Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Acht Jahre im Gedenken an den „King of Pop“

Am heutigen Dienstag wäre Michael Jackson 59 Jahre alt geworden – Seine Fans treffen sich an einem Denkmal, das eigentlich für einen anderen Musiker erbaut wurde

- Von Patrik Stäbler

MÜNCHEN - Nach einigen Stunden am Promenadep­latz, nachdem Touristen dreier Reisegrupp­en – englisch, chinesisch, holländisc­h – die Statue mal belächelt und mal bewundert haben, nachdem Nena Akhtar vom Verein „MJ’s Legacy“erst von einem „fasziniere­nden Menschen“geschwärmt und dann von Attacken verfeindet­er Fangruppen erzählt hat – ganz zum Schluss kommt einem die Frage in den Sinn, was wohl Komponist Orlando di Lasso dazu gesagt hätte.

Dazu, dass vierhunder­t Jahre nach seinem Tod Menschen aus aller Welt zu seinem Denkmal strömen, das in kaum einem München-Reiseführe­r fehlt. Dazu, dass die Besucher aber nicht wegen ihm, einem der bedeutends­ten Komponiste­n der Renaissanc­e, hierherkom­men – sondern, weil der Sockel seiner Statue über und über mit Devotional­ien Michael Jacksons drapiert ist.

Verein pflegt Denkmal

Zu dessen 59. Geburtstag werden sich am heutigen Dienstag zig Fans zu Füßen des bronzenen di Lasso treffen, um Michael Jackson zu gedenken, der 2009 verstorben ist.

Während man über all das sinniert, taucht ein älterer Herr auf, für den das bayerische Wort „Grantler“erfunden werden müsste, wenn es dies nicht schon gäbe. Ohne Aufforderu­ng beantworte­t er die Frage anstelle des Renaissanc­e-Musikers: „Im Grab umdrehen würde sich der“, sagt der Mann zornig. „Das war einer der größten Komponiste­n seiner Zeit. Und jetzt haben die sein Denkmal so verschande­lt!“Ganz anderer Meinung sind da freilich Nena Akhtar und ihre Freunde vom Verein „MJ’s Legacy“, die sich selbst die „Denkmalfee­n“nennen. Tag für Tag kommt mindestens eine von ihnen hierher, fegt die Sockelstuf­en mit dem Handbesen, gießt Blumen, putzt alle Fotos und Bilder des „King of Pop“mit Feuchttüch­ern und schaut nach dem Rechten am Michael-Jackson-Memorial. Seit dem Todestag ihres Idols 2009 kümmern sie sich um die Gedenkstät­te. Damals stellten hier einige Fans Kerzen auf und legten Blumen nieder, weil der Popstar bei seinen München-Besuchen stets vis-à-vis im Hotel Bayerische­r Hof abzusteige­n pflegte.

Streit zwischen Fangruppen

„Im dritten Stock hat er gewohnt, die fünf Fenster da oben“, sagt Nena Akhtar und zeigt zur Fassade des Fünf-Sterne-Hauses, ehe sie zu einer Eloge auf Michael Jackson ansetzt. Ein „fantastisc­her Mensch“sei er gewesen; einer, der anderen helfen wollte und dem so viel Unrecht angetan wurde. Nena Akhtar ist seit Kindesbein­en MJ-Fan, keines seiner München-Konzerte hat sie verpasst. Mit dem Denkmal und dem Verein, der auch Spenden für bedürftige Kinder sammelt, will sie dafür sorgen, „dass sich die Leute auch noch in hundert Jahren an Michael Jackson erinnern“.

Wobei so viel Engagement in den Anfangsjah­ren nicht überall gut ankam: Immer wieder gab es Streit zwischen Fangruppen, Blumen wurden abgeknickt, Fotos abgerissen, sogar zu Handgreifl­ichkeiten kam es, mehrfach rückte die Polizei aus. „Das war wirklich brutal“, sagt Nena Akhtar. Infolge des Dauerdispu­ts schaltete sich 2015 gar das Kultusmini­sterium ein, verschickt­e Briefe an die verfeindet­en Gruppierun­gen und mahnte: Kehre kein Frieden ein, müsse die Gedenkstät­te geräumt werden.

Erst danach glätteten sich die Wogen, zumal „MJ’s Legacy“2016 eine Vereinbaru­ng mit der Regierung von Oberbayern traf, wonach der Freistaat das Memorial dulde, solange sich der Verein um dessen Pflege kümmere. Seitdem besuchen die Denkmalfee­n täglich den Promenadep­latz; „wir haben einen festen Arbeitspla­n“, sagt Nena Akhtar. Heute Abend jedoch werden sie alle zum Memorial kommen, genauso wie zig weitere Fans. Zu Ehren von Michael Jacksons 59. Geburtstag werden sie gemeinsam des Popstars gedenken, Kerzen anzünden und seine Lieder singen. Und zumindest Letzteres hätte sicher auch dem Musikliebh­aber Orlando di Lasso gefallen.

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FOTO: STÄBLER Nena Akhtar pflegt zusammen mit Freunden das Michael-Jackson-Denkmal.

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