Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
5000 Flüchtlinge leben derzeit im Kreis Ravensburg
Nach Jahren des Krisenmanagements steht nun die Integration der Menschen im Vordergrund
RAVENSBURG - Laut den jüngsten verfügbaren Zahlen des Landratsamtes lebten Anfang Juni fast 5000 geflüchtete Personen im Kreis Ravensburg, davon 1800 in der Erstunterbringung und 3200 in der Anschlussunterbringung. Schon diese beiden Zahlen belegen den Wandel der kommunalen Flüchtlingspolitik. Noch vor zwei Jahren war es in erster Linie darum gegangen, für die eingetroffenen Menschen im Rahmen der vorläufigen Erstunterbringung Orte für die staatlichen Gemeinschaftsunterkünfte zu finden, darunter zuletzt auch Turnhallen. Mit Abschluss des Asylverfahrens können die Geflüchteten mit Anerkennung oder Duldung selbst eine Wohnung suchen oder eine Anschlussunterbringung beziehen. Bei Erst- und Anschlussunterbringung gelten für alle Gemeinden und Städte individuelle Quoten gemäß ihrer Größe.
Wie aus der inzwischen deutlich kleineren Zahl für die Menschen in der Erstunterbringung ersichtlich ist, kommen seit Umsetzung der Beschlüsse auf EU-Ebene zur Flüchtlingspolitik deutlich weniger Asylbewerber auch in den Landkreis Ravensburg. Höhepunkt war der Dezember 2015 mit 556 aufgenommen Personen in den Kreis gewesen. Seit April 2016 bewegt sich diese Zahl im niedrigen und mittleren zweistelligen Bereich, im letzten Mai etwa sind 47 Asylbewerber vom Staat dem Landkreis Ra- vensburg zugewiesen worden. Im Schnitt auf das gesamte Jahr 2016 gesehen betrug der Familienanteil bei den Zugezogenen im Kreis Ravensburg 54 Prozent. Im ersten Halbjahr 2017 lag dieser Wert bei 28 Prozent.
Die Statistik für 2016 verzeichnet, dass 58 Prozent der damals neu in den Landkreis gekommenen Flüchtlinge Menschen aus Syrien waren, ein Fünftel kam aus Afghanistan und ein Zehntel aus dem Irak. Wie aus den Medienberichten der letzten Monate nachvollziehbar ist 2017 der Anteil der Personen aus Afrika deutlich gestiegen, davon im Kreis Ravensburg 41 Prozent aus Eritrea (zwischen Äthiopien und dem Sudan gelegen), 14 Prozent aus Nigeria und 12 Prozent aus Kamerun. Ein Zehntel der Geflüchteten stammte im ersten Halbjahr 2017 aus Syrien.
Unternehmen suchen Mitarbeiter
Immer wesentlicher wird nun die Aufgabe der Flüchtlingssozialarbeit, so eine Vorlage des Landratsamtes Ravensburg für die letzte Sitzung des Sozialausschusses. Das Landratsamt plant derzeit, die Zuständigkeit für die vorläufige Unterbringung beim Landkreis zu bündeln. So soll der Abstimmungsaufwand geringer werden. Die Städte, Gemeinden und freien Träger können sich dann auf die eigentliche Integration konzentrieren.
Spricht man mit Vertretern aus der Unternehmenswelt, wird deutlich, dass diese eine Bleibeperspektive für solche Migranten wünschen, die sie in Voll- oder Teilzeit angestellt haben. Angesichts der de-facto-Vollbeschäftigung in der Region suchen viele Unternehmen händeringend motivierte Mitarbeiter. Die Einsatzfreude vieler Asylbewerber bestätigt etwa auch Markus Winter, Mitgesellschafter der Firma IDS Holding GmbH (IndustrieDienstleistung Süd). Wie die SZ schon mehrfach berichtet hat, beschäftigt die IDS laut eigenen Angaben derzeit über 60 geflüchtete Menschen, darunter auch am Standort Ravensburg.