Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Abwicklung im Schnellverfahren
Unter großer Eile will sich Lufthansa große Teile der Air Berlin einverleiben
FRANKFURT - Die Abwicklung von Air Berlin könnte zügig gehen. Man sei mit drei Interessenten im Kontakt, sagte dessen Vorstandschef Thomas Winkelmann, bis September will er juristisch belastbare Vereinbarungen getroffen haben. Die Eile könnte auch deshalb geboten sein, weil der Überbrückungskredit der Bundesregierung nicht unbedingt bis November reichen dürfte, wie Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries noch am Dienstag angenommen hatte. Denn wenn die Kundenbuchungen ausbleiben sollten, könnte der schneller zur Neige gehen.
Lufthansa ist offenbar an der Übernahme von etwa zwei Dritteln der Flugzeuge interessiert, die Verhandlungen mit dem Sachwalter Lucas Flöther und dem Air-Berlin-Vorstand sollen nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“heute aufgenommen werden. Lufthansa selbst gibt wegen der laufenden Verhandlungen dazu keine Auskunft.
Bedenken der Wettbewerbshüter
Doch wird sie mit strengen Auflagen der Wettbewerbsbehörden rechnen müssen. Weil Lufthansa und Air Berlin auf vielen Strecken direkte Konkurrenten sind, müsse die Kranichlinie wohl auf weite Teile der Landerechte verzichten, glaubt der Chef der Monopolkommission Achim Wambach. Lufthansa wickelt deutschlandweit 68 Porzent der Inlandsflüge ab, Air Berlin 27 Prozent. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt verweist jedoch darauf, dass man Monopolfragen nicht mit der regionalen Brille, sondern im europäischen und internationalen Marktumfeld betrachten müsse: „Wir brauchen einen deutschen Champion im internationalen Luftverkehr“, sagte er der „Rheinischen Post“. FDP-Chef Christian Lindner warnte jedoch vor einem LufthansaMonopol: Der Staat solle sich im Interesse der Kunden nicht in den Wettbewerb zugunsten der Lufthansa einmischen.
Beobachter glauben, dass aus Wettbewerbsgründen die Start- und Landerechte in Berlin wahrscheinlich an die britische Easyjet gehen dürften. Auch der Ferienflieger Condor werde wohl bedacht werden. Der sagte dazu nur, die Mutter Thomas Cook und die Fluggesellschaft stünden für eine aktive Beteiligung an der Zukunft von Air Berlin bereit, sie seien auch willens, eine aktive Rolle bei möglichen Auffanglösungen zu spielen.
Wie groß die Zuteilung an Lufthansa wird, dürfte auch von den Zusagen für das Personal von Air Berlin abhängen. Da aber dürfte die Kranichlinie darauf bestehen, dass sie diese nicht zu den alten Air-BerlinKonditionen übernehmen werde. Denn die Flugzeuge von Air Berlin samt Besatzung sollen wahrscheinlich an die Lufthansa-Billigflugtochter Eurowings übergehen. Die aber hat daran Interesse, die Kostenstrukturen weiter zu drücken, zu anderen Konditionen wird sie deshalb kaum gewillt sein, die Mitarbeiter zu übernehmen. Wahrscheinlich müsse sich das fliegende Personal von Air Berlin als Berufseinsteiger neu bewerben, um einen Job zu erhalten, befürchtet der Chef der Flugbegleitergewerkschaft Ufo, Nicoley Baublies,
Die irische Fluggesellschaft Ryanair jedoch, die Beschwerde bei den Kartellbehörden eingelegt hatte, dürfte bei der Verteilung der Insolvenzmasse wohl nicht berücksichtigt werden, vermuten Beobachter. Denn Ryanair ist bekannt für seine harte Personalpolitik: Die Piloten werden als freie Mitarbeiter eingestellt, um die Kosten möglichst gering zu halten. Für die Mitarbeiter von Air Berlin werde man deshalb eine Lösung suchen, die sicherer sei, ist zu hören.