Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Radeln zwischen Reben
Die „Weinland Steiermark Radtour“führt in acht Etappen durch die Heimat des Kürbiskernöls
Ulrike Mauthner ist eine Wirtin wie aus dem Bilderbuch. Ihr Leben lang hat sie sich als Hotelchefin in Schwanberg um ihre Gäste gekümmert. „Das ist mein Leben, meine Leidenschaft“, sagt die 61-Jährige im feschen Dirndl. Gerne führt sie ihre Gäste durch den kleinen Ort hoch zur Josefikirche. Dort, auf dem Hügel, bietet sich ein fantastischer Ausblick über sanfte Hügel, fruchtbare Weinberge und satte Wälder der Südsteiermark.
Diese idyllische Gegend lässt sich bestens mit dem Rad erkunden. Radfahrer treffen auf abwechslungsreiche Naturlandschaften, schmucke Städte, zahlreiche Schlösser und entspannende Thermen. Kulinarisch belohnt werden sie in vielen Vinotheken und Restaurants mit regionalen Köstlichkeiten ebenso wie in gemütlichen Buschenschänken mit hausgemachtem Wein und einer deftigen Brettljause. Der Großteil der Gastronomen setzt auf regionale Produkte wie Spargel, Pilze, Beeren, Saibling, Wollschwein und das Sulmtaler Huhn. Nicht umsonst gilt die Gegend im Südosten Österreichs als Feinschmecker-Region, ihre Landeshauptstadt Graz als Genuss-Hauptstadt Europas.
An der Mur entlang
Auf der neuen, 400 Kilometer langen „Weinland Steiermark Radtour“, die durch das Weinland und das Thermengebiet im Süden und Osten der Steiermark führt, finden Radfahrer neben flachen Strecken auch sportliche Herausforderungen an steileren Hügeln. Spaßradler können sich an vielen Orten ein E-Bike ausleihen und so jede Steigung überwinden. Acht gemütliche, durchgehend beschilderte Etappen zwischen 40 und 60 Kilometer führen nach Graz, Hartberg, Bad Radkersburg, Leibnitz und Deutschlandsberg.
Beliebter Ausgangspunkt ist Bad Radkersburg in der Südoststeiermark. Nur der Fluss Mur trennt den kleinen Kurort mit den romantischen Renaissance-Bauten und dem magnesiumreichen Mineralbad vom Nachbarland Slowenien. Von dem Städtchen starten mehrere Touren durch das sogenannte Thermenland. Mittwochs und samstags bieten Tourguides kostenlose Radtouren ab dem Hauptplatz an.
Alle nennen sie Luigi und Sepp. Ihre grün-weißen Radtrikots zeichnen die beiden pensionierten Offiziere als Guides aus. Gerne führen sie ihre Radgruppen auf den 52 Kilometer langen, beliebten Murradweg von Bad Radkersburg nach Leibniz in der Südsteiermark. Die Tour R2 der „Weinland Steiermark Radtour“ist flach, ideal für Einsteiger. Luigi, Sepp und ihre Gruppe radeln vorbei an Ackerflächen mit Mais, Kürbissen und den regionaltypischen Käferbohnenranken. Wer seine Augen über die Felder schweifen lässt, sieht hier einen Raben thronen, dort einen Hasen Haken schlagen oder einen Wiedehopf mit Krönchen auf dem Haupt mitten auf dem Acker sitzen.
Die Radstrecke ist abwechslungsreich. Sonnenstrahlen lassen in den üppigen Laubwäldern das Grün der Blätter von Ahorn, Buchen und Eichen leuchten. Vogelgezwitscher begleitet die Radfahrer, vom Lärm der Straße bleiben sie weitgehend verschont. Kleine Weiler und Höfe mit zierlichen Kapellen liegen an der beschaulichen Strecke, ab und zu ein verfallenes Gut im Dornröschenschlaf. Liebevoll bepflanzte Bauerngärten verwöhnen Auge und Seele. Säuberlich gestapeltes Holz lässt an den nächsten Winter denken, der im Süden der Steiermark mild ist und nur selten Schnee bringt. „Radeln kann man bei uns oft schon im Februar – das ist herrlich“, schwärmt Sepp.
Auf dem Weg durch die Gosdorfer Murauen, dem größten Auengebiet der Steiermark und als „Natura 2000 Europa Schutzgebiet“ausgezeichnet, legen Luigi und Sepp immer wieder kleine Stopps ein. Mal gilt ihr Augenmerk der runden Dreifaltigkeitskapelle in der Au, mal dem modernen Murturm in Form einer metallenen Doppelhelix, der zu einem grandiosen Panoramablick auf die Umgebung einlädt, mal der 150 Jahre alten Murfähre Weitersfeld, die allein durch die Kraft der Strömung zwischen dem österreichischen und dem slowenischen Ufer hin- und her pendelt und so internationale Rad- und Fußwege verbindet.
Die Strecke führt vorbei an Fischweihern, leise plätschernden Bächen und durch Laubwälder. Gartenwirtschaften entlang des Radweges laden dazu ein, den Durst zu löschen. Radfahren, ohne einzukehren, das können sich Luigi und Sepp so gar nicht vorstellen. Denn die beiden sind Steirer mit Leib und Seele, und Steirer sind Genussmenschen, das lernen die Gäste ganz schnell.
Je mehr sich der Radweg dem Städtchen Leibnitz nähert, desto näher rücken die sanften Weinberge. Von Leibnitz aus führt der Sulmtalradweg R1 als weitere Etappe der „Weinland Steiermark Radtour“mit rund 52 Kilometern nach Deutschlandsberg. Einen kleinen Schlenker macht er hoch zur Weinbauschule Silberberg, seit 1895 Kaderschmiede für die österreichische Winzerkultur. Das Schloss Gleinstetten mit dem Spiegelbrunnen im Park ist einen Stopp wert ebenso wie die traditionsreiche Ölmühle Hartlieb, eine der vielen Ölmanufakturen in der Region. Martin führt in dem mächtigen, historischen Gebäude Gruppen humorvoll durch die Ausstellung zur Geschichte der Ölherstellung. Im Fokus steht das Kürbiskernöl, das aus der steirischen Küche nicht mehr wegzudenken ist. In Suppen, Salaten und für Pesto verwenden die Steirer dieses Öl, das sie in alle Welt exportieren. Ihre deutschen Nachbarn sind die Hauptabnehmer.
Entspannen im Moorheilbad
Auch Schwanberg am Fuße der steirischen Koralpe in der Region Schilcherland ist einen Stopp wert. Über dem hübschen Kurort mit den drei Kirchen thront von Weitem das Wahrzeichen, die Josefikapelle. Ihr Interieur ist eine überraschende Mischung aus alten, barocken Fresken und modernen, kunterbunten Wandmalereien des einheimischen Malers Jakob Laub. „50 Jahre hat er daran gearbeitet“, erzählt Wirtin Ulrike Mauthner und wendet ihren Blick nach unten, zum Heilmoorbad Schwanberg. Hier lässt es sich nach einer schweißtreibenden Radtour gut entspannen, bevor die letzten Etappenkilometer weiter nach Deutschlandsberg führen, wo die imposante Burg zu einem Besuch des historischen Museums Archeo Norico einlädt.
Mehr Infos zur „Weinland Steiermark Radtour“unter Telefon 0043/316/4003-0 und www.steiermark.com/weinland radtour
Die Recherche wurde unterstützt von der Deutschen Bahn AG und Steiermark Tourismus.