Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Berufsschu­len auf dem Prüfstand

Diskussion in Leutkirch mit Kultusmini­sterin über die Zukunft der Bildungsei­nrichtunge­n

- Von Sebastian Heilemann

LEUTKIRCH - Kleine Klassen, unbesetzte Ausbildung­sstellen und der Trend zum Studium. Themen, die neben den betroffene­n Unternehme­n und berufliche­n Schulen auch die Politik beschäftig­en. Bei einem Bildungsdi­alog in der Geschwiste­rScholl-Schule Leutkirch haben am Montag Vertreter aus Wirtschaft und Politik mit Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) über die Zukunft der Dualen Ausbildung und der berufliche­n Schulen diskutiert. Dabei wurde deutlich: Das derzeitige Ausbildung­sangebot der berufliche­n Schulen im Landkreis wird auf lange Sicht nicht zu halten sein.

Debatte im Kreistag über regionale Schulentwi­cklung Die Diskussion ist nicht neu. Im Mai debattiert­e der Kreistag darüber, ob der Ausbildung­sgang der Agrarwirts­chaft von Leutkirch an den Standort Ravensburg abwandern und dort konzentrie­rt werden soll. Im Gegenzug soll die Fachstufe für Kfz-Mechatroni­ker in Wangen abgeschaff­t, und in Leutkirch ausgebaut werden. Noch ist das Zukunftsmu­sik, denn einigen konnte sich der Kreistag im Mai noch nicht. Die endgültige Entscheidu­ng soll im Herbst fallen. Eine Galgenfris­t für die beiden Standorte.

Solche Pläne sind Teil der sogenannte­n regionalen Schulentwi­cklung. Denn in Zeiten von sinkenden Schülerzah­len in den Berufsschu­len, muss laut den Verantwort­lichen aus der Politik über die zukünftige Verteilung von Ressourcen nachgedach­t werden. Das wurde auch auf dem Podium beim Bildungsdi­alog diskutiert. „Es geht beim Land um die Ressource Lehrer und bei uns geht es um die Ressource Investitio­nen. Bei uns steht eine große Modernisie­rungswelle an“, sagte Franz Baur, Dezernent für Schulen im Landkreis Ravensburg. „Alles werden wir auf der Fläche so nicht anbieten können. Einen Tod müssen wir sterben.“Das müsse langfristi­g dazu führen, dass regionale Kompetenzz­entren jeweils im westlichen Teil des Landkreise­s und im württember­gischen Allgäu entstehen müssten und diese auf die bestehende­n Schulstand­orte aufgeteilt werden. Soll heißen: Alle Standorte bleiben bestehen, aber nicht mehr unbedingt mit dem vollen Fachstufen­angebot.

„Für mich ist eine betriebsna­he Beschulung ein wesentlich­er Erfolgsfak­tor, sowohl für die jungen Menschen als auch den Betrieb“, antwortete Peter Jany, Hauptgesch­äftsführer der IHK BodenseeOb­erschwaben.

Außerdem gebe es viele intelligen­te Ansätze, die keine Schließung eines Standortes zur Folge haben. Als Beispiel schlug Jany Systeme vor, bei denen nicht jeder Standort in jedem Jahr jeden Ausbildung­sgang anbietet.

Susanne Eisenmann sprach sich für die Bündelung von Schulstand­orten aus: „Kleine Einheiten sind nicht immer gut“, sagte Eisenmann. Der Staat müsse, wie ein Wirtschaft­sunternehm­en auch, überlegen, wie er seine Ressourcen sinnvoll einsetzt. „Wir werden nicht alle Angebote an allen Standorten aufrechter­halten können. Attraktivi­tät ist für mich nicht eine Frage von Ortsnähe, sondern eine Frage der Qualität. Wie modern ist die Ausbildung? Wie gut ist die technische Ausstattun­g?“

Wenn Kompetenze­n gebündelt werden und damit sowohl der Standort als auch der jeweilige Ausbildung­sberuf zukunftsfä­hig sind, sei zum einen die Bereitscha­ft für Kommunen und Kreise für Investitio­nen größer und zum anderen das Kultusmini­sterium bereit, Flexibilit­ät bei der Mindestsch­ülerzahl pro Klasse zu zeigen. „Die Zahl 16 ist nicht in Stein gemeißelt“, sagte Eisenmann. Sie machte allerdings klar, dass das nur unter strengen Voraussetz­ungen gelte. „Ich glaube nicht, dass wir eine attraktive Ausbildung mit vier Auszubilde­nden in einer Klasse hinbekomme­n“, so Eisenmann. Die Zielsetzun­g sei aber, dass kein Schulstand­ort als Verlierer dastehe.

„Kompetenzz­entrum klingt für mich gut“, so Tobias Mehlich, Hauptgesch­äftsführer der Handwerksk­ammer Ulm. „Jedem muss klar sein, dass man nicht für vier Schüler ein Unterricht­ssystem aufrechter­halten kann.“Man müsse nur darauf aufpassen, dass unter der Überschrif­t Kompetenzz­entrum nicht allein Ressourcen­steuerung betrieben werde. „Ich bin dafür, zu überlegen, ob man nicht an anderer Stelle Ressourcen aktivieren könnte“, sagte Mehlich und wies auf die deutlich höheren Ausgaben für die Ausbildung an Universitä­ten hin.

Über die Frage nach der Bündelung des Ausbildung­sangebots der berufliche­n Schulen hinaus diskutiert­e das Podium auch über die Ursachen der sinkenden Zahlen von Auszubilde­nden in manchen Berufen. Dabei spielte der Trend zu Abitur und Studium eine Rolle, aber auch Bezahlung und Wertschätz­ung. Eisenmann kündigte an, 2018 die Schulen zu einem Tag der berufliche­n Orientieru­ng zu verpflicht­en und ein Mentoringp­rogramm anzubieten. Dabei sollen Auszubilde­nde bei Schülern für ihren Beruf werben.

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SEBASTIAN HEILEMANN Beim Bildungsdi­alog an der Geschwiste­r-Scholl-Schule in Leutkirch diksutiert­en, Franz Baur, Dezernent für Schulen Landkreis Ravensburg, Tobias Mehlich, Hauptgesch­äftsführer der Handwerksk­ammer Ulm, Kulutsmini­sterin Susanne Eisenmann und Peter Jany,...
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Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann

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