Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Glamour am Grünen Hügel

Kanzlerin Merkel und Königin Silvia kommen zur Eröffnung der Bayreuther Festspiele

- Von Andreas Herholz und dpa

BERLIN - Wieder einmal der große Auftritt: Lächeln und Winken für die Fotografen auf dem nassen roten Teppich, diesmal im Regen unterm Schirm. Die Kanzlerin im apricotfar­ben schillernd­en Jackenklei­d, ihr Gatte Joachim Sauer im Smoking – das große Schaulaufe­n der Promis auf dem Grünen Hügel zum Auftakt der Bayreuther Festspiele. Angela Merkel, das schwedisch­e Königspaar, Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer mit Gattin Karin und viele andere Persönlich­keiten kamen, um die Premiere der „Meistersin­ger“von Richard Wagner zu erleben. Für die Musik Richard Wagners nimmt Angela Merkel einiges in Kauf. „Ich verzichte gern auf meinen Urlaub, aber nicht auf Bayreuth“, soll sie einmal bekannt haben.

Wie schon in den vergangene­n Jahren pilgert Merkel mit ihrem Gatten Joachim Sauer zunächst nach Bayreuth, danach geht es nach Südtirol ins Vier-Sterne-Romantikho­tel „Marlet“und zum Wandern. Die weltberühm­ten Festspiele starteten gestern mit der Aufführung der „Meistersin­ger von Nürnberg“(Regie: Barrie Kosky). Eigentlich ist dieser Jahrmarkt der Eitelkeite­n nicht so recht nach Merkels Geschmack. Als sich im Bundestags­wahlkampf 2005 beim Bayreuth-Besuch an einem Hochsommer­tag ein Schweißfle­ck unter der Achsel auf ihrem Kleid abgezeichn­et hatte, beschäftig­te dies damals noch tagelang die Boulevardu­nd Klatschpre­sse. Doch inzwischen genießt Merkel den Festspiel-Rummel Jahr für Jahr. Was für eine Robe trägt die Kanzlerin diesmal? Spannung bei den Schaulusti­gen und Fotografen.

Angela Merkels modischer Coup im Frühjahr 2008 war tagelang Gesprächss­toff Nummer eins, nicht nur im politische­n Berlin. Kühne Formen, auffällige Optik, damals zur Einweihung des neuen Opernhause­s in Oslo hatte die Regierungs­chefin in einer Abendrobe mit tief ausgeschni­ttenem Dekolleté überrascht. Die Fotografen stürzten sich auf die deutsche Kanzlerin.

Nicht nur die Kanzlerin ist ein Hingucker für sie alle. Silvia und Carl Gustaf von Schweden verleihen der Eröffnung der 106. Bayreuther Festspiele königliche­n Glanz. Lauter Jubel brandet auf, als die Skistars Rosi Mittermaie­r und Christian Neureuther auf dem roten Teppich erscheinen. Die „Tatort“-Schauspiel­er Harald Krassnitze­r und Udo Wachtveitl sind da, ihre Kollegin Michaela May ebenso. Gloria Fürstin von Thurn und Taxis zählt zu den Stammgäste­n, ebenso wie zahlreiche Politiker. Bundestags­präsident Norbert Lammert (CDU) muss gar kurz anstehen, als es zum Stau auf dem roten Teppich kommt.

Beatles-Fan und Wagneriane­rin Die Liebe zur Oper begleitet Merkel bereits seit ihrer Kindheit. „Großartig“sei das gewesen, als sie ihre Eltern das erste Mal zu einer Felsenstei­n-Inszenieru­ng von „Der Fiedler auf dem Dach“in die Komische Oper Berlin mitgenomme­n hätten. Häufige Besuche der Familie von Konzerten und Theaterauf­führungen weckten früh das Interesse bei ihr. Als Jugendlich­e besucht sie später öfter die Großmutter in Berlin und geht regelmäßig in die Staatsoper. Dort in den Opernhäuse­rn gehört die bekennende Wagneriane­rin auch heute noch zum Stammpubli­kum. Zu Hause in der Pfarrersfa­milie, bei den Kasners, sei gerne musiziert worden, wenn auch nur auf „Blockflöte­nniveau“, wie die Kanzlerin bekennt. „Ich bin mit Musik groß geworden“, erzählte sie in Interviews. Angela Kasner, wie sie damals noch hieß, singt im Kirchencho­r und nimmt jahrelang Klavierunt­erricht. Doch habe es ihr an Begabung gemangelt, bedauert Merkel heute. In ihrem Reisegepäc­k sei auch heute noch das Liederbuch „Die Mundorgel“mit dabei, heißt es. Ihre erste eigene Langspielp­latte jedoch war keine klassische Aufnahme, sondern „Yellow Submarine“, von den Beatles, die sie in Moskau gekauft hatte.

Zur Hügelpilge­rin und Wagneriane­rin wurde sie durch ihren heutigen Mann Professor Sauer. 1991 besuchte sie erstmals die Festspiele in Bayreuth und gehört seitdem zu den treuesten Fans. „Wagner zwingt einen, sich der Musik zu widmen“, hat Merkel einmal erklärt.

Der Komponist hätte die Zuneigung der Kanzlerin wohl kaum erwidert, ließ er doch kein gutes Haar an Politikeri­nnen. Seinem Kollegen Franz Liszt schrieb er einmal: „Wir kennen in der Geschichte keine grausamere­n Erscheinun­gen als politische Frauen.“

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FOTOS: DPA Prominenz auf dem roten Teppich: Königin Silvia von Schweden (links) und Karin Seehofer treffen zur Eröffnung der Bayreuther Festspiele ein.
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Zur Wagneriane­rin wurde Angela Merkel durch ihren Mann, Professor Joachim Sauer.

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