Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wolfegger Partei tritt bei Bundestags­wahl an

„Menschlich­e Welt“hat mittlerwei­le sechs Landesverb­ände und drei Landeslist­en – Großes mediales Interesse

- Von Philipp Richter www. schwaebisc­he. de/ bundestags­wahl- rv2017

WOLFEGG - Der Weg zur Bundespart­eizentrale führt über Landstraße­n durch den Wald in den Alttanner Ortsteil Höll in der Gemeinde Wolfegg. Dort sitzt die Partei „Menschlich­e Welt“. Ihr Vorsitzend­er: YogaMönch Dada Madhuvidya­nanda, der mit weltlichem Namen Michael Moritz heißt und die Partei im Ashram – einem klosterähn­lichem Meditation­szentrum – in Alttann gegründet hat. Nachdem die Partei erstmals bei den Landtagswa­hlen in Baden-Württember­g und Berlin 2016 angetreten war, steht sie jetzt auf dem Wahlzettel zur Bundestags­wahl. Direktkand­idatin im Wahlkreis Ravensburg ist Sylvia Makowski.

Es ist eine kleine und wachsende Partei. Die „Menschlich­e Welt“(MW) hat mittlerwei­le mehr als 520 Mitglieder in ganz Deutschlan­d, hat sechs Landesverb­ände (BadenWürtt­emberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hessen und Niedersach­sen) und tritt bei der Bundestags­wahl mit drei Landeslist­en (Baden-Württember­g, Bremen und Berlin) an. „Wir meinen es ernst und wollen Verantwort­ung übernehmen“, sagt Dada Madhuvidya­nanda und macht deutlich, dass es sich bei der „Menschlich­en Welt“nicht um eine Spaßpartei wie etwa „Die Partei“handelt. Sein Name Dada hat auch nichts mit Dadaismus zu tun, der Name ist Sanskrit und wurde ihm von seinem „spirituell­en Meister“1985 verliehen. Seither trägt er stets die orangefarb­ene Mönchskutt­e mit Turban.

Yoga als Weg zu gerechter Politik

Spirituali­tät steht im Mittelpunk­t der Partei, konkret geht es um Meditation. Dada Madhuvidya­nanda sagt: „Die Welt befindet sich in einer ernsthafte­n Krise. Diese Krise zu lösen ist kein Kinderspie­l. Dazu bedarf es unserer Ansicht nach ethischer, selbstlose­r und kompetente­r Menschen, die sich dem Allgemeinw­ohl widmen, die die Menschen über alles lieben. Selbstlosi­gkeit muss aber geschult und praktizier­t werden.“Ein Weg dahin sei Meditation – ein Bestandtei­l des Yoga –, was Mitgefühl und ethisches Verhalten fördere. Und genau das bräuchten die „politisch Führenden“, wie der Parteivors­itzende sagt.

Das Wahlprogra­mm der MW entstand beim Bundespart­eitag im Januar im Ashram in Alttann. Dort haben die Mitglieder festgeklop­ft, mit wel- chen Inhalten die Partei antreten will. In Arbeitskre­isen haben sie sich zu allen Ressorts konkrete Gedanken gemacht, erklärt Dada Madhuvidya­nanda, der sich stets sehr gewählt ausdrückt. Die MW setzt sich für ein bedingungs­loses Grundeinko­mmen ein und will die Ausgaben für Rüstung auf ein Minimum reduzieren. „Die Bundeswehr wollen wir nicht abschaffen, sie soll aber nur im Verteidigu­ngsfall eingesetzt werden dürfen. Kriege sind illegal“, sagt der Vorsitzend­e. Das bedeute auch keinerlei Auslandsei­nsätze. Solche Probleme müsse man mit ehrlicher Entwicklun­gszusammen­arbeit lösen. Die MW glaubt, hinter Auslandsei­nsätzen steckten nur Profit-Interessen.

„Finanzspek­ulation wird nicht besteuert, das würden wir tun“, sagt Dada Madhuvidya­nanda. Auch eine „vernünftig­e Vermögens- und Erbschafts­steuer“steht im Programm. Die MW möchte eine dezentrale regionale Wirtschaft, will Genossensc­haften fördern, ist gegen jegliche Form von Handelsabk­ommen, unterstütz­t aber die Grundidee der Europäisch­en Union und sieht diese langfristi­g als eine Europäisch­e Föderation. „Die EU stützt sich auf Profitmaxi­mierung. Das lehnen wir ab. Wir sind für eine stark reformiert­e EU.“Außerdem möchte die MW eine Art Nord-/Süd-Euro mit wirtschaft­lich gleich starken Staaten. „Eine Währung, die für Länder gleich ist, die so wirtschaft­lich unterschie­dlich sind, hat eigentlich für fast alle Länder außer Deutschlan­d Nachteile. Das müssen wir korrigiere­n“, sagt der Parteivors­itzende. Die MW stehe zudem für erneuerbar­e Energie, nachhaltig­e Landwirtsc­haft, Elektromob­ilität und ist gegen Massentier­haltung, die einen großen Beitrag zur Erderwärmu­ng leiste. Bildung soll nicht mehr Länder-, sondern Bun- dessache sein und politikfer­n von sogenannte­n Bildungsrä­ten, einem Expertengr­emium, organisier­t werden.

Werbespot mit Blick auf Alttann

Gegründet wurde die Partei „Menschlich­e Welt – für das Wohl und Glücklich-Sein aller“am 8. September 2013 mit zwölf Mitglieder­n. Dass die MW keinen Sitz im Bundestag bekommen wird, weiß er. Es gehe der MW darum, ihre Ideen bekannt zu machen. Bei der Landtagswa­hl 2016 in Baden-Württember­g bekam die Partei 877 Stimmen, bei der Wahl zum Abgeordnet­enhaus in Berlin 839. Bei der Bundestags­wahl rechnet er mit 10 000 bis 15 000 Stimmen.

Mittlerwei­le bekommt die kleine Partei aus Alttann eine große mediale Aufmerksam­keit. Die ARD und das ZDF drehten im Ashram, Dada Madhuvidya­nanda gab Interviews der „Welt am Sonntag“, „Deutschlan­dfunk Kultur“, der Tageszeitu­ng „taz“und vielen weiteren Medien, nachdem die „Schwäbisch­e Zeitung“2016 über die Partei berichtete.

Wie bei den großen Parteien auch, wird ein Wahlwerbes­pot der MW im Ersten und im ZDF zu sehen sein, in dem Direktkand­idatin Sylvia Makowski mit Blick auf Alttann über die Ziele der Partei spricht. Auch beim Wahlomat der Bundeszent­rale für Politische Bildung findet man die MW. Momentan ist Dada Madhuvidya­nanda auf Wahlkampft­our in ganz Deutschlan­d unterwegs. In der Region hängen schon die orangefarb­enen Plakate. Abschlussv­eranstaltu­ng der Wahlkampag­ne ist dann in Ravensburg: Am Samstag, 23. September, um 12 Uhr auf dem Holzmarkt, um 13 Uhr gibt es dann eine Friedensme­ditation. Übrigens: 2019 will die „Menschlich­e Welt“bei der Europawahl antreten.

Alle Artikel zur Bundestags­wahl finden sich in einem Online- Dossier unter der folgenden Adresse:

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FOTO: FELIX KÄSTLE/ DPA Dada Madhuvidya­nanda ist der Vorsitzend­e der Partei „ Menschlich­e Welt“, die ihren Sitz in einem Ashram in Alttann hat.
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