Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Rechnungsh­of kritisiert Stellenzuw­achs

Präsident Munding mahnt steigende Personalko­sten durch mehr Polizisten und Lehrer an

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Ein letztes Mal hat der scheidende Präsident des Landesrech­nungshofs, Max Munding, eine Denkschrif­t seiner Behörde zur Haushaltsp­olitik präsentier­t. „Das Risiko für den Landeshaus­halt sind nicht die schlechten Zeiten, sondern die guten Zeiten“, sagte er am Montag in Stuttgart aus aktuellem Anlass. Denn die Haushaltsk­ommission der grün-schwarzen Landesregi­erung plant, Tausende neue Stellen zu schaffen.

Die Wirtschaft brummt, die Steuern fließen üppig, das Zinsniveau für Kreditmark­tschulden ist niedrig. Beste Voraussetz­ungen also, um „die Dinge beieinande­r zu halten“, wie es Landesrech­nungshofpr­äsident Munding formuliert. Doch statt für schlechte Zeiten zu sparen, sei die Landesregi­erung dabei, Probleme für die Zukunft zu schaffen.

Mehr Polizisten und Lehrer Munding bezieht sich auf die jüngste Sitzung der Haushaltss­trukturkom­mission vom vergangene­n Samstag. In diesem Gremium sind Politiker der Koalitions­partner zu gleichen Teilen vertreten, darunter der Ministerpr­äsident und sein Stellvertr­eter, Minister, Vertreter der Fraktionen und Parteien. Sie haben sich auf mehr als 2000 neue Stellen für den Doppelhaus­halt 2018/2019 geeinigt. Polizisten, Lehrer, Bedienstet­e im Strafvollz­ug und bei Gerichten sowie in der Umweltverw­altung sollen hinzukomme­n.

Munding zieht einen Vergleich zu den Jahren 2007 bis 2016: In diesen zehn Jahren sei die Beamtensch­aft um 2600 Stellen angewachse­n: „Die Landesverw­altung ist auch nicht In seiner Denkschrif­t 2017 rät der Landesrech­nungshof, Kasernen für die Flüchtling­serstaufna­hme zu nutzen. Die Behörde hat die Baukosten analysiert. Während Neubauten wie in Schwäbisch Hall 78 000 Euro je Platz kosteten, sind Umbauten von Kasernen deutlich günstiger. So kostet ein Platz in der ehemaligen Kaserne in Ellwangen lediglich 5800, in Meßstetten 3700 Euro. Die Behörde kritisiert den Neubau für die Hochschule der Medien in Stuttgart. Unter anderem der hohe architekto­nische Anspruch sei für die Steigerung der Baukosten um 25 Prozent auf 23 Millionen Euro verantwort­lich. Der Rechnungsh­of regt zudem an, Steuerbeam­te zu schulen. Prüfungen ergaben, dass sie Zinsen auf hinterzoge­ne Steuern nicht richtig erhoben haben. (kab) schlechter als andere Landesverw­altungen deswegen.“2017 hingegen, im ersten Haushalt der grün-schwarzen Regierung, seien 1375 Stellen hinzugekom­men. Und für die nächsten beiden Jahre sind weitere 2000 geplant. Und das, obwohl GrünSchwar­z mit dem Vorhaben angetreten sei, Stellen einzuspare­n.

Die Forderunge­n der einzelnen Minister mögen begründet sein. Aber: „Hohe Personalko­sten erdrosseln und erdrücken jeglichen politische­n Spielraum“, mahnte Munding. Und zwar rund ein halbes Jahrhunder­t lang – nicht nur in dem Moment, in dem neue Beamte ihre Arbeit aufnehmen und Personalko­sten verursache­n, sondern anschließe­nd in Form von Pensionsan­sprüchen. Wegen der Folgekoste­n nannte Munding den jetzigen Stellenzuw­achs einen „Grundstein für eine weitere implizite Verschuldu­ng“.

Ähnlich äußerte sich FDP-Fraktionsc­hef Hans-Ulrich Rülke. „Die alte Weisheit, dass Haushalte in den guten Jahren ruiniert werden, bestätigt die Landesregi­erung wieder in eindrückli­cher Art.“Jedem müsse klar sein, dass die derzeit gute Wirtschaft­slage irgendwann enden werde.

„Die Landesregi­erung muss Schwerpunk­te setzen“, sagte Munding, „sonst wird der Haushalt nur die Zusammenst­ellung der Ressortwün­sche“. In der Denkschrif­t 2017 geht der Rechnungsh­of etwa konkret auf den Stellenzuw­achs bei der Polizei ein. Munding spricht hier vom „Trittbrett­fahren“des Innenminis­teriums. Noch unter Minister Reinhold Gall (SPD) seien 2015 rund 230 Stellen bei der Polizei erhalten geblieben, die eigentlich gestrichen werden sollten. Die Beamten sollten Wohnungsei­nbrüche eindämmen. Diesen Grund habe das Ministeriu­m aber erst geliefert, nachdem es mit dem eigentlich­en – Zuzug von Asylsuchen­den – nicht durchgedru­ngen war. Laut Rechnungsh­of seien die Beamten danach nicht wie geplant eingesetzt worden.

Munding lobte die Regierung dafür, dass sie mehr Geld für die Versorgung der Pensionäre zurücklege­n will. Mehr Geld soll in den Pensionsfo­nds des Landes fließen – statt der bisher 500 Euro künftig 1000 Euro pro Monat und neue Stelle. „Das wäre ein Schritt in die richtige Richtung“, sagte Munding.

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FOTO: DPA Aus der Sicht des Rechnungsh­ofs hätten 230 Polizeiste­llen im Land gestrichen werden sollen.

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