Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Hawran zeigt vielsagende Kugeln und Kästchen
Eine Ausstellung im Heilig-Geist-Spital mit 51 neuen Objekten aus Metall, Stein, Zündkerzen, Nägeln und Reben
RAVENSBURG - „All round & eckig“nennt Dietmar Hawran seine Ausstellung im Foyer des Heilig-GeistSpitals. Die Besucher der Vernissage am Freitagabend waren großenteils angetan von ihrem spielerischen Charme. Trompeter Christof Schaaf und Bassist Markus Harandt begleiteten Ausstellungseröffnung musikalisch.
Eine Reihe mit 15 auf weißen Sockeln platzierten Kugeln im Hintergrund des Foyers zog an. Sind das dieselben wie damals? Was hat sich verändert? „Alle ausgestellten Werke sind neu“, betonte Dietmar Hawran. Vor zwei Jahren hatte er ähnliche Objekte im Spital-Foyer ausgestellt. Stefan Jäckle, stellvertretender Geschäftsführer der Heilig-Geist-Stiftung, erinnerte in seiner Begrüßung daran, dass diese Schau auf große Resonanz gestoßen war.
Die Metallkugeln variieren das bekannte Thema, entwickeln es weiter und lösen sich davon. Die vordere Hälfte der Kugeln erinnert an eine weibliche Brust. Titel wie „Mamma knospend“, „Miss Metallica“, „Miss orange cellulite“scheinen die gedankliche Verbindung zum Faktum zu machen. Manchen Frauen kämen diese Objekte geschmacklos vor, erzählte der Künstler. Er verwies darauf, dass die Druckausgleichsbehälter, die er dafür verwendet, schon so einen Flunsch hätten. Hawran hat die Ausstülpung als Brustwarze interpretiert.
„Es allen recht zu machen, ist nicht Aufgabe der Kunst“, sagte Hawran. „Ob mir die Kugeln gefallen oder nicht, sie lassen mich über diesen Teil des weiblichen Körpers nachdenken.“Die runden Objekte vermitteln die Sicht des Bildhauers, in den die Erfahrung als Allgemeinarzt Hawran einfließt.
Der Künstler darf mit seinem Material spielen. Er hat jetzt noch andere Objekte der Begierde aus den Druckausgleichsbehältern hergestellt: einen Ball „ledrig und aufgerissen“, oder ein Modell der Erdkugel, „äquatorialer Goldriss“. Für die plakativen Titel sind einige Betrachter dankbar, andere fühlen sich dadurch gegängelt.
Die Form der viereckigen Kästen entwickelte Hawran bei der Bewerbung für eine Ausschreibung zum Thema „Geschichtet“anlässlich 1200 Jahre Markdorf. Er setzte das Thema mit dem Triptychon „epochal“um und mit einem Metall-GlasObjekt „tempus fugit“. Die drei Behälter des Triptychons zeigen nacheinander 120 Markdorfer Kieselsteine, 1200 Reben und 120 Elektronikteile. Das sieht nun geschmackvoll aus, lässt an technischen Fortschritt denken und an regionalen Weinanbau.
In seinem Schaffensdrang verfolgte Hawran, der sein Material gern vom Schrottplatz bezieht, die viereckige Grundform weiter. Er füllte sie mit tänzerischen Metallstreifen oder mit rostigen Nägeln wie „im Formationsflug“und „Nagelflug“. Hawran spricht gern darüber, wie seine Werke entstehen, wie viel körperliche Kraft er beim Schmieden, Schweißen, Steinmetzen und Arbeiten mit dem Plasmaschneider braucht.
Die Ausstellung dauert bis zum 28. September und ist am 22. September Teil der Ravensburger Kunstnacht.