Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Mit dem Glauben ist das so wie mit dem Sport“
Mehr als 3000 Christen pilgerten an Maria Himmelfahrt zur 36. Fatima-Schiffsprozession auf den Bodensee
LINDAU - Langsam gleiten fünf Schiffe der weißen Flotte vom Bodensee in den rasch dunkler werdenden Abend. Sie sind gefüllt mit insgesamt mehr als 3000 Gläubigen aus ganz Europa. „Meerstern ich dich grüße…! Oh Maria hilf!“klingt es feierlich und sanft über den See. Es ist die 36. Fatima-Schiffsprozession zu Maria Himmelfahrt. Lieder und Gebete der Pilger wechseln sich ab. Dazwischen spielen die Musikkapellen, die die Prozession auf den Schiffen begleiten.
Auf dem Monstranz-Schiff, so genannt, weil sich das Allerheiligste darauf befindet, ist das der Musikverein Merazhofen mit seinem Dirigenten Karl Kurray. Seit 17 Jahren spielt er mit seinen Musikanten für die Geistlichkeit, die Direktor Nikolaus Maier und in diesem Jahr als Ehrengast Weihbischof Florian Wörner aus Augsburg um sich herum versammelt haben. Ob er denn selber so richtig gläubig sei? „Mit dem Glauben ist das so wie mit dem Sport. Wenn du ihn nicht trainierst, verlierst du ihn wie die gute Kondition“, sagt der Dirigent versonnen. Im Alltag da sei natürlich nicht immer alles reine Nächstenliebe. „Ich bin Schreiner. Ganz klar kracht es in der Werkstatt auch mal. Aber so ein Abend, der erdet mich ganz wunderbar.“Und Schwester Laura von der Heiligen Familie der Apostel aus Tirol erzählt, dass sie zum ersten Mal bei der Schiffsprozession dabei ist. „Ich fühle mich sehr ergriffen. Das gemeinsame Gebet geht ganz tief und ganz weit.“
Währenddessen steuern die Kapitäne die Schiffe zu einem Stern. Die Lautsprecher werden eingeschaltet, die die Predigt über den See zu den anderen Pilgerschiffen tragen sollen. Nikolaus Maier, Direktor der Gebetsstätte, die seit 17 Jahren Veranstalter der Fatima-Schiffsprozession ist, begrüßt die Pilger auf den anderen Schiffen zu diesem „vielleicht größten und aufsehenerregendsten Ereignis des Glaubens in der Region.“
Das Wetter passt zu den rauen Tönen der Weltpolitik
Ein Gewitter zieht auf. Wolken ballen sich. Erste Tropfen fallen. Ein Blitz zuckt durch das dunkle Grau. Der Donner folgt grollend. „Auch wenn wir Meerstern ich dich grüße gesungen haben: Ein Blick in den Himmel lässt nun nicht gerade an einen strahlenden Sternenhimmel oder an Sonnenschein denken“, sagt Weihbischof Florian Wörner ins Mikrofon. Und dennoch passe gerade dieses Unwetter, das just zu seiner Ansprache auf hoher See beginne, ganz gut zur Situation, zum Unbehagen, das ihn beschleiche, „angesichts der Töne, die wir aus Nordkorea und der Türkei hören, angesichts der rauen Sprache, die wir auf weltpolitische Ebene wahrnehmen, angesichts der Bilder aus Syrien, Mosul und anderen Krisenherden dieser Erde. Wir laufen Gefahr dass wir uns an das furchtbare Leid gewöhnen, das die Menschen dort ertragen müssen. Die Zeichen stehen auf Sturm“, wettert der Bischof. Friede gründe auf Gerechtigkeit und auf Wahrheit. An Fatima seien die Gläubigen aufgefordert, sich dem Herzen Mariens zu weihen, die seit mehr als 1000 Jahren als „Stern des Meeres“verehrt werde.
Auf Mariens Fürsprache vertrauen und beten
„Wollen wir die Weihe an das unbefleckte Herz Mariens vollziehen, den Staatspräsidenten von Nordkorea, Putin, Erdogan und auch Trump hineinlegen. Alle Herrscher und Machthaber, alle Menschen die unter Kriegen leiden, alle Menschen, die Verantwortung tragen. Vertrauen wir auf Mariens Fürsprache und lassen uns von ihrem Beispiel inspirieren“, sagte der Bischof und sprach den sakramentalen Segen für ein in Frieden vereintes Europa.
Mit Maria sollen die Christen Europas Gott anbeten, um eine Zivilisation der Gerechtigkeit, der Wahrheit und des Friedens, der nicht auf faulen Kompromissen aufgebaut sei, zu erlangen. „Beten wir, weil wir wissen, dass das Gebet die Kraft hat, den Frieden in Europa zu bewahren“, so der Bischof weiter.
Der Regen peitscht über den Bodensee bis die letzten Worte des Bischofs verklungen sind. Zum gemeinsam gesungenen „Großer Gott, wir loben dich“tröpfelt es nur noch. Und nachdem sich das Gewitter verzogen hat, erleuchtet nun ein Klangfeuerwerk den Himmel, das die Pilger mit Begeisterung genießen, bevor die Schiffe zurück in ihre Heimathäfen gleiten.