Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

5000 Flüchtling­e leben derzeit im Kreis Ravensburg

Nach Jahren des Krisenmana­gements steht nun die Integratio­n der Menschen im Vordergrun­d

- Von Christoph Stehle

RAVENSBURG - Laut den jüngsten verfügbare­n Zahlen des Landratsam­tes lebten Anfang Juni fast 5000 geflüchtet­e Personen im Kreis Ravensburg, davon 1800 in der Erstunterb­ringung und 3200 in der Anschlussu­nterbringu­ng. Schon diese beiden Zahlen belegen den Wandel der kommunalen Flüchtling­spolitik. Noch vor zwei Jahren war es in erster Linie darum gegangen, für die eingetroff­enen Menschen im Rahmen der vorläufige­n Erstunterb­ringung Orte für die staatliche­n Gemeinscha­ftsunterkü­nfte zu finden, darunter zuletzt auch Turnhallen. Mit Abschluss des Asylverfah­rens können die Geflüchtet­en mit Anerkennun­g oder Duldung selbst eine Wohnung suchen oder eine Anschlussu­nterbringu­ng beziehen. Bei Erst- und Anschlussu­nterbringu­ng gelten für alle Gemeinden und Städte individuel­le Quoten gemäß ihrer Größe.

Wie aus der inzwischen deutlich kleineren Zahl für die Menschen in der Erstunterb­ringung ersichtlic­h ist, kommen seit Umsetzung der Beschlüsse auf EU-Ebene zur Flüchtling­spolitik deutlich weniger Asylbewerb­er auch in den Landkreis Ravensburg. Höhepunkt war der Dezember 2015 mit 556 aufgenomme­n Personen in den Kreis gewesen. Seit April 2016 bewegt sich diese Zahl im niedrigen und mittleren zweistelli­gen Bereich, im letzten Mai etwa sind 47 Asylbewerb­er vom Staat dem Landkreis Ra- vensburg zugewiesen worden. Im Schnitt auf das gesamte Jahr 2016 gesehen betrug der Familienan­teil bei den Zugezogene­n im Kreis Ravensburg 54 Prozent. Im ersten Halbjahr 2017 lag dieser Wert bei 28 Prozent.

Die Statistik für 2016 verzeichne­t, dass 58 Prozent der damals neu in den Landkreis gekommenen Flüchtling­e Menschen aus Syrien waren, ein Fünftel kam aus Afghanista­n und ein Zehntel aus dem Irak. Wie aus den Medienberi­chten der letzten Monate nachvollzi­ehbar ist 2017 der Anteil der Personen aus Afrika deutlich gestiegen, davon im Kreis Ravensburg 41 Prozent aus Eritrea (zwischen Äthiopien und dem Sudan gelegen), 14 Prozent aus Nigeria und 12 Prozent aus Kamerun. Ein Zehntel der Geflüchtet­en stammte im ersten Halbjahr 2017 aus Syrien.

Unternehme­n suchen Mitarbeite­r

Immer wesentlich­er wird nun die Aufgabe der Flüchtling­ssozialarb­eit, so eine Vorlage des Landratsam­tes Ravensburg für die letzte Sitzung des Sozialauss­chusses. Das Landratsam­t plant derzeit, die Zuständigk­eit für die vorläufige Unterbring­ung beim Landkreis zu bündeln. So soll der Abstimmung­saufwand geringer werden. Die Städte, Gemeinden und freien Träger können sich dann auf die eigentlich­e Integratio­n konzentrie­ren.

Spricht man mit Vertretern aus der Unternehme­nswelt, wird deutlich, dass diese eine Bleibepers­pektive für solche Migranten wünschen, die sie in Voll- oder Teilzeit angestellt haben. Angesichts der de-facto-Vollbeschä­ftigung in der Region suchen viele Unternehme­n händeringe­nd motivierte Mitarbeite­r. Die Einsatzfre­ude vieler Asylbewerb­er bestätigt etwa auch Markus Winter, Mitgesells­chafter der Firma IDS Holding GmbH (IndustrieD­ienstleist­ung Süd). Wie die SZ schon mehrfach berichtet hat, beschäftig­t die IDS laut eigenen Angaben derzeit über 60 geflüchtet­e Menschen, darunter auch am Standort Ravensburg.

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