Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Einblicke in Fragen der Abschiebungen
Ein Zwischenstand auf Basis von Daten des Landratsamtes Ravensburg
RAVENSBURG (cas) - Im Zuständigkeitsbereich des Landratsamtes Ravensburg (also ohne große Kreisstädte) führte der Staat 2014 fünf Abschiebungen durch, 2015 gab es keine, 2016 waren es 15 Abschiebungen und im ersten Halbjahr 2017 zwei. Spektakulär sind die Zahlen nicht, gerade wenn man sich vor Augen führt, dass das Thema Abschiebungen auch im Wahlkampf eine Rolle spielt. Allerdings sind die Zahlen, die das Landratsamt vorlegen kann, zum besseren Verständnis in Zusammenhänge einzuordnen.
Hierarchie der Zuständigkeiten
Bei Abschiebungen ist allein der Staat zuständig, so Claudia Rossmann, Pressesprecherin des Landkreises. Grundsätzlich hat sich in Deutschland zunächst einmal der Bund die Entscheidungen über Asylverfahren vorbehalten, der diese Aufgabe operativ an das Bundesamt für Migration delegiert hat. Dieses Amt entscheidet auf Grundlage von Dokumenten und einer Anhörung, die ein Vertreter des Amtes unter Anwesenheit eines Dolmetschers durchführt.
Auf Landesebene kümmert sich das Innenministerium um die rechtliche und politische Seite, während das Sozialministerium alle Themen rund um Aufnahme, Unterbringung und Versorgung betreut.
Kommunen lediglich informiert
Aber zurück zum Verfahrens-Ablauf: Hat nun das Bundesamt einen ablehnenden Bescheid getroffen, können die jeweiligen Asylbewerber Klage einreichen. Dann erfolgt eine erneute Prüfung durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit, die aus drei Instanzen besteht. Bleibt es bei der Ablehnung, dann ist in Baden-Württemberg hierfür das Regierungspräsidium Karlsruhe zentral für das gesamt Land zuständig. Dort entscheidet das Referat 83 über das „Wann“und „Wie“der Ausreise. Zunächst geht es dort aber um die Frage, ob die Ausreise freiwillig erfolgt. In diesem Fall erhalten die abgewiesenen Bewerber aus unterschiedlichen Fördertöpfen eine je nach Herkunftsland unterschiedlich hohe finanzielle Unterstützung. Kommt diese Einigung über eine Rückkehrunterstützung nicht zustande, dann weist das Regierungspräsidium die „Durchsetzung der Ausreisepflicht durch Abschiebung“an. Die Abschiebung selbst führt dann die Polizei durch. Karlsruhe gibt den betroffenen Kommunen, in welchen der abgeschobene Asylbewerber zuletzt gewohnt hat, den so genannten Abschiebebescheid weiter. Landratsämter, Städte und Gemeinden sind an einer Abschiebung demnach weder direkt noch indirekt beteiligt.
Für die Statistik ist noch zu berücksichtigen, dass die Landratsämter nicht für die Großen Kreisstädte zuständig sind. Insofern beziehen sich die Zahlen der Kreisbehörde lediglich auf die Gemeinden und Städte, und zwar von Guggenhausen bei Altshausen mit 180 Einwohnern bis hin zu Bad Waldsee mit knapp über 20 000 Einwohnern. Addiert sind dies 156000 der fast 280000 Einwohner im Landkreis. Die Großen Kreisstädte Ravensburg, Wangen, Weingarten und Leutkirch kommen auf 124 000 Einwohner. Die Zahlen bezüglich der Abschiebungen dort sind nicht in der Zuständigkeit des Landratsamtes.
Die Kommunen erhalten vom Land auch keine Information über Herkunftsland, Alter und Geschlecht der abgeschobenen Asylbewerber. Nachfrage in Karlsruhe ist natürlich möglich. Gleiches gilt für die Art der Durchführung und Berichte darüber.
Statistische Annäherungen
Geht man davon aus, dass die Lage im Landkreis nicht grundsätzlich anders ist als im Land insgesamt, dann lassen sich die Veröffentlichungen des Regierungspräsidiums Karlsruhe über die Herkunftsländer heranziehen. Dabei fällt auf, dass die Abschiebungen zum größten Teil Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien sowie aus Albanien betreffen. So sind allein im ersten Halbjahr 2017 landesweit 534 Abschiebungen in den Kosovo erfolgt. Einziges nichteuropäisches Land in der verfügbaren Tabelle war Algerien mit 53 Abschiebungen.
2016 sind insgesamt rund 3640 Personen aus Baden-Württemberg abgeschoben worden, 2015 waren es fast 2450. Für das erste Halbjahr 2017 nennt Karlsruhe landesweit mehr als 1890 Abschiebungen (alle Zahlen ohne Gewähr). In diesem Zusammenhang ist die Tatsache interessant, dass 2016 deutlich mehr Menschen Baden-Württemberg mit einer Rückkehrunterstützung verlassen haben, als abgeschoben worden sind.