeit zu finden, und man nicht überall ein Visum braucht. Andererseits finde ich sie aber auch schlecht, da viele sehr verschiedene Länder zur EU gehören und es deswegen schnell zu Streit führen kann. Vor allem die Einwanderer, also zum Beispiel die Polen in England, führen dazu, dass die Nationalisten des Landes dagegenstehen.
Wird die EU an sich eigentlich in den amerikanischen Medien und in deiner Schule behandelt? Redet ihr in eurer Freizeit manchmal darüber oder eher nicht? Also hier in den USA reden wir relativ wenig über die EU im Unterricht. Die EU wird in den Medien manchmal ungerecht behandelt, da hier in den USA eine sehr nationalistische Stimmung herrscht. Da wir uns selbst das Land der Freiheit nennen und darauf sehr stolz sind, dass wir selbstständig sind, finden manche Amerikaner hier, dass die EU ein Verbrechen an der Individualität und persönlichen Freiheit ist, da so viele verschiedene Länder zusammengebunden sind.
War das schon mal anders und was denkst du, seit wann sich das so verändert hat? Was könnte der Auslöser dafür gewesen sein? Ich glaube nicht, dass alle Menschen in den USA einen solchen extremen Blick auf die EU haben. Die Amerikaner im Gesamten sind sehr mit sich selbst in der Welt beschäftigt und verfolgen hauptsächlich die Medien, Terroristengruppen und Themen, die gezielt die USA betreffen. Außerdem denke ich, dass es keinen wirklichen Auslöser gab, sondern dass es mehr ihre persönliche Meinung als eine Gesamtmeinung der USA ist. Hier sind sehr viele Menschen auf ihre politische Meinung sehr stolz. In den USA äußern sich die Menschen nicht gerne zu Politik und Religion, da öfters Meinungsverschiedenheiten darüber zu Streit führen statt zu intellektuellen Gesprächen. Die Menschen sind hier sehr stur.
Würdest du dir eine engere Beziehung zu Europa wünschen? Also ich persönlich habe eine sehr enge Beziehung zu Europa, und ich wünsche mir schon, dass die Amerikaner eine globalere Perspektive hätten, aber ich glaube, das wird noch länger dauern, obwohl es sich aktuell schon ändert. Es gibt zunehmend Amerikaner, die daran interessiert sind, während des Studiums einen Austausch zu machen. Die jüngeren Generationen werden immer weltoffener, und ich glaube, langsam wird sich das ganze Land etwas ändern.